Streit um Nominierung: SPD macht mobil gegen von der Leyen

Eine Deutsche soll EU-Kommissionspräsidentin werden? Doch die SPD ist mit der Entsendung von der Leyens nach Brüssel alles andere als einverstanden. Wie sehr belastet das die Koalition?
Epoch Times4. Juli 2019

Der Streit um die Nominierung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen als neue Chefin der EU-Kommission belastet die große Koalition in Berlin. Die SPD hat sich gegen die Personalie ausgesprochen.

Ihr Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann wertete es als Belastung für von der Leyen, dass sie davon profitieren könnte, dass rechtsregierte EU-Staaten wie Ungarn den bisherigen Vizepräsidenten der EU-Kommission, Franz Timmermans, als Chef verhindert hatten. „Das ist eine schwere Hypothek“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die deutsche SPD-Spitzenkandidatin und nunmehrige EU-Parlamentsvizepräsidentin Katarina Barley hatte bereits angekündigt, bei der Abstimmung des Parlaments von der Leyen ihre Stimme zu verweigern.

Wie sehr belastet das die Koalition?

Wie sehr belastet das die Koalition? CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak antwortete im SWR auf die Frage, ob die Koalition noch eine Chance habe: „Das muss die SPD entscheiden. Wir stehen zu dieser Koalition. Wir stehen auch zum Koalitionsvertrag.“ Ähnlich hatte er sich in der „Bild“-Zeitung geäußert.

CSU-Chef Markus Söder befand in der „Passauer Neuen Presse“: „Das ist kein formaler Koalitionsbruch, weil die Personalentscheidung in der Koalition so nicht vereinbart worden war. Aber natürlich wieder eine neue Belastung für die große Koalition.“ Die SPD habe Deutschland blamiert, weil sie mit ihrem Nein zu von der Leyen Kanzlerin Angela Merkel gezwungen habe, auf dem EU-Sondergipfel als Einzige nicht zuzustimmen und sich zu enthalten, hatte er bereits der Deutschen Presse-Agentur gesagt. „Das ist einfach nur destruktiv“, fügte er nun hinzu.

Wie die SPD hatten aber auch alle anderen Bundestagsparteien die Art und Weise der Kür von der Leyens kritisiert. Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Donnerstag): „Dass nun doch wieder die nationalen Regierungen den Ton angeben und mit dem Prinzip der Spitzenkandidaten brechen, halte ich für ein fatales Signal für die europäische Demokratie, ganz unabhängig von der Person.“

Wie Oppermann kritisierte auch Luxemburgs sozialdemokratischer Außenminister Jean Asselborn, dass der Spitzenkandidat seiner Parteienfamilie, Timmermans, auf dem EU-Gipfel von einem Staatenblock aus Ungarn, Polen, Tschechien, der Slowakei und Italien blockiert worden war. Jene Länder, „die sich in der Migrationspolitik am stärksten gegen die Solidarität in der EU stellen und die Rechtsstaatlichkeit verbiegen wollen, sind jetzt die Sieger“, sagte er dem RND.

„Nicht das klügste Vorgehen“

Allerdings hatten die Sozialdemokraten zuvor ihrerseits dem EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) die Unterstützung versagt, obwohl dessen Parteienfamilie als stärkste Kraft aus der Europawahl hervorgegangen war. Asselborn räumte das ein. Ihr Umgang mit Weber sei „nicht das klügste Vorgehen“ gewesen, sagte er.

Auch der frühere SPD-Chef und einstige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sieht das inzwischen so. „Als einzelne Fraktion – auch meine eigene Fraktion – hinzugehen und zu sagen „Den wählen wir auf keinen Fall“ war falsch“, sagte er am Mittwochabend im ZDF. „Ich glaube, Herr Timmermans und Herr Weber hätten sich zusammensetzen müssen und eine Mehrheit im Parlament hinter dem einen oder anderen gemeinsam versammeln müssen. Dann wäre eine völlig andere Ausgangslage da gewesen“, erklärte Schulz.

Von der Leyen war am Dienstag auf dem EU-Gipfel als Kommissionspräsidentin nominiert worden, nachdem im Kreis der EU-Staats- und Regierungschefs weder Weber noch Timmermanns durchsetzbar waren. Kanzlerin Merkel musste sich in Brüssel jedoch als Einzige enthalten, weil die SPD die Personalie nicht mittragen wollte. Von der Leyen muss nun noch im EU-Parlament gewählt werden; ihr Erfolg dort ist aber nicht sicher. An diesem Donnerstag sollte sie vom scheidenden EU-Kommissionschef Juncker empfangen werden. (dpa)



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