Union arbeitet Wahlniederlage auf: Kein „Schönreden“

Knapp neun Prozentpunkte verliert die Union bei der Bundestagswahl. Parteiintern gibt es Kritik an Entscheidungen in der Vergangenheit. Und auch die Linke arbeitet ihr Wahlergebnis auf.
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Parteimitglieder der CDU. Berlin, 26. September 2021.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times27. September 2021

Nach dem historischen Wahldebakel der Union bei der Bundestagswahl mit einem deutlichen Rückgang der Stimmen wird innerparteilich Kritik laut. CSU-Chef Markus Söder bezeichnete das Resultat als enttäuschendes Ergebnis und als Niederlage.

In einer CSU-Vorstandssitzung warnte Söder nach Teilnehmerangaben davor, das Ergebnis schönzureden und einfach zur Tagesordnung überzugehen. Auch das CSU-Ergebnis sei schlecht, man sei aber noch mit einem blauen Auge davongekommen – man stelle nun ein Viertel der Fraktion im Bundestag.

Zudem verwies Söder darauf, dass man bis auf eines alle Direktmandate in Bayern verteidigt habe. Die Union erlebte ein historisches Debakel, sie kommt nach dem vorläufigen Ergebnis nur noch auf 24,1 Prozent (32,9).

CDU sieht Veränderungsbedarf

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sieht hausgemachte Fehler als Grund für das schlechte Abschneiden der Union. „Es sind Fehlentscheidungen in der Vergangenheit gewesen, inhaltlicher Art, in der Regierung und auch in der personellen Aufstellung“, sagte er. Auch im Wahlkampf habe es sicherlich Fehler gegeben, „die dazu geführt haben, dass dieses Wahlergebnis, das Schlechteste in der Union, jetzt so eingetreten ist“.

„Wenn wir weitermachen wie bisher, dann mache ich mir große Sorgen, was in vier Jahren übrig bleibt“, sagte Kretschmer, in dessen Bundesland die AfD stärkste Kraft geworden war. „Deswegen braucht es jetzt erst mal ein Innehalten. Die CDU hat diese Wahl verloren.“ Natürlich trage die Union Verantwortung.

Auch Niedersachsen CDU-Vorsitzender Bernd Althusmann sieht Veränderungsbedarf. „Ich glaube, wir werden inhaltlich, organisatorisch und für die Zukunft vielleicht auch personell uns so aufstellen, dass wir Bundestagswahlen gewinnen können“, sagte er. „Wir werden das Wahlergebnis mit Demut annehmen müssen. Der Wähler hat gesprochen. Er wollte offensichtlich zum Teil einen Wechsel.“

Braun: Bitteres Ergebnis

Für Kanzleramtschef Helge Braun ist „das Ergebnis bitter, und die CDU wird sich sicher nicht damit abfinden, eine Unter-30-Prozent-Partei zu sein“, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Die stellvertretende CSU-Vorsitzende Dorothee Bär hingegen sieht das Wahlergebnis für die Union aus CDU und CSU als große Aufholjagd, wenn auch nicht als zufriedenstellend an.

Insgesamt sei man mit dem Wahlergebnis natürlich nicht sehr glücklich, sagte die Digital-Staatsministerin im Deutschlandfunk. „Wir haben aber trotzdem durch eine ganz große Aufholjagd, durch einen ganz großen Schlussspurt es noch mal hinbekommen, auch die Prozente nach oben zu bekommen.“ Die CSU sei maßgeblich mitverantwortlich dafür, dass es keine rot-rot-grüne Mehrheit gebe.

Enttäuschung bei der Linken

Die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Amira Mohamed Ali, hat sich enttäuscht über das Wahlergebnis ihrer Partei gezeigt. „Das ist natürlich ein für uns sehr, sehr enttäuschendes Ergebnis. Wir haben deutlich verloren. Das kann man nicht beschönigen, das ist kein gutes Ergebnis gewesen“, sagte Mohamed Ali im Deutschlandfunk. Nun müsse man sich kritisch hinterfragen, warum man die eigenen Stärken nicht gut habe kommunizieren können.

„Wir müssen uns wirklich die große Frage stellen, warum viele Wähler uns nicht mehr vertrauen“, forderte Mohamed Ali. Soziale Themen seien für die Wähler stark in den Fokus gerückt und wahlentscheidend gewesen. „Aber sie werden nicht mehr eng genug mit uns verknüpft“, sagte die Fraktionsvorsitzende. Darüber müsse man nun reden.

Linken-Chefin pocht nach Wahl-Desaster auf Fehleranalyse

Linken-Chefin Janine Wissler fordert nach dem Absturz ihrer Partei bei der Bundestagswahl eine umfangreiche Fehleranalyse. „Mein Eindruck ist, dass die Fehler nicht in den letzten zwei Monaten in der heißen Wahlkampfphase entstanden sind, sondern deutlich tiefer liegen“, sagte sie am Montag in der Bundespressekonferenz. Sie seien über längere Zeit entstanden.

Auf den letzten Metern habe man sicherlich aber auch „ein Prozent nachgegeben“, fügte Wissler hinzu. Flächendeckend habe man „schmerzliche Verluste“ erlitten. Dies sei ein „tiefer Einschnitt“. Über die drei Direktmandate aus Berlin und Leipzig sei man besonders dankbar.

Nur ihnen habe man es zu verdanken, in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen, so die Linken-Vorsitzende. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sprach unterdessen von „externen Faktoren“, die für die Linke „ungünstig“ gewesen seien. Ansonsten teilte er die Einschätzung seiner Co-Spitzenkandidaten bei der Wahl.

Die Linke hatte am Sonntag mit einem Ergebnis von 4,9 Prozent knapp die Fünf-Prozent-Hürde verpasst, konnte aber drei Direktmandate gewinnen und somit über die Grundmandatsklausel in den Bundestag einziehen. Sie kommt auf 39 Mandate im neuen Parlament. (dpa/dts/dl)



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