Streit um längere Atomlaufzeiten belastet Koalition

Wasserdampf steigt aus dem Kühlturm vom Atomkraftwerk (AKW) Isar 2.
Wasserdampf steigt aus dem Kühlturm vom Atomkraftwerk (AKW) Isar 2.Foto: Armin Weigel/dpa
Epoch Times17. Juli 2022

Die Debatte um eine längere Nutzung der letzten deutschen Atomkraftwerke entwickelt sich allmählich zu einem Stresstest für die Ampel-Koalition.

Führende Grünen-Politiker wiesen am Wochenende erneut Forderungen nach einer Laufzeitverlängerung als Maßnahme gegen eine mutmaßliche Energiekrise vehement zurück.

Diese Forderungen kommen teilweise auch vom Koalitionspartner FDP. „Ich rate dringend dazu, die Laufzeiten der Kernkraftwerke für einen befristeten Zeitraum zu verlängern“, sagte Fraktionschef Christian Dürr den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Entgegen anders lautender Einschätzungen hat bereits ein Betreiber erklärt, dass er willens und in der Lage ist, die Laufzeiten befristet zu verlängern.“

Zuvor hatten die FDP-Fraktionsvorsitzenden aus Bund und Ländern in einer gemeinsamen Erklärung formuliert: „Das Ende der Stromproduktion durch Kernenergie ist ein politisch definiertes und kein technisch vorgegebenes Datum. Politik muss die Kraft finden, diese politische Entscheidung angesichts einer so dramatischen Entwicklung politisch anzupassen.“ Die Bundesregierung müsse „jetzt und umgehend veranlassen, dass ein weiterer Satz Brennelemente für die drei Kraftwerke bestellt wird.“

„Atomkraft ist eine Hochrisikotechnologie“

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warf den Befürwortern längerer AKW-Laufzeiten mangelnde Objektivität vor. „Erst einmal ist die Atomkraft eine Hochrisikotechnologie und einige Äußerungen sind mir da einfach zu spielerisch“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag). „Fakt ist: Wir haben aktuell ein Gasproblem, kein Stromproblem. Dieses „Wir lassen die mal weiterlaufen, dann wird schon alles gut“ steht weder im Verhältnis zu den Abstrichen bei den Sicherheitsstandards, die wir dafür in Kauf nehmen müssten, noch ist es der Situation angemessen.“

Dürr sagte, es gehe darum, die drohende Energielücke im Herbst zu schließen und dafür zu sorgen, dass Gas nicht länger zur Stromerzeugung genutzt werden müsse. Aber auch wegen steigender Energiepreise sollten die drei verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland am Netz bleiben. „Ein höheres Angebot an Strom auf dem Markt wirkt sich entlastend auf die Preise aus“, erklärte Dürr.

Der Landkreistag forderte, längere Atom-Laufzeiten zumindest zu prüfen. „Wir leben in einer Zeitenwende. Da ist es aus meiner Sicht unangemessen, Energiegewinnungsformen per se auszuschließen“, sagte Präsident Reinhard Sager der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag).

„Kernkraft würde den Preis stabilisieren“

Auch die oppositionelle Union pocht weiter auf einen Weiterbetrieb der drei verbliebenen Meiler über das zum Jahresende vorgesehene Aus hinaus. Die CSU-Umweltpolitikerin Anja Weisgerber sagte der „Welt“: „Wenn jede Kilowattstunde zählt, um die Gasverstromung zu reduzieren, dann ist es fahrlässig, drei sichere Kernkraftwerke Ende des Jahres abzuschalten.“ Der Wirtschaftsrat der CDU verwies auf ohnehin hohe Strompreise. „Kernkraft würde den Preis stabilisieren, das ist die günstigste Energie, die es am Markt gibt“, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

„Wir fordern seit März einen Stresstest, ob für Bayern auch ohne Atomkraft bei einer Gasnotlage die Elektrizitätsversorgung sichergestellt ist“, sagte der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) der „Augsburger Allgemeine“. „Diese Frage wurde uns bis heute nicht beantwortet“, kritisierte er. Die Atomkraft könnte hier zur Sicherung der Energieversorgung beitragen. Das Atomkraftwerk Isar 2 decke 15 Prozent des bayerischen Strombedarfs und könne mit den vorhandenen Brennstäben bis August 2023 laufen. (dpa/red)



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