Türkische Gemeinde beklagt „Scherbenhaufen“ nach Moschee-Eröffnung durch Erdogan

Nach dem Staatsbesuch des türkischen Präsidenten hat die Türkische Gemeinde in Deutschland eine kritische Bilanz gezogen. Die Moschee-Eröffnung durch Erdogan in Köln habe einen "Scherbenhaufen" hinterlassen.
Epoch Times1. Oktober 2018

Nach dem Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) eine kritische Bilanz gezogen.

Die Moschee-Eröffnung durch Erdogan in Köln habe „einen Scherbenhaufen hinterlassen, der nur mühsam zusammengekehrt werden kann“, sagte der TGD-Vorsitzende Gökay Sofuoglu den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Montag. Erdogans Besuch ging am Samstag mit neuen Vorwürfen des Staatsgastes und offenen Differenzen zu Ende.

„Bei der Eröffnung der zentralen Ditib-Moschee in Köln haben sowohl die türkische als auch die deutsche Seite die Chance zu einem gemeinsamen, versöhnlichen Auftritt verpasst“, sagte Sofuoglu. „Statt Seite an Seite mit deutschen Spitzenpolitikern die Zugehörigkeit der Muslime zu Deutschland zu unterstreichen, hat Erdogan den Termin für seine Zwecke genutzt.“

Die Begegnungen des türkischen Staatsoberhaupts mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wertete Sofuoglu hingegen als Chance für eine Wiederannäherung. „Der offene und kritische Austausch bekannter Standpunkte lässt auf weitere Gespräche hoffen.“

Erdogan hatte die Kölner Moschee am Samstag zum Abschluss seines dreitägigen Staatsbesuchs eröffnet. Deutsche Politiker nahmen an der Veranstaltung nicht teil. Bei der Einweihung der Ditib-Zentralmoschee erneuerte Erdogan seinen Vorwurf des „Rassismus“ in Deutschland, wobei er sich auf die Affäre um Ex-Fußballnationalspieler Mesut Özil bezog. Begleitet war sein Auftritt in Köln von Kundgebungen von tausenden Menschen für und gegen Erdogan.

In seiner Rede vor 1100 geladenen Gästen auf dem Moscheegelände sprach sich Erdogan zwar für „gleichberechtigte Integration“ aus und forderte die Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft für die Türken in Deutschland. Zu Özil, „der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist“, sagte er, dieser sei nur wegen eines Fotos mit ihm „aus der Gemeinschaft verstoßen“ worden. Solcher Rassismus müsse „ein Ende haben“.

Begleitet wurde Erdogans Köln-Besuch von Protestkundgebungen im Stadtteil Deutz und in der nördlichen Innenstadt. Wie ein AFP-Reporter berichtete, blieb die Teilnehmerzahl mit bis zu 1400 in Deutz und bis zu 500 bei der zweiten Kundgebung in der Innenstadt aber deutlich unter den Erwartungen.

Außerdem machten auch die Erdogan-Anhänger mobil: Ihre Zahl wuchs im Laufe des Tages trotz der kurzfristigen Absage einer Außenveranstaltung im weiteren Umfeld der Zentralmoschee. Über den Tag verteilt hielten sich nach Polizeiangaben insgesamt 20.000 Menschen an den zahlreichen Absperrungen im Moscheeumfeld auf.

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir vertrat in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland die Auffassung, nach dem Erdogan-Besuch seien beide Länder von Normalität „genauso weit entfernt wie vor dem Besuch“. Vor der Eröffnung der Moschee hatte Özdemir im AFP-Gespräch die Versuche der Türkei kritisiert, in Deutschland „die Integrationspolitik über den Moscheeverband Ditib zu torpedieren“.

Auch der frühere SPD-Chef Martin Schulz warnte in der „Rheinischen Post“ vor einer „Politisierung des Islam“ durch Ditib. Kritiker sehen in dem Verband den verlängerten Arm Ankaras. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) prüft derzeit eine Beobachtung der Ditib-Zentrale.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) warnte derweil in der „Welt am Sonntag“ vor einer voreiligen Beobachtung von Ditib. Bei dem türkischen Moscheeverband sei „noch nicht ausgemacht, ob überhaupt und in welcher Form eine Beobachtung stattfinden wird“. (afp)



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