Bayern: Welche Möglichkeiten hat die CSU nach der Wahl?

Die Zeiten, in denen die CSU das sogenannte bürgerliche Lager hinter sich vereinte, sind vorbei. Zwei Widersacher setzen der CSU besonders zu - und dienen sich gleichzeitig als Partner an.
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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Epoch Times12. August 2018

Natürlich redet in der CSU niemand offiziell darüber. Natürlich ist weiterhin das große Ziel, bei der Landtagswahl am 14. Oktober doch noch die absolute Mehrheit im Landtag zu verteidigen, irgendwie.

Doch je unrealistischer dies Umfragen zufolge wird, desto intensiver wird in der CSU hinter vorgehaltener Hand die Frage gestellt, mit wem man nun ab dem Herbst koalieren soll. Die AfD scheidet als Partner aus. Aber sonst? FDP oder Freie Wähler scheinen am naheliegendsten – aber ob überhaupt einer dieser wohl kleineren Partner reichen wird? Also Schwarz-Rot? Oder doch Schwarz-Grün?

Mit wem könnte die CSU denn eine Koalition bilden?

Die Lage ist tatsächlich noch unübersichtlich. Etwa jeder Zweite im Freistaat ist noch unentschlossen, wem er am Ende seine Stimme geben soll. Insofern sind die Umfragen mit großer Vorsicht zu genießen. Und doch zeichnen sie ein klares Bild: Die CSU liegt nicht nur fernab der absoluten Mehrheit der Mandate, die sie vor fünf Jahren mit 47,7 Prozent noch einmal zurückerobern konnte.

Sie lag in den jüngsten Erhebungen sogar unter der psychologisch kritischen 40-Prozent-Marke. Die AfD setzt ihr von rechts zu, und auf der anderen Seite wollen Freie Wähler und FDP den Christsozialen im Oktober Stimmen abjagen. Die CSU muss also einerseits die AfD bekämpfen, andererseits um die sogenannte bürgerliche Mitte werben. Aber ob das gutgehen kann?

Freie Wähler und FDP wollen jeweils 8 Prozent holen

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger gibt als Marschrichtung vor: „Wir wollen unsere Kernwähler halten und weitere Menschen im bürgerlichen Spektrum erreichen – auch solche, die bei der Bundestagswahl aus Frust über die Union AfD gewählt haben.“ Er wolle nicht, dass die AfD mit Prozentwerten wie in den Umfragen in den Landtag einziehe. „Dann drohen Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün – und das will ich nicht. Wir sind die bürgerlich-vernünftige Option, die auch koalitionsfähig ist, bevor wir Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün in Bayern kriegen.“

Aiwanger geht davon aus, dass die Freien Wähler mindestens acht Prozent holen. „Acht bis zehn Prozent halte ich für realistisch.“ Tatsächlich sind die Freien Wähler als ursprünglich kommunale Kraft vor allem auf dem Land relativ stark, stellen dort viele Landräte und Bürgermeister.

Auch FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen gibt als Wahlziel acht Prozent aus. „Wir kämpfen um die Mitte“, erklärt er. „Die politische Mitte in Bayern ist etwas heimatlos, weil die CSU nach rechts gerückt ist, vor allem im Stil und im Auftreten. Deshalb wollen wir enttäuschte CSU-Wähler, die mit Seehofer, Söder & Co. nichts mehr anfangen können, zu uns holen.“ Die FDP wolle die Wähler gewinnen, „die den CSU-Kurs nicht mehr mitgehen wollen, die aber keine linke Politik wollen, sondern eine wirtschaftsfreundliche Politik“, sagt Hagen.

Dafür will sich auch Parteichef Christian Lindner ins Zeug legen. Etwa dreißig große Auftritte plant er im Wahlkampf. „Es geht um drei Themen in Bayern. Wir sind nicht nur die Rechtsstaatspartei, die eine geordnete Migrationspolitik will, gleichzeitig aber bürgerliche Freiheitsrechte wahren will“, sagt er. Gegen die Verengung auf das in Deutschland allgegenwärtige Thema Migration wehrt er sich aber.

„Es geht genauso um die Frage Bildung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, betont Lindner. „Bei diesen Themen der gesellschaftlichen Modernisierung ist die CSU immer noch in den 80er Jahren.“ Die CSU betreibe Politik mit dem Scheckbuch. „Mit dem Geld wird geaast und die wirtschaftliche Vernunft kommt unter die Räder.“

Alleinregierung von CSU? Oder mit Freien Wählern? Mit FDP?

Positiv aus Sicht der Freien Wähler und der FDP: Eine klare Mehrheit der Bayern wünscht sich einer BR-Umfrage aus dem Juli zufolge keine CSU-Alleinregierung mehr: Nur noch 31 Prozent sehen das aktuelle Regierungsmodell positiv, das sind 11 Prozentpunkte weniger als im Mai. 67 Prozent äußern sich kritisch. Präferiert werden eine CSU-Regierung mit den Freien Wählern (43 Prozent) und ein CSU-Bündnis mit den Grünen (42 Prozent). Dahinter landen eine Neuauflage des schon erprobten schwarz-gelben Regierungsbündnisses aus den Jahren 2008-2013 (35 Prozent) und eine schwarz-rote Koalition (33 Prozent).

CSU-intern gilt die FDP als Wunschpartner – wenn es für eine Mehrheit im Landtag reichen sollte. „Wir wollen Bayern gestalten. Wir wollen unsere Politik umsetzen“, sagt Hagen. Lindner ergänzt: „Wir würden ja in eine Regierung nur dann eintreten, um einen Unterschied zu machen, nicht um zu fusionieren mit einer anderen Partei.“ In NRW klappe es schließlich auch ganz gut mit einer schwarz-gelben Regierung, wo die FDP ein Digital- und die CDU ein Heimatministerium bekommen haben.

Aiwanger dagegen sieht die Freien Wähler als idealen Partner: „Ich glaube, dass wir der Partner der Wahl und der Vernunft für die CSU sind. Wir können garantieren, dass wir dieses Land stabil regieren.“ Schwarz-Gelb spricht er eine reelle Chance ab. „Und wenn sich die CSU für die SPD oder die Grünen entscheiden würde, obwohl es mit uns auch ginge, würde es die CSU zerreißen – das könnten die ihrer Basis nicht erklären“, mutmaßt er.

Die CSU will offiziell noch nichts von irgendwelchen Koalitionen wissen – und hat stattdessen als Ziel ausgegeben, man wolle „allen bürgerlichen Stimmen im Land eine politische Heimat geben“. „Zum Bayern-Gen gehört, dass wir die bürgerliche Mehrheit in unserem Lande wieder hinter einer politischen Kraft vereinigen“, hieß es in einem Strategiepapier von CSU-Generalsekretär Markus Blume für den Wahlkampf.

Nur in Bayern gebe es eine Mehrheit von fast zwei Dritteln bürgerlicher Wähler, betonte Blume und gab quasi als Losung aus: „Wir haben den Alleinvertretungsanspruch für das bürgerliche Lager.“

Das freilich sehen die Wähler in Bayern, glaubt man den Umfragen, mehrheitlich anders. Und genau darauf setzen Freie Wähler und FDP. (dpa)



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