Union und SPD auf Konfrontations- statt Hochzeitskurs

Am Mittwoch wollen die Spitzen von Union und SPD die Sondierungen im kleinsten Kreis vorbereiten. Kurz zuvor wird ein CSU-Papier bekannt, in dem die Partei Asylbewerber schlechter stellen will. Die Gespräche dürfte das kaum erleichtern.
Titelbild
Angela Merkel und Martin Schulz.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times2. Januar 2018

Unmittelbar vor dem Spitzengespräch von Union und SPD zur Regierungsbildung geht die CSU weiter auf Konfrontationskurs zu den Sozialdemokraten.

Die CSU-Bundestagsabgeordneten wollen auf ihrer am Donnerstag beginnenden Klausur eine harte Asylpolitik vertreten und etwa die Forderung beschließen, Leistungen für Asylbewerber zu kürzen. Doch auch die SPD betonte die Differenzen zu den Verhandlungspartnern.

Die Spitzen von Union und SPD treffen sich an diesem Mittwoch zu einem weiteren Vorgespräch. Daran werden wohl wie schon vor Weihnachten neben der CDU-Vorsitzenden, Kanzlerin Angela Merkel, die Parteichefs Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) teilnehmen, die Fraktionschefs Volker Kauder (CDU) und Andrea Nahles (SPD) sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Die Sondierungen in größerer Runde beginnen dann offiziell am 7. Januar.

Für die CSU hat allerdings auch das entscheidende Landtagswahljahr begonnen. Aus der Partei wurden in den vergangenen Tagen Beschlussvorlagen für die traditionelle Winterklausur ihrer Bundestagsabgeordneten in Kloster Seeon durchgestochen, die das Gegenteil von dem festschreiben, was die SPD will: den Wehretat stark erhöhen, die Integration in der EU begrenzen, sozialdemokratische Bildungsreformen zurückdrehen. Nun kommt ein weiteres Papier hinzu. „Damit Deutschland nicht weiter Anziehungspunkt für Flüchtlinge aus der ganzen Welt ist, wollen wir die Sozialleistungen für Asylbewerber kürzen“, sagte Dobrindt dem „Münchner Merkur“.

Dazu will die CSU der Zeitung zufolge den Zeitraum von bisher 15 auf 36 Monate verlängern, in dem Asylbewerber nur einen Grundbedarf erstattet bekommen, bevor sie dann Leistungen auf dem Niveau der Sozialhilfe erhalten. Zudem will man für abgelehnte Asylbewerber „die Leistungen weitergehend einschränken beziehungsweise auf Sachleistungen umstellen“, wurde das Beschlusspapier zitiert.

Antragssteller sollten Asyl und Schutzstatus ferner erst dann erhalten, wenn ihre Identität in Entscheidungs- und Rückführungszentren zweifelsfrei geklärt wurde. Die Altersangaben angeblich minderjähriger Flüchtlinge sollten obligatorisch überprüft werden. Zur Abwehr von Terrorgefahren soll der Verfassungsschutz auch Minderjährige überwachen dürfen.

Gleichwohl appellierte der CSU-Unterhändler Joachim Herrmann an die Sozialdemokraten, eine neue große Koalition zu ermöglichen. Er hoffe, dass sie ihre demokratische Verantwortung genauso spürten wie die Union, sagte Bayerns Innenminister den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zugleich warnte er vor Illusionen über die Möglichkeit einer Minderheitsregierung. Die eingeschränkte Handlungsfähigkeit auf europäischer Ebene zeige, „dass uns dieses Gerede über Minderheitsregierungen überhaupt nicht weiterbringt“, erklärte er. „Wir brauchen dringend klare Mehrheiten im Parlament, wir brauchen verlässliche Koalitionen.“

Für den SPD-Vizevorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel ist eine neue große Koalition aber keineswegs ausgemachte Sache. „Einige Äußerungen aus der Union der letzten zwei Wochen lassen mich erheblich am Willen zweifeln“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. CDU und CSU seien auf die SPD angewiesen, weil eine Jamaika-Koalition nicht zustande gekommen sei. „Das scheinen viele in der Union noch immer nicht begriffen zu haben“, sagte er. „Die Minderheitsregierung bleibt eine Option, auch wenn Kanzlerin Angela Merkel das nicht wahrhaben will.“

Der frühere SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel sieht seine Partei auch nicht aus übergeordnetem Staatsinteresse in der Pflicht, eine große Koalition einzugehen. Zwar gelte der Leitsatz „Erst das Land, dann die Partei“, sagte der 91-Jährige der „Süddeutschen Zeitung“. „Doch sehe ich nicht, dass wir uns in einer Situation befinden, in der die SPD aus Staatsraison eine große Koalition bedingungslos und aus dem Stand heraus akzeptieren müsste.“

Der CDU-Wirtschaftsrat appellierte an die bayerische Schwesterpartei, lieber eine Minderheitsregierung zu bilden, als auf eine Fortsetzung der großen Koalition zu setzen. „Wenn aber in Berlin die Weichen durch eine Weiter-so-GroKo falsch gestellt werden, wirkt sich das auch südlich des Mains negativ aus“, sagte der Generalsekretär der Vereinigung, Wolfgang Steiger, der „Augsburger Allgemeinen“.

Nach dem Auftakt am 7. Januar sollen die Sondierungen schon am 12. Januar abgeschlossen werden. Am 21. Januar entscheidet dann ein SPD-Parteitag über das weitere Vorgehen. Sollte es danach förmliche Koalitionsverhandlungen geben, bräuchte der ausgehandelte Vertragstext noch die Billigung durch einen SPD-Mitgliederentscheid. (dpa)



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