Staatsrechtler: Beschlüsse der AfD nicht mit Grundgesetz vereinbar

Wieland betonte, dass jede Religionsgemeinschaft selbst bestimme, welche Handlungen Ausdruck ihres Glaubens seien.
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Abstimmung auf einem Parteitag der "Alternative für Deutschland"Foto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times3. Mai 2016

Nach Einschätzung von Staatsrechtlern ist die von AfD in ihrem Grundsatzprogramm verankerte Ablehnung des Islam verfassungsrechtlich problematisch. "Die Beschlüsse der AfD sind nicht mit der im Grundgesetz gewährleisteten Religionsfreiheit vereinbar. Diese Freiheit umfasst nicht nur das Haben einer religiösen Überzeugung, sondern auch deren Betätigung, auch in der Öffentlichkeit", sagte der Direktor der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, Joachim Wieland, dem "Handelsblatt".

Wieland betonte, dass jede Religionsgemeinschaft selbst bestimme, welche Handlungen Ausdruck ihres Glaubens seien. "Der Ruf des Muezzins und der Bau von Minaretten fallen deshalb genauso in den Schutzbereich der Religionsfreiheit wie das Läuten von Kirchenglocken und der Bau von Kirchtürmen." Beachtet werden müssten das Immissionsschutzrecht und das Baurecht, für den Ruf des Muezzins und den Bau von Minaretten gelte aber "weder anderes noch strengeres Recht".

Auch die von Juden und Muslimen praktizierte Schlachtung von Tieren (Schächten), die die AfD ebenfalls verbieten will, sei, wie Wieland weiter sagte, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom Grundrecht der Religionsfreiheit geschützt, wenn es von einer entsprechenden Glaubensüberzeugung getragen werde. Ähnlich äußerte sich der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart. "Man mag über einzelne der Programmpunkte durchaus diskutieren – in ihrer Gesamtheit offenbaren sie doch eine deutlich gegen den Islam gerichtete Grundtendenz, die meines Erachtens mit dem Gebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates nicht vereinbar ist", sagte Degenhart dem "Handelsblatt".

"Selbstverständlich haben islamische Glaubensgemeinschaften das Recht, Moscheen mit oder ohne Minarett zu bauen und zum Gebet zu rufen, dies ist Bestandteil ihrer Religionsfreiheit. Generelle Verbote wären daher verfassungswidrig." Konkrete Konflikte im Einzelfall ließen sich nach Ansicht Degenharts im Rahmen etwa des Baurechts grundrechtskonform lösen.

Weniger eindeutig sei hingegen die Rechtslage beim Burka-Verbot, das immerhin für Frankreich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für zulässig erklärt worden sei. Ein generelles Schächtverbot, ohne Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung wäre indes mit Artikel 4 Grundgesetz nicht vereinbar. "Aber auch dies wird zum Teil unterschiedlich gesehen, wie auch die Frage der Beschneidung", sagte Degenhart.

Dessen ungeachtet hält Degenhart die Aussage, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, ebenso für problematisch wie die Aussage, der Islam gehöre zu Deutschland. "Die Frage, ob der Islam zu Deutschland "gehört", sollte in dieser Form nicht gestellt werden", sagte der Jurist. Fakt sei, dass in Deutschland islamische Glaubensgemeinschaften existierten. "Ob deren Angehörige sich der deutschen Gesellschaft zugehörig empfinden, kann ihnen weder vorgegeben noch verboten werden", so Degenhart.

(dts Nachrichtenagentur)



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