Trotz Terrorgefahr: Linke will alle Geheimdienste abschaffen

Mit ihrem Wahlprogramm will sich die Linke als einzige Kraft für ein soziales Umsteuern empfehlen. In der Nacht beschlossen die Delegierten noch eine überraschende Forderung.
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Ungeachtet der Gefahren durch den Terrorismus will die Linke alle Geheimdienste abschaffen.Foto: Peter Steffen/dpa
Epoch Times11. Juni 2017

Zum Abschluss ihres Parteitags verabschiedet die Linke heute ihr umfassendes Programm für die Bundestagswahl Ende September. Wenige Stunden zuvor musste die Parteiführung in Hannover noch eine Schlappe einstecken.

Überraschend beschlossen die Delegierten am späten Samstagabend die Forderung, die Verbindungen des Staats zu den Kirchen in Deutschland zu kappen. Es war die einzige größere Niederlage für den Vorstand bei hunderten Abstimmungen.

„Die Staatsverträge mit den Kirchen werden gekündigt und die Sonderrechte der Kirchen wie die staatliche Finanzierung der theologischen Ausbildung und Seelsorge in Bundeswehr, Krankenhäusern und Strafanstalten werden abgeschafft“, fordert die Partei nun. Damit setzte sich ein Änderungsantrag zum Vorstandsentwurf knapp mit 196 Ja-Stimmen bei 185 Gegenstimmen durch. Die Parteiführung hatte lediglich die Forderung nach einer rechtlichen Gleichstellung aller Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften vorgesehen.

Ungeachtet gewachsener Terrorgefahren will die Linke zudem alle Geheimdienste abschaffen. „Durch ihre Intransparenz und Vorrang des Schutzes von Informantinnen und Informanten behindern sie polizeiliche Ermittlungen und juristische Aufklärung“, argumentieren die Linken. Der Verfassungsschutz und perspektivisch alle Geheimdienste sollten abgeschafft werden. Die normale Polizei der Länder wollen die Linken dagegen stärken – zugunsten von mehr Sicherheit und besserer Erreichbarkeit.

Mit ihrem Programm will die Partei auf ein zweistelliges Ergebnis kommen. Die Linke tritt für einen weitgehenden Umbau des Sozialsystems mit Abschaffung von Hartz IV ein, eine radikalen Umverteilung über das Steuer- und Abgabensystem und die Auflösung der Nato. Spitzenkandidat Dietmar Bartsch sagte am Samstag, es gehe um eine Richtungsentscheidung: „Bewegt sich das Land, bewegt sich Europa weiter nach rechts – oder gelingt es uns, das Land weiter nach links zu verschieben?“

Der Parteitag war am Freitag und Samstag geprägt von der Kontroverse darüber, wie stark sich die Linke um eine Regierungsbeteiligung bemühen soll. Bartsch warb für ein Ende der Debatte. „Wir sollten jetzt um ein starkes Ergebnis kämpfen, um das andere können wir später kämpfen“, sagte er.

Der Chef der Europäischen Linken, Gregor Gysi, rief die knapp 500 Delegierten auf, sich einer Regierungsverantwortung nicht zu verweigern: „Auch in der Opposition ist man wirksam, kann man den Zeitgeist verändern. Aber in der Regierung können wir wirksamer und schneller etwas tun.“

Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht hat ein rot-rot-grünes Bündnis noch nicht völlig abgeschrieben. „Wenn die Linke ein so überraschend gutes Ergebnis erzielt, dass es das politische Spektrum und die SPD massiv unter Druck setzt, ist vielleicht noch etwas möglich“, sagte Wagenknecht der Deutschen Presse-Agentur. Wagenknecht hält die Schlussrede des Parteitags.

Die einzige realistische Regierungsoption für die Linke nach der Wahl am 24. September ist eine Koalition mit SPD und Grünen. Nach allen aktuellen Umfragen hat Rot-Rot-Grün aber keine Mehrheit. Bei der letzten Bundestagswahl 2013 wurde die Linke mit 8,6 Prozent drittstärkste Partei. (dpa)



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