Vorwürfe gegen WDR: Monitor-Redaktion soll Zeugen aus JVA Kleve manipuliert haben

Haben WDR-Journalisten versucht, einen Häftling der JVA Kleve für „Monitor“ mit manipulativen Mitteln zu einer Gefälligkeitsaussage zu drängen? Im „Focus“ erhebt dieser schwere Vorwürfe. Hintergrund war der Tod eines zu Unrecht inhaftierten Syrers im September 2018.
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Der WDR gerät mit der Sendung "Monitor" zur JVA Kleve in Bedrängnis.Foto: Oliver Berg/dpa/dpa
Von 25. Februar 2020

Der Todesfall des 26-jährigen Syrers Amed A. im September 2018 in der JVA Kleve weist einiges an mysteriösen Begleitumständen auf. Einige davon harren bis heute einer vollständigen Aufklärung.

Der Syrer starb zwölf Tage nach einem Brand in seiner Zelle an den Folgen seiner dabei erlittenen Verletzungen. Er war zuvor über Monate hinweg zu Unrecht in Haft gewesen. Dem WDR-Magazin „Monitor“ wird nun vorgeworfen, zusätzlich noch eine auf Manipulationen gegründete Story über eine möglicherweise fremdenfeindlich motivierte Vertuschung eines Fehlverhaltens im Justizvollzug kolportiert zu haben.

Anfang Juli 2018 wurde der Syrer bei einem Polizeieinsatz in Geldern überprüft und festgenommen, weil der Datenbank zufolge in Hamburg ein Haftbefehl gegen ihn vorlag. Tatsächlich galt der Haftbefehl einem aus dem afrikanischen Mali stammenden Mann. Dieser soll „Amed A.“ als Aliasnamen verwendet haben. Allerdings wurde dieser angebliche Aliasname erst drei Tage nach der Verhaftung des Syrers in die Polizeidatenbank eingetragen.

Gefängnispsychologin der JVA Kleve soll auf Verwechslung angesprochen worden sein

Die Frage, warum die Verwechslung nicht rechtzeitig aufgeklärt werden konnte, beschäftigt noch heute einen Untersuchungsausschuss des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Zudem bleiben die Umstände des Brandes in der Zelle Amed A.s am 17. September 2018 und die Frage Gegenstand der Untersuchungen, ob die Vollzugsbeamten durch schnelleres Reagieren den Tod des Häftlings, der am 29. September eintrat, verhindern hätten können.

Dass der WDR den Aufklärungsbemühungen durch fragwürdiges Vorgehen einen Bärendienst erwiesen haben könnte, deutet nun „Focus Online“ an. Das Magazin hat mit dem 24-jährigen Jan Hendrik H. gesprochen. Der wegen wiederholter Einbrüche in Pkws verurteilte und in Kleve inhaftierte H. kannte Amed A., war mit diesem sogar befreundet und hatte sich mit ihm auch über dessen Verhaftung und mentalen Zustand ausgetauscht.

H. habe den Syrer, nachdem dieser mehrfach seine Unschuld beteuert und die Möglichkeit einer Verwechslung ins Spiel gebracht habe, dabei unterstützt, bei den Vollzugsbeamten und der Gefängnispsychologin nachzuhaken. Nachdem dies zu keinem Ergebnis geführt habe, soll Amed A. sich in sein Schicksal gefügt haben.

Allerdings sei er in den Tagen vor dem Brand immer depressiver geworden und habe unter anderem erklärt, keine Angst vor dem Tod zu haben. Zu diesem Zeitpunkt hätte er nur noch einen Monat in Haft verbringen müssen. A. soll Angst vor einer möglichen Abschiebung nach Syrien nach seiner Haftverbüßung gehabt haben. „Mir hat er gesagt, dass da noch einiges offen sei“, schildert H. gegenüber dem Focus.

WDR soll „Aufwandsentschädigung, die sich lohnen würde“ in Aussicht gestellt haben

Die WDR-Journalisten, die ihn besucht hätten, um für Monitor über den Fall zu berichten, hätten sich für A. und dessen Schicksal selbst kaum interessiert. „Die hatten nur das Brandgeschehen im Sinn“, erklärte H. – und machte dem Sender auch darüber hinaus schwere Vorwürfe.

