Inlandsgeheimdienst
BfV stuft gesamte AfD als rechtsextrem ein – Partei will sich „juristisch zur Wehr setzen“
Kurz vor dem Start einer schwarz-roten Bundesregierung erklärt der Bundesverfassungsschutz die AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“. Die scheidende Bundesinnenministerin Faeser betont, dass es „keinerlei politischen Einfluss“ auf das neue Gutachten gegeben habe.

Der Verfassungsschutz stuft die AfD als rechtsextremistisch ein.
Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die AfD als Ganzes als „gesicherte rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Der Inlandsgeheimdienst teilte mit, der Verdacht, dass die Partei gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolge, habe sich bestätigt und in wesentlichen Teilen zur Gewissheit verdichtet. Bislang galt die Partei als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“.
„Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar“, teilte die Sicherheitsbehörde mit.
Es ziele darauf ab, „bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen, sie einer nicht verfassungskonformen Ungleichbehandlung auszusetzen und ihnen damit einen rechtlich abgewerteten Status zuzuweisen“, hieß es weiter in der Stellungnahme.
„Konkret betrachtet die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern als nicht gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes“, heißt es in der Mitteilung des Inlandsgeheimdienstes.
„Dieses ausgrenzende Volksverständnis ist Ausgangspunkt und ideologische Grundlage für eine kontinuierliche Agitation gegen bestimmte Personen oder Personengruppen, mit der diese pauschal diffamiert und verächtlich gemacht sowie irrationale Ängste und Ablehnung ihnen gegenüber geschürt werden“, so der Verfassungsschutz.
Äußerungen und Positionen der Partei und führender AfD-Vertreter verstießen gegen das Prinzip der Menschenwürde, erklärten die Vizepräsidenten der Behörde, Sinan Selen und Silke Willems. Dies sei maßgeblich für die nun getroffene Einschätzung.
„Schlag gegen die bundesdeutsche Demokratie“
Die AfD-Bundessprecher Alice Weidel und Tino Chrupalla sehen die heutige Entscheidung des Verfassungsschutzes als einen schweren Schlag gegen die bundesdeutsche Demokratie.
„In aktuellen Umfragen führt die AfD als stärkste Kraft. Die Bundesregierung ist nur noch vier Tage im Amt. Der Geheimdienst verfügt noch nicht einmal mehr über einen Präsidenten. Und die Einstufung als sog. ‚Verdachtsfall‘ ist nicht rechtskräftig abgeschlossen“, erklärte die AfD-Partei- und Fraktionsführung.
Trotzdem werde die AfD als Oppositionspartei kurz vor dem Regierungswechsel „öffentlich diskreditiert und kriminalisiert“.
Für die Bundessprecher ist die neue Einstufung ein „zielgerichteter Eingriff“ in den demokratischen Willensbildungsprozess und „politisch motiviert“.
Sie kündigten an, dass sich die Partei „weiter“ juristisch zur Wehr setzen werde.
AfD-Vize: Verfassungsschutz-Einstufung ist „rein politisch“ motiviert
Der Stellvertretende Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion und Stellvertretende Bundessprecher Stephan Brandner bezeichnet die neue Einstufung als abwegig: „Diese Entscheidung des weisungsgebundenen Verfassungsschutzes ist inhaltlich völliger Blödsinn, hat mit Recht und Gesetz überhaupt nichts zu tun und ist eine rein politische im Kampf der Kartellparteien gegen die AfD“, so Brandner gegenüber der Epoch Times.
Die anderen Parteien hätten in den letzten Jahren auf ganzer Linie versagt und Deutschland in den Abgrund getrieben. Wäre AfD-Politik gemacht worden, hätten wir nahezu sämtliche Probleme nicht, so Brandner.
„Das wissen die Bürger und wählen uns deshalb. Daher war diese Entscheidung des sogenannten Verfassungsschutzes als weitere unfaire Kampfmaßnahme gegen die einzige Oppositionskraft leider so erwartbar.“
Faeser: „Es hat keinerlei politischen Einfluss auf Gutachten gegeben“
Noch-Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach hingegen von einer „klaren und eindeutigen“ Bewertung. „Ihre völkische Haltung zeigt sich in rassistischen Äußerungen vor allem gegen Zugewanderte und Muslime“, sagte die scheidende Ministerin. „Das widerspricht klar der Menschenwürdegarantie des Artikels 1 des Grundgesetzes.“
Und weiter: „Die neue Einstufung ist das Ergebnis einer umfassenden und neutralen Prüfung, die in einem 1.100-seitigen Gutachten festgehalten ist. Es hat keinerlei politischen Einfluss auf das neue Gutachten gegeben.“
Der BfV untersteht dem Bundesinnenministerium und ist ihm gegenüber weisungsgebunden.
Die Landesämter für Verfassungsschutz in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt hatten die jeweiligen AfD-Landesverbände bereits zuvor als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft.
Nachdem Medien im Februar 2021 über eine mutmaßliche Einstufung der Gesamtpartei als sogenannter Verdachtsfall berichtet hatten, musste der Verfassungsschutz auf Geheiß des Kölner Verwaltungsgerichts noch rund ein Jahr warten, bis er diese Einschätzung publik machen und die Partei entsprechend beobachten konnte. Im Mai 2024 hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass der Verfassungsschutz die AfD zu Recht als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ eingestuft hat. Der Rechtsstreit geht noch weiter.
Gutachten wird nicht veröffentlicht
Auch bei einer Beobachtung als Verdachtsfall ist der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel bereits erlaubt. Zu diesen zählt etwa der Einsatz von sogenannten V-Leuten – das sind Menschen mit Zugang zu internen Informationen. Auch Observationen oder Bild- und Tonaufnahmen sind erlaubt. Bei Auswahl und Einsatz der Mittel muss allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein.
Bei einem als gesichert extremistisch eingestuften Beobachtungsobjekt sinkt die Schwelle für den Einsatz solcher Mittel. Mit einem Parteiverbot hat die Beobachtung durch das BfV zwar vordergründig nichts zu tun. Denn dieses kann nur vom Bundestag, Bundesrat oder der Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden. Eines der drei Verfassungsorgane könnte sich aber durch die neue Einschätzung des Inlandsnachrichtendienstes ermutigt fühlen, einen solchen Antrag zu stellen.
Grundlage der nun getroffenen Entscheidung ist ein umfangreiches Gutachten des BfV, das nur für den internen Dienstgebrauch bestimmt ist. Eine Veröffentlichung des internen Arbeitspapiers, in das auch Erkenntnisse aus dem zurückliegenden Bundestagswahlkampf eingeflossen sind, ist nicht vorgesehen.
Mit Material der Nachrichtenagenturen

Als Hauptstadtreporter ist Erik Rusch regelmäßig in der Bundespressekonferenz und überall „Vor Ort“, wo kritische Fragen zu aktuellen Themen in den Bereichen Gesellschaft und Politik zu stellen sind.
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