Tillich tritt nach Wahlschlappe gegen AfD zurück – sächsische CDU hat „Gespür für Land und Leute verloren“

Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) hat seinen Rücktritt angekündigt. Er will auch als CDU-Landesvorsitzender zurücktreten. Nachfolger soll der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer werden.
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CDU-LogoFoto: Friedemann Vogel/Getty Images
Epoch Times19. Oktober 2017

Dreieinhalb Wochen nach der Niederlage seiner sächsischen CDU gegen die AfD bei der Bundestagswahl hat Regierungschef Stanislaw Tillich seinen Rücktritt angekündigt. Er werde sein Amt im Dezember „in jüngere Hände übergeben“, erklärte Tillich am Mittwoch in Dresden. Als seinen Nachfolger schlug er den Generalsekretär der sächsischen CDU, Michael Kretschmer, vor. SPD-Landeschef und Vizeministerpräsident Martin Dulig forderte in einer ersten Reaktion einen „Systemwechsel“.

Tillich will auch das Amt des CDU-Landesvorsitzenden abgeben, auch für diese Position schlug er Kretschmer als Nachfolger vor. Das Präsidium der sächsischen Union habe sich einstimmig hinter den Vorschlag gestellt, erklärten der Regierungschef und die Partei. Noch am Mittwoch sollte nach CDU-Angaben der Landesvorstand, am Donnerstag dann die CDU-Fraktion im sächsischen Landtag beraten. Sein Landtagsmandat will Tillich behalten.

Bis Dezember wolle er „mit vollem Engagement“ seine Aufgaben als Ministerpräsident wahrnehmen, erklärte der scheidende Regierungschef. Sachsen stehe „vor großen gesellschaftlichen Herausforderungen“. „Für eine gute Zukunft Sachsens sind auch neue Antworten wichtig“, erklärte Tillich. Dafür brauche es „neue und frische Kraft“.

Der 58-Jährige ist seit Mai 2008 sächsischer Ministerpräsident und geriet zuletzt immer stärker unter Druck. Bei der Bundestagswahl Ende September hatte die AfD die CDU in Sachsen hinter sich gelassen. Die AfD kam auf 27 Prozent – rund 20 Punkte mehr als bei der Bundestagswahl 2013. Tillichs CDU landete mit 26,9 Prozent auf dem zweiten Platz – ein Minus von fast 16 Punkten.

Kretschmer ist seit 2005 CDU-Generalsekretär in Sachsen und saß von 2002 bis zur Bundestagswahl am 24. September im Bundestag. Bei der Wahl verlor er im Wahlkreis Görlitz gegen den AfD-Direktkandidaten. Die CDU erklärte am Mittwoch, es gelte nun, in der Koalition mit der SPD die gute Zusammenarbeit fortzusetzen. Dazu habe er mit SPD-Chef und Wirtschaftsminister Dulig telefoniert, erklärte Tillich.

Dulig sagte, es brauche in Sachsen nun „einen Systemwechsel, und ein Ministerpräsident muss dafür stehen, und das müssen wir besprechen“. Tillichs Rückzug sei „konsequent“. Die Politik der CDU habe in Sachsen „zu einer riesengroßen Vertrauenskrise geführt“. Die Partei müsse nun sagen, welche Konsequenzen der Wechsel „für die inhaltliche Ausrichtung der Regierungsarbeit“ habe.

Die sächsische Linkspartei kritisierte Tillichs Entscheidung als verantwortungslos. Tillich habe „vor schwierigen Problemen regelmäßig die Flucht ergriffen“ und entziehe sich nun der Verantwortung“, erklärte der Linken-Fraktionschef im Dresdner Landtag, Rico Gebhardt. Zudem verkörpere Kretschmer keinen Neuanfang. Er stehe „für den Kampf um den puren Machterhalt der CDU“.

Grünen-Fraktionschef Volkmar Zschocke erklärte, Tillichs Rücktritt sei „die einzig richtige und logische Reaktion auf die verfehlte Politik der vergangenen Jahre“. Sein „verantwortungsloser Rechtskurs“ habe die AfD gestärkt, „aber kein einziges Problem im Land gelöst“. Im sächsischen Landtag stellt die CDU die größte Fraktion, gefolgt von Linken, SPD, AfD und Grünen.

Der sächsische FDP-Landesvorsitzende Holger Zastrow kritisierte den Personalvorschlag für die Nachfolge Tillichs. „Kretschmer als Nachfolger vorzuschlagen, ist überraschend und sehr irritierend“. Die sächsische CDU habe „ihr Gespür für Land und Leute verloren“. An „vorgezogenen Neuwahlen führt jetzt kein Weg mehr vorbei“.

Die AfD bezeichnete in einer Erklärung den Nachfolgevorschlag als „Witz“.

CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich in Berlin „absolut überrascht“ von Tillichs Rücktrittsankündigung. Zugleich äußerte er „Verständnis“ angesichts dessen, „was da in den letzten Wochen war“. (afp)



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