Man habe ihn in den Wintermonaten 2018, als er sich kurzfristig auf freiem Fuß befunden hatte, im Wege eines „Trommelfeuers“ mit Anfragen überhäuft. Als H. sich dennoch als zögerlich erwies, habe man ihm eine „Aufwandsentschädigung“ in Aussicht gestellt, die „sich lohnen würde“. Irgendwann, so H., habe er zugesagt, „aber mehr aus dem Grund, dass dann diese nervigen Anfragen aufhören würden“.

Beim Interview selbst seien ihm „Formulierungen in den Mund gelegt“ worden, eine Reporterin habe seine Aussagen „so gedreht, dass es passte“. In dem Monitor-Beitrag, der am 6. Dezember 2018 ausgestrahlt wurde, wurde H. als Hauptbelastungszeuge für die Darstellung aufgeboten, dass die JVA-Vollzugsbeamten viel zu spät auf Tumulte reagiert hätten, die am Tag des Brandes infolge der Rauchentwicklung ausgebrochen wären.

Monitor zufolge seien diese kurz nach 19 Uhr ausgebrochen, die Zelle Amed A.s sei hingegen erst um 19.23 Uhr geöffnet worden. Demnach hätten die Beamten 20 Minuten lang dessen Hilferufe ignoriert. Ein externer Brandsachverständiger sei zusätzlich aufgeboten worden, um den Eindruck zu transportieren, die Zellentüre könnte grob fahrlässig oder gar vorsätzlich zu spät geöffnet worden sein.

Als Hauptbelastungszeuge im Monitor-Beitrag

H. hingegen beteuert gegenüber Focus, dass die Zeitangabe bezüglich des Ausbruchs des Tumults nicht von ihm stamme. Er habe auch gegenüber dem WDR mehrfach insistiert, keine exakte Zeitangabe machen zu können und auch vor Gericht keine exakte Zeit nennen zu können. Er habe lediglich gesagt, „irgendwann zwischen zwei Fernsehserien“ musste es gewesen sein, dass er Tumulte wahrgenommen habe.

Die Monitor-Reporterin hingegen habe auf die Nennung einer Zeitangabe gedrängt und irgendwann gefragt, ob es „nicht doch um kurz nach 19 Uhr gewesen sein könnte“, als die Tumulte im Trakt begonnen hätten. Als H. antwortete, dass das „vielleicht hinkommen“ könnte, schien die Journalistin die Antwort gehabt zu haben, die sie wollte, und das Gespräch sei kurz darauf vorbei gewesen. Für das Interview habe H., der damals für einen deutlich geringeren Lohn Pakete an Apotheken auslieferte, 300 Euro bekommen, deklariert als „Aufwandsentschädigung“.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kamen zu dem Ergebnis, dass die ersten Tumulte infolge der Rauchausbreitung und des Brandgeruchs in den oberen Etagen erst um 19.18 ausbrachen. Amed A. habe den Alarmknopf erst eine Minute später gedrückt, das Fenster geöffnet und um Hilfe gerufen. Später sei auch H. die Erinnerung wiedergekommen, wonach sich das Geschehen im Werbeblock der Serie „Berlin Tag & Nacht“ abgespielt habe.

H. erklärte dem Focus gegenüber, er fühle sich vom WDR-Magazin „vera****t“. Diese hätten zudem zugesagt, ihn unkenntlich zu machen und ihm den Beitrag vor Veröffentlichung nochmals zu zeigen. Dies sei nie geschehen – und seine Mutter habe ihn problemlos erkannt.

Restle: Focus agiert als „Handlanger der Ermittlungsbehörden“

Monitor bestreitet, zugesagt zu haben, dass H. den Beitrag vor Veröffentlichung sehen dürfe. Man habe die Aufwandsentschädigung erst nach Interview-Zusage angeboten und ihn in hinreichender Weise unkenntlich gemacht.

Moderator Georg Restle beklagte sich vor drei Wochen nach einem ersten kritischen Bericht des Focus über den Manipulationsverdacht auf Twitter über „Handlanger der Ermittlungsbehörden“, die versuchten, die Arbeit seiner Redaktion zu unterminieren. H. sei zu keiner Zeit manipuliert worden. Man habe ihm auch keine Formulierungen in den Mund gelegt und er habe „bei Nachfragen zu den Zeitabläufen keine sich widersprechenden Aussagen gemacht“.

Der WDR rühmte sich damals in einer Stellungnahme sogar, er habe mit seinen Recherchen neue Ermittlungen der Behörden ausgelöst. Allerdings erwähnte er in weiterer Folge nicht mehr, dass diese die im Monitor-Beitrag aufgestellten Hypothesen nicht bestätigten.



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