Tempolimit: „Der politische Dauerbrenner mit Aufregerpotenzial“

Allein das Wort «Tempolimit» sorgt verlässlich für hitzige Debatten. Die Parteien haben sich klar positioniert – geben die Wähler im Herbst ein Signal? Auch jenseits der Autobahnen tut sich etwas.
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Tempolimit 130 - ein politischer Dauerbrenner mit eingebautem Aufregerpotenzial.Foto: Patrick Seeger/dpa/dpa
Epoch Times12. Juli 2021

Es ist ein politischer Dauerbrenner mit eingebautem Aufregerpotenzial – und schon angekommen im Bundestagswahlkampf, Auflage 2021: Soll auf deutschen Autobahnen doch noch ein generelles Tempolimit kommen, über das seit Jahrzehnten so erbittert gestritten wird?

SPD, Grüne und Linke machen sich dafür stark – Union, FDP und AfD sind weiter strikt dagegen. Diese traditionelle Frontstellung führte bisher immer wieder dazu, dass sich nichts änderte und die sprichwörtliche freie Fahrt weiterhin gilt.

Scheuer: „Freiheit oder Verbote“

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zog für den Wahlkampf schon mal eine deutliche Abwehrlinie: „Die Argumentation für ein generelles Tempolimit ist ein politisches Kampfinstrument, für manche sogar ein Fetisch“, sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Die Bürger können sich bei der Wahl entscheiden, ob sie die Freiheit bei der Mobilität haben wollen – oder Beschränkungen und Verbote. Und da sind die Grünen ganz vorne.“

Befürworter eines Tempolimits wie etwa auch die Deutsche Umwelthilfe argumentieren, um die Klimaziele für 2030 zu erreichen, müsse vor allem im Verkehr massiv Kohlendioxid (CO2) eingespart werden. Und die Maßnahme mit dem höchsten Einsparpotenzial sei ein Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde (km/h) auf Autobahnen, 80 km/h außerorts und 30 km/h innerorts. Außerdem erhöhe ein Tempolimit massiv die Verkehrssicherheit durch weniger Unfälle.

Technologie ein Faktor

Scheuer konterte: „Die deutschen Autobahnen sind die sichersten Straßen der Welt. Wir haben eher Probleme bei der Verkehrssicherheit auf Landstraßen, darauf muss unser Fokus liegen.“ Überhaupt gebe es auf etwa einem Drittel des Autobahnnetzes schon jetzt Tempolimits, die Durchschnittsgeschwindigkeit liege bei 117 km/h. Das System der empfohlenen Richtgeschwindigkeit von 130 habe sich bewährt.

Dazu komme die technologische Entwicklung: „Mit alternativen Antrieben, Automatisierung und autonomem Fahren wird die Durchschnittsgeschwindigkeit ohnehin sinken“, sagte Scheuer. „Ein Fahrer eines Elektroautos weiß ganz genau: Wer zu oft das Tempo wechselt oder zu sehr Höchstgeschwindigkeiten fährt, ist schnell mit der Reichweite seines Autos am Ende.“

Auch autonomes Fahren mit computergesteuerten Wagen werde nicht mit Spitzengeschwindigkeit zugelassen werden können. „Außerdem kommt mehr Intelligenz ins Fahrzeug: Bald werden die Tempovorgaben nicht am Blechschild sein, sondern im Auto selber: Der Fahrer wird viel stärker informiert, beispielsweise auch gewarnt vor Wetterverhältnissen wie Starkregen.“

Laschet gegen generelles Limit

Mit Blick aufs Klima hatte CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet ein generelles Limit von 130 abgeschmettert. „Warum soll ein Elektro-Fahrzeug, das keine CO2-Emissionen verursacht, nicht schneller als 130 fahren dürfen? Das ist unlogisch“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Contra Tempolimit ist auch die FDP. Im Wahlprogramm heißt es: „Wir setzen auf Innovationen, Vernunft und Freiheit.“ Tempolimits, Diesel- oder Motorradfahrverbote seien „weder progressiv noch nachhaltig“. Die AfD lehnt ein Tempolimit ebenfalls klar ab: Starre Tempolimits müssten regelmäßig überprüft werden.

SPD und Grüne für 130km/h

Im Wahlprogramm der SPD heißt es dagegen: „Wir werden ein Tempolimit von 130 km/h auf Bundesautobahnen einführen. Das schützt die Umwelt und senkt die Unfallzahlen deutlich.“ Die Grünen wollen das Verhältnis von Regel und Ausnahmen umkehren, um mehr Sicherheit auf den Straßen zu erreichen: Innerorts solle Tempo 30 die Regel sein, auf Autobahnen ein „Sicherheitstempo“ von 130 gelten. „Wenn besondere Gründe es notwendig machen, wie beispielsweise in und um Städte oder Ballungsgebiete, dann gelten maximal 120 km/h.“

Auch die Linke will Limits, um Menschen und Klima zu schützen: 120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Landstraßen, innerorts 30 km/h als Regelgeschwindigkeit.

„Weißer Fleck“ Deutschland

Derzeit gilt auf dem Großteil der Autobahnen nach wie vor freie Fahrt – auf 70 Prozent des Netzes. Dauerhafte oder zeitweise Beschränkungen mit Schildern gibt es auf 20,8 Prozent des Netzes, wie Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen für 2015 zeigen – am häufigsten sind Tempo 120 (7,8 Prozent) und Tempo 100 (5,6 Prozent).

Dazu kommen variable Verkehrslenkungsanzeigen. Seit mehr als 40 Jahren gilt zudem die empfohlene Richtgeschwindigkeit von 130. Schaut man sich eine EU-Karte an, ist Deutschland ein „weißer Fleck“, überall sonst gibt es nach einer ADAC-Übersicht Tempobeschränkungen.

Auch jenseits der Autobahnen laufen aktuell Tempo-Diskussionen: Kürzlich haben sieben deutsche Großstädte eine Änderung der Straßenverkehrsordnung verlangt, um in einem Pilotprojekt großflächig Tempo 30 zu testen. Nur auf wenigen Hauptverkehrsstraßen solle dann noch die übliche Geschwindigkeit von 50 km/h zulässig sein.

Scheuer sagte: „Wir wollen den Kommunen mehr Handlungsspielräume für Erprobungen geben und haben das Einrichten von Tempo-30-Zonen an Gefahrenstellen oder in Wohngebieten schon längst erleichtert. Aber ein generelles, flächendeckendes Tempo 30 in Innenstädten ist mir zu pauschal.“ Es könne nicht zielführend sein, wenn ein Gemeinderat sage, er wolle überall Tempo 30 machen. „Weil wir eben auch für den überregionalen Durchgangsverkehr einen guten Verkehrsfluss brauchen.“ (dpa/dl)



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