Wahlprogramm der Grünen: „Energierevolution“ per Gesetz und Erziehungsstaat

Im Entwurf zu ihrem Wahlprogramm für den Bundestag versuchen die Grünen, extreme Positionen außen vor zu lassen. Stattdessen will man bereits von Union und SPD betriebene Projekte ausbauen, viel Geld für eine ökologisierte Wirtschaft ausgeben und auf Erziehung setzen. Die Vorstellungen der Grünen zur EU entsprechen denen der Entwicklung eines Bundesstaates - was vom Bundesverfassungsgericht nicht mitgetragen wird.
Titelbild
Robert Habeck und Annalena Baerbock mit dem neuen Parteiprogramm für die im September geplante Bundestagswahl am 19. März 2021.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 29. März 2021

Der jüngsten Kantar-Umfrage für „Bild am Sonntag“ zufolge erscheint es als durchaus denkbar, dass die Grünen im September als stärkste politische Kraft aus der Bundestagswahl hervorgehen. Mit 23 Prozent sind sie nur noch zwei Punkte von CDU und CSU entfernt, die zusammen auf zehn Prozent abstürzen.

Ob es tatsächlich eine so große Wählerwanderung zu den Ökosozialisten gibt oder ob es für sie wie in Baden-Württemberg ausreicht, dass mehr Anhänger anderer Parteien zu Hause bleiben: Eine künftige Bundesregierung ohne die Grünen wird immer unwahrscheinlicher.

Darauf ist auch der Mitte des Monats vorgestellte Wahlprogramm-Entwurf ausgerichtet.

Klimaneutralität“ als Frage der „Lebensqualität“ statt des „Systemwechsels“

Pathetische Forderungen nach einem „Systemwechsel“, eine Abschaffung von Kapitalismus und Patriarchat oder Solidaritätsadressen gegenüber verfassungsfeindlichen Bestrebungen wie der „Antifa“ sucht man vergeblich. Auch wird kein Bauverbot für Einfamilienhäuser angesprochen, selbst „Tempo 100“ findet sich nicht in dem 137-Seiten-Entwurf.

„Klimaneutralität“ wird zur Frage der „Lebensqualität“ erklärt und die „Energierevolution“, von der man spricht, soll Versorgungssicherheit wahren und gewährleisten, dass „Strom zu verlässlichen und wettbewerbsfähigen Preisen vorhanden“ ist. Auch, wenn mit der „Nord Stream 2“-Pipeline ein weiterer ursprünglich geplanter Pfeiler der Energieversorgung „schon aus geopolitischen Gründen“ wegfallen soll.

Grüne wollen auf „ungenügendes“ Klimapaket draufsatteln

Man will „unsere Wirtschaft auf die Ziele der Klimaneutralität ausrichten und eine Kreislaufwirtschaft etablieren“, den „wirtschaftlichen Aufbruch nach der Corona-Krise und die ökologische Modernisierung […] zusammenbringen“ und dazu eine „sozial-ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft“ anstreben.

Verbunden wäre dies selbstverständlich mit „ehrgeizigen Vorgaben in Form von Grenzwerten, CO2-Reduktionszielen und Produktstandards“, die der deutschen und europäischen Wirtschaft aber immerhin „Planungssicherheit“ geben sollen.

„Wir Europäer*innen“ sollen noch „deutlich vor Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden“. Das deutsche „Klimaziel 2030“ soll auf 70 Prozent angehoben werden, das „ungenügende“ Klimaschutzgesetz und der Klimaschutzplan sollen entsprechend überarbeitet und die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro soll auf das Jahr 2023 vorgezogen werden.

Klimaschutz“ als Supergrundrecht ohne Grundrechtsträger

Fragen wie jene nach der Realisierbarkeit, den Kosten oder den möglichen Folgen bleiben weitgehend unbeantwortet – und möglicherweise müssen die Grünen auch gar nicht darauf antworten, denn sie fordern auf diese Weise nur eine Fortführung ohnehin bereits von Union und SPD auf den Weg gebrachter und zudem von der EU-Kommission als Ziel formulierter Politik, nur mit noch deutlich erhöhter Schlagzahl.

Der Normalbürger braucht vor den Veränderungen, die jetzt schon zu einer Explosion der Preise für Treibstoff und der Heizkosten gesorgt hat, vermeintlich keine Angst zu haben. Er soll parallel zur Senkung der EEG-Umlage ein Energiegeld bekommen, das seine zusätzlichen Belastungen ausgleichen soll. Dieses soll auch nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden.

Hingegen soll ein vorgezogener Kohleausstieg, der bereits mit milliardenteuren Entschädigungsleistungen an die Energieversorger erkauft wird, über den EU-Emissionshandel geregelt werden – mit einem „lenkenden CO2 -Preis, der dem neuen EU-Klimaziel entspricht“.

Generell soll durch die Verankerung einer „CO2-Bremse“ und ähnlicher Vorschriften in der Verfassung, an denen sich jedwede weitere Gesetzgebungsschritte ausrichten sollen, der „Klimaschutz“ zu einer Art Supergrundrecht selbst ausgebaut werden – wenn in diesem Fall auch als Grundrechtsträger die Politik selbst fungiert. Die „CO2-Bremse“ soll den „Klimaschutz“ zur Querschnittsaufgabe machen, „indem wir Gesetze an ihrer Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen messen und ihre Klimawirkung entsprechend prüfen“.

