„Verfassungsrechtlich bedenklich“: Mieter und Vermieter teilen sich ab 2023 Kosten für CO₂-Abgabe

Die Ampel-Koalition verabschiedet ein neues Gesetz. Die Regelung soll dazu anspornen, Immobilien umweltfreundlich auszustatten. Der Vermieterverein kündigt eine Klage vor dem Verfassungsgericht an.
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Die Kosten für die CO₂-Abgabe teilen sich künftig Mieter und Vermieter.Foto: istock/filmfoto
Von 21. November 2022

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Wer mit Öl oder Erdgas heizt, dem greift der Staat seit 2021 zusätzlich in die Tasche und kassiert eine CO₂-Abgabe. Bisher musste die der Mieter alleine tragen. Nach dem Willen der Ampel-Koalition wird das ab dem kommenden Jahr anders. Dann müssen sich auch die Vermieter beteiligen. Wer dann wie viel bezahlt, hängt vom energetischen Zustand des jeweiligen Hauses ab. Die Regierung spricht von einer „fairen Aufteilung“ der Kosten. Der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland kritisiert das kürzlich verabschiedete Gesetz scharf und will vor Gericht ziehen.

Detaillierte Heizkostenabrechnung

Das Gesetz, das nach dem Beschluss im Bundestag noch den Bundesrat passieren muss, tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft. Für die Wohngebäude gilt dann ein Stufenmodell. Je schlechter der energetische Zustand eines Hauses ist, desto mehr Kosten bleiben am Vermieter hängen. Investiert er hingegen in ein klimaschonendes Heizungssystem und energetische Sanierungen, dann gehen mehr Kosten an den Mieter über. Zugrunde liegt bei der Abrechnung der CO₂-Ausstoß pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr. Die Kosten sowie den Verteilungsschlüssel müssen die Vermieter im Zuge der jährlichen Heizkostenabrechnung ermitteln. Sie sind dann dazu verpflichtet, den auf den Mieter entfallenden CO₂-Kostenanteil, die Einstufung der Wohnung sowie die Berechnungsgrundlagen auszuweisen. Um drei Prozent dürfen Mieter den Anteil an den Heizkosten kürzen, wenn der Vermieter die Informationen nicht liefert.

Sonderregelung bei Denkmalschutz

Mit dem neuen Gesetz will die Regierung Vermieter dazu bringen, für eine insgesamt umweltfreundliche Ausstattung ihrer Immobilien zu sorgen. Damit Mieter sparsam mit dem Energieverbrauch umgehen, bleibt ein Teil der Kosten an ihnen hängen. Ist ein Haus optimal saniert, zahlen sie gar die komplette Summe der Abgabe.

Verhindern Vorgaben wie Denkmalschutz, Pflicht zur Nutzung von Fernwärme oder Milieuschutz eine Verbesserung der Energiebilanz, gilt eine Sonderregelung. Der Kostenanteil für die Vermieter halbiert sich dann oder entfällt ganz.

Zehnstufiges Rechenmodell

Der Aufteilung der Kosten liegt ein zehnstufiges Rechenmodell zugrunde, erläutert das Portal „chip.de“. Bei einem Verbrauch von weniger als zwölf Kilo CO₂ pro Jahr zahlt der Mieter die komplette Abgabe. Kommen zwischen 32 und 37 Kilo CO₂ pro Jahr zusammen, teilt er sich die Kosten je zur Hälfte mit dem Eigentümer. Bei besonders schlechten Werten (mehr als 52 Kilo CO₂ pro Jahr) bleiben 95 Prozent der Kosten am Vermieter hängen. Eine durchschnittliche Wohnung einem Mehrfamilienhaus verursacht pro Jahr Mehrkosten von 67 Euro beim Heizen mit Gas und 98 Euro bei Gasöl, schreibt „chip.de“ mit Verweis auf Angaben des Mieterbunds.

Eigentümerverband: „Verfassungsrechtlich bedenklich“

Der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland bezeichnete den Beschluss der Ampel-Koalition als „puren Populismus“. „Eine Aufteilung reduziert den Sparanreiz beim Verursacher, also den Mietern. Das ist nicht nur klimapolitisch kontraproduktiv, sondern verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Wir streben daher eine Klage in Karlsruhe an“, kündigte Verbandschef Kai Warnecke auf der Internetseite des Vereins an. Er sprach sich zudem erneut dafür aus, ein Pro-Kopf-Klimageld einzuführen. Dies entlaste vor allem einkommensschwache Bürger und wäre mit den klimapolitischen Zielen vereinbar. Mit Blick auf die derzeit sehr hohen Energiepreise erneuerte der Verband seine Forderung, die CO₂-Bepreisung beim Heizen vorerst auszusetzen. „Aktuell hat der CO₂-Preis keinen Lenkungseffekt. Er füllt ausschließlich die öffentlichen Kassen und verteuert das Wohnen. Das ist unverantwortlich“, betonte Warnecke.

Die vorgesehene Regelung eines Stufenmodells ist nach Ansicht des Mieterbundes für Mieter zwar ein kleiner Fortschritt, weil sie den CO2-Preis in vielen Fällen nicht mehr allein bezahlen müssen. „Sie bleibt aber fehleranfällig und intransparent. Aufgrund zahlreicher Ausnahmen für Vermieter kann keinesfalls von einer flächendeckenden Entlastung der Mieterinnen und Mieter gesprochen werden“, sagt Mieterbund-Sprecherin Dr. Jutta Hartmann auf Anfrage von Epoch Times. Es sei besonders in angespannten Wohnungsmärkten mit hohen Mieten von wenig Entlastung auszugehen, da beispielsweise Vermieter in Milieuschutzgebieten sich vollständig von einer Kostenbeteiligung befreien lassen können.

Mit dem zehnstufigen Modell werde dem Mieter allerdings eine komplizierte Berechnung zugemutet. Es sei daher zu befürchten, dass ein beträchtlicher Teil der sich selbst mit Wärme versorgenden Mieter seine Ansprüche gegenüber dem Vermieter erst gar nicht geltend machte.

„Vor dem Hintergrund der enormen Energiepreissteigerungen macht eine Erhebung eines CO2-Preises für Gas und Öl derzeit weder für Mieter noch für Vermieter Sinn. Daher sollte die nationale CO2-Bepreisung für die Dauer der Energiepreiskrise ganz ausgesetzt werden“, so die Sprecherin abschließend.



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