Union wirft Scholz Koalitionsvertrags-Bruch vor – Vizekanzler gefährdet internationale Handlungsfähigkeit Deutschlands

Wie viel Geld soll die Bundeswehr künftig ausgeben dürfen? Was dem einen Koalitionär zu wenig ist, ist dem anderen zu viel. Und auch die Auslandseinsätze geben Anlass für Diskussionen - mancher Abgeordneter würde am liebsten das eigene Mitspracherecht beschneiden.
Titelbild
Olaf Scholz.Foto: Michele Tantussi/Getty Images
Epoch Times16. Juni 2018

Mit seinem geplanten Wehretat bringt Finanzminister Olaf Scholz (SPD) das Verteidigungsministerium und die Unionsparteien gegen sich auf.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) fordert nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung bis 2022 rund 25 Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr, als ihr Scholz bislang zugestehen will. Der „Spiegel“ zitiert zudem aus einem internen Dokument der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, wonach die mittelfristige Finanzplanung des Vizekanzlers aus Sicht der Unionsabgeordneten gegen den Koalitionsvertrag verstößt.

Von der Leyen (CDU) verlangt nach „Bild“-Informationen bis Ende der Legislaturperiode (2021) rund 15 Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr als eingeplant. Für das Folgejahr 2022 wolle sie noch einmal 10 Milliarden Euro zusätzlich, berichtete die Zeitung unter Berufung auf einen ihr vorliegenden vertraulichen Bericht des Verteidigungsministeriums. Darin heiße es, dass ohne mehr Geld „mehr als 200 neue Vorhaben“ nicht realisierbar seien, darunter europäische Gemeinschaftsprojekte wie die „Eurodrohne“. Zum „gewaltigen Modernisierungsbedarf“ der Truppe kämen die angestrebte Personalaufstockung und andere Kostenfaktoren hinzu.

Der Wehretat ist schon jetzt der zweitgrößte Posten im Bundeshaushalt. Für das laufende Jahr sind bislang 38,5 Milliarden Euro vorgesehen, für das kommende 41,5 Milliarden Euro. Von der Leyen fordert jedoch schon seit längerem, dass ihr Etat mittelfristig auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigt – rund 60 Milliarden Euro jährlich. Vor allem US-Präsident Donald Trump besteht darauf, dass Deutschland als Nato-Partner spätestens 2024 sogar 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investiert.

In dem vom „Spiegel“ zitierten Papier der Unionsfraktion heißt es: „Die derzeitigen Pläne von Minister Scholz ignorieren den dringend notwendigen Bedarf der Bundeswehr“ und gefährdeten die internationale Handlungsfähigkeit Deutschlands. Demnach würde der Wehretat in den Jahren nach 2021 sogar wieder sinken. „Eine solche mittelfristige Finanzplanung widerspricht eindeutig dem Koalitionsvertrag“, sagte Fraktionsvize Johann Wadephul (CDU) dem Nachrichtenmagazin.

Abgeordnete von Union und SPD sprachen sich zudem dafür aus, die Mitbestimmungsrechte des Bundestags bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu beschneiden und so eine bessere Zusammenarbeit mit Streitkräften anderer EU-Länder zu ermöglichen. „Ich kann die Skepsis der Franzosen gegenüber dem deutschen Parlamentsvorbehalt verstehen, insbesondere wenn wir die notwendige gemeinsame strategische Kultur entwickeln wollen“, sagte der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter dem „Spiegel“. Der SPD-Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu äußerte sich ähnlich: „Wenn Deutschland international verlässlich sein will, müssen unsere Partner uns abnehmen, dass wir im Fall des Falls auch schnell handlungsfähig sind.“

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss der Bundestag allen Auslandseinsätzen bewaffneter deutscher Streitkräfte vorher zustimmen. Eine Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Verteidigungsministers Volker Rühe (CDU) hatte 2015 eine vorsichtige Reform des Parlamentsvorbehalts vorgeschlagen, die aber nie umgesetzt wurde. „Wir haben damals eine große Chance vertan, unseren Partnern Verlässlichkeit zu zeigen und die Kontrolle von Einsätzen durch das Parlament zu erhalten“, sagte Rühe dem „Spiegel“.

Allerdings hatte seine Kommission im Juni 2015 den Vorwurf zurückgewiesen, dass Deutschland wegen seiner strengen Regeln für Militäreinsätze unzuverlässig sei. Schließlich habe der Bundestag bis dahin allen Anträgen der Bundesregierung für die Entsendung von Soldaten ins Ausland ausnahmslos zugestimmt – und auch Verzögerungen von EU- und Nato-Einsätzen seien damals nicht festzustellen gewesen. (dpa)



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