Von ver.di-Würstelständen und Arbeitslagern in China – ein „ganz normaler“ Montag in Berlin

Von 15. Mai 2007

Eine Stadt, zwei Veranstaltungen: Hier die von der Gewerkschaft ver.di veranstalteten Bemühungen um Gerechtigkeit bei der Liberalisierung der europäischen Briefzustellung. Dort die Sorge von Menschenrechtlern um die Inhaftierten in Chinas Arbeitslagern.

Während zur gleichen Zeit am Brandenburger Tor auf dem Pariser Platz ein Abgeordneter des europäischen Parlaments mit zahlreichen Vertretern von Menschenrechtsorganisationen und Praktizierenden der Falun Gong-Bewegung auf die fehlende Einsicht Chinas beim zwischenstaatlichen Menschenrechtsdialog aufmerksam machten, trafen am gestrigen Montag einen Kilometer weiter auf dem Potsdamer Platz über zehntausend Postbedienstete aus ganz Deutschland wie zu einem überdimensionalen Familientreffen ein, um für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu demonstrieren.

Ihre Forderungen: die EU-weit zeitgleiche Marktöffnung, da Italien und Frankreich ihre Postmonopole für Briefe bis 50 Gramm erst 2009 liberalisieren wollen, Deutschland damit aber schon im kommenden Jahr startet. Damit würden billigere ausländische Anbieter bereits ab 2008 in Deutschland ihre Zustelldienste anbieten können, die Post selbst aber erst ein Jahr später im benachbarten Ausland.

Unter Federführung der Gewerkschaft ver.di richteten sich die Redner der Veranstaltung gegen die von der EU beschlossene Öffnung der Märkte und für die Einführung eines deutschlandweiten Mindestlohns von 7,50 Euro. Wie bei Massenkundgebungen üblich folgten lautstarke Pfeifkonzerte jedem Argument gegen die Liberalisierung des heimischen Postmarktes, jedem Beispiel für die bitteren Folgen der zu befürchtenden Arbeitslosigkeit.

Für das leibliche Wohl war inzwischen ausreichend gesorgt, Bier und kühle Getränke wurden angeboten, auch Gebratenes. Wem das nicht reichte, der bevölkerte die zahlreichen Bistros und Cafes in der Ebertstrasse und sorgte auch bei den dortigen Souvenierläden für einen ausgeglichenen Kassenstand.

Vom Veranstalter mit weißen Kappen und Umhängen ausgestattet, machten sich zahlreiche Postler an diesem sommerlich heißen Tag auf und nutzten die Gelegenheit zu einer kleinen Berlin-Tour. Auf ihrem Weg in Richtung des in Sichtweite gelegenen Brandenburger Tors, vorbei am Mahnmal für die Opfer des Holocaust, trafen sie auch auf Handzettel verteilende Teilnehmer der ganztägigen Veranstaltung am Pariser Platz, die zwischenzeitlich auch mit einem Umzug durch das Regierungsviertel gezogen waren.

Auf dem Pariser Platz wurden die für ihre Rechte als Postangestellte nach Berlin gereisten an eine globale Realität erinnert, in der Zwangsarbeitslager, Unterdrückung der freien Rede und Folter als Mittel der Staatsräson das Leben bestimmen.

Jüngst hat auch das Deutsche Parlament die Verurteilung der chinesischen Arbeitslager beschlossen. Internationale Politiker wie der Vizepräsident des Europäischen Parlaments Edward McMillan-Scott verurteilten bei der Veranstaltung vor dem Brandenburger Tor aufs Schärfste die fehlende Offenheit der Gespräche. „Der Prozess der Repression in China wird nicht besser, sondern schlechter“, sagte der EU-Politiker vor Hunderten Zuhörern.

Keiner der befragten ver.di-Protestierenden hatte eine Vorstellung von den Lebensbedingungen und der Arbeitswelt im fernen China. Als sie darüber hinaus noch mit den im Bundestag zur Sprache gebrachten Vorwürfen in Zusammenhang mit zwangsweisen Organtransplantationen konfrontiert wurden, versprachen etliche, die bereit gestellten Handzettel mit in ihre Heimatgemeinden zu nehmen und sich weiter zu informieren. Wieder andere unterschrieben auf Unterschriftslisten Petitionen zur Freilassung von in den Arbeitslagern Entrechteten. Ein interessantes Bild boten diejenigen, die sich bei den Falun Gong Übenden einklinkten und deren Übungen mitmachten.



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