Wahlprogramm fordert umfassende öffentliche Investitionen

Dass eine auch nur ansatzweise Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung in Anbetracht der grünen Pläne zur „Energierevolution“ nur mit umfangreichen Subventionen und öffentlichen Investitionen zu bewerkstelligen ist, darüber scheinen sich die Grünen dem Grunde nach im Klaren zu sein.

Entsprechend werden solche Programme in den unterschiedlichsten Varianten in Aussicht gestellt. Deshalb soll es Fördermilliarden für Solardächer, den weiteren Ausbau der Windkraft, energetische Sanierungen von Häusern, Wärmepumpen, preiswerte öffentliche Verkehrsmittel, Bahnausbau, ein Gründungskapital für Neu-Unternehmer von bis zu maximal 25.000 Euro oder öffentliche Investitionen in Wohnbau und Gesundheitswesen geben.

Dafür soll auch die Schuldenbremse „zeitgemäß gestaltet“ werden: „Bei konsumtiven Ausgaben bleibt es bei den derzeitigen strikten Regelungen; bei Investitionen, die neues öffentliches Vermögen schaffen, erlauben wir eine begrenzte Kreditaufnahme.“

Forderungen nach Verboten werden einem Framing unterzogen

Die Forderung nach Verboten wird zum Ermöglichen neuer Wege umgeframet: Aus Produktionsverboten für Autos mit Verbrennungsmotoren wird eine „ansteigende nationale Quote für emissionsfreie Autos“, aus Fahrverboten werden „Möglichkeiten“ für Städte, „regulierend in den Autoverkehr einzugreifen und öffentlichen Raum neu aufzuteilen“.

Kurzstreckenflüge sollen immerhin durch den Bahnausbau nur „überflüssig gemacht“ werden, zudem sollen „umweltschädliche Subventionen im Flugverkehr abgebaut“ und „Finanzhilfen für unwirtschaftliche Regionalflughäfen beendet“ werden.

Ganz ohne explizite Verbote will die Partei aber auch nicht auskommen: Diese sollen etwa Glyphosat betreffen oder Nachtflüge.

Kritische EU-Mitgliedstaaten sollen leichter überstimmt werden können

Als starken Partner bezüglich der geplanten Umbau- und Umverteilungsprogramme, die von einer – die Rendite privater Altersvorsorgeverträge schmälernden – Finanztransaktionssteuer über eine Vermögenssteuer, einen Mindeststeuersatz oder einer Digitalkonzernsteuer bis hin zu einer nationalitätsbezogenen Besteuerung zur Vermeidung von Wohnsitzverlagerungen reicht, sieht man die EU.

Deren Gestaltungsmöglichkeiten will man durch die Stärkung von Mehrheitsentscheidungen erweitern, die dafür sorgen würden, dass kritische Mitgliedsländer wie Polen, Ungarn, Österreich oder Steueroasen wie Zypern oder Malta leicht überstimmt werden können.

Die Partei strebe an, dass „die EU ein Instrument für eine dauerhafte, eigene Fiskalpolitik erhält, dessen Einsatz im Krisenfall nicht durch einzelne Länder blockiert werden kann, sondern das den gemeinsamen europäischen Institutionen untersteht“. Der Europäische Stabilitätsmechanismus soll „zu einem europäischen Währungsfonds weiterentwickelt“ werden.

Föderale Europäische Republik“ als Zielvorstellung

Generell wolle man „die nächste Phase der europäischen Integration auf dem Weg zur Föderalen Europäischen Republik“ gestalten und dabei „Europa weiterbauen“.

Neben einer echten Gesetzgebungskompetenz auf der Basis des Mehrheitsprinzips im Europäischen Parlament und einer „aktiveren Rolle“ der EU „etwa für mehr Steuergerechtigkeit“ oder „mehr Verantwortung für Demokratie und Menschenrechte in der Welt“ strebt man auch die Schaffung einer „öffentlich-rechtlichen Medienplattform für Europa“ an.

Dass die Vorstellungen der Grünen zur EU der Entwicklung eines Bundesstaates entsprechen, der vom Bundesverfassungsgericht nicht mitgetragen wird, bleibt unerwähnt.

Politik als Träger eines umfassenden Erziehungsauftrages

Standesgemäß wollen die Grünen auch die Politik als proaktives Instrument zur Gestaltung und Erziehung der Gesellschaft verstanden wissen. Das umfasst Interventionen in das wirtschaftliche Geschehen selbst – etwa durch Frauenquoten in Unternehmen, einen höheren Mindestlohn oder den Ausbau des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu einem „echten Bundesantidiskriminierungsgesetz“.

Der Beschäftigung politisch nahestehender NGO-Aktivisten dienen dürften Forderungen nach einem „flächendeckenden Ausbau“ des „Netzes zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen“.

Zudem wolle man „die Forschung zu Diskriminierung und Rassismus ausbauen, insbesondere Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten erheben und unabhängige wissenschaftliche Studien in Bezug auf staatliche Institutionen durchführen“. Antirassismus, Antidiskriminierung und Postkolonialismus sollen ebenso „in Lehrplänen verankert“ werden wie „geschlechtliche