Verfassungsrechtler: Brinkhaus-Modell zur Wahlrechtsreform von Bundestagswahl ist verfassungswidrig

Die kommende Woche, ist die letzte Sitzungswoche des Bundestages vor der Sommerpause. Lange schon ringen die Fraktionen um eine Wahlrechtsreform, um das stetige Anwachsen des Bundestages zu stoppen. Doch der erst am Wochenende bekannt gewordene Eilvorschlag des Unionsfraktionschefs Ralph Brinkhaus (CDU), ist laut dem Staatsrechtler und ehemaligem Verfassungsrichter Udo di Fabio nicht verfassungskonform.
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Einige Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe.Foto: ULI DECK/DPA/AFP via Getty Images
Epoch Times28. Juni 2020

Das Wahlrechtsmodell, mit dem Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) für eine Verkleinerung des Bundestags sorgen will, ist nach Ansicht des Bonner Verfassungsrechtlers Udo di Fabio nicht verfassungskonform. Das geht aus einem Gutachten di Fabios hervor, über das die „Bild“ berichtet. Hauptkritikpunkt des neuen Wahlrechts: Um die Vergrößerung des Parlaments durch Ausgleichs- und Überhangmandate zu verhindern, soll ab einer Größe von 750 Sitzen die Möglichkeit eingeführt werden, auch Gewinnern von Direktwahlkreisen kein Mandat mehr zuzuteilen.

Der Sieger im Wahlkreis säße dann nicht mehr in jedem Falle tatsächlich im Bundestag. Ein klarer Verfassungsbruch, so di Fabio in seinem Gutachten. Das Fazit des früheren Richters am Bundesverfassungsgericht ist klar: Der Vorschlag „stellt nicht nur einen Verstoß gegen die Systementscheidung für ein personalisiertes Verhältniswahlrecht dar, sondern verstößt darüber hinaus gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl (Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG), der Unmittelbarkeit der Wahl (Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG) und das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG)“.

ARD: SPD habe der CDU bereits signalisiert, dass sie dem Brinkhaus-Vorschlag folgen könnte

Im seit Monaten andauernden Streit über die Wahlrechtsreform drang Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) kürzlich auf einen Kompromiss. Wie das ARD-Hauptstadtstudio am Samstag berichtete, will Brinkhaus dem Fraktionsvorstand am Montag dazu einen Vorschlag vorlegen. Demnach sollen die Mandate im Deutschen Bundestag künftig gedeckelt werden. Maximal 750 Abgeordnete hätten dann noch einen Platz im Parlament.

Die Pläne des Fraktionschefs, die AFP am Samstag vorlagen, sehen vor, dass darüberliegende Mandate gekappt werden – im Wechsel jeweils ein ausgleichsloses Überhangmandat und ein nichtzugeteiltes Direktmandat. Das würde vor allem Direktmandate aus Wahlkreisen betreffen, die prozentual die wenigsten Erststimmen erhalten haben.

Die SPD habe der CDU bereits signalisiert, dass sie dem Brinkhaus-Vorschlag folgen könnte, berichtete das ARD-Hauptstadtstudio. Betroffen von den Kappungen wären demnach alle Parteien.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, kritisierte die Brinkhaus-Pläne als „mit uns nicht abgesprochen“. Zwar entspreche eine Wahlrechtsreform für die Bundestagswahl 2025 den Ideen der CSU. „Einen Vorschlag allerdings, der Gewinnern von Wahlkreisen den Einzug in den Deutschen Bundestag verweigert, halten wir für verfassungswidrig.“

CDU: Vorschlag rechtlich strittig – da als Notfallmechanismus mit begrenzter Gültigkeit, aber haltbar

In der CDU heißt es, dass die Nichtzuteilung von Direktmandaten zwar verfassungsrechtlich strittig sei. Da es ein Notfallmechanismus sei, der nur übergangsweise gelten soll, sei das Modell aber haltbar.

Die stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzende Silvia Breher betonte, es sei klar, dass es sich bei dem Vorstoß von Brinkhaus um eine „einmalige Lösung für die Bundestagswahl 2021“ handele. „2025, also nach der Reform, müssen dann natürlich alle Direktmandate auch wieder zugeteilt werden, das halte ich für sehr wichtig“, erklärte sie. „Wir werden am Dienstag in der Fraktion über diesen Vorstoß diskutieren.“ (afp/dts)



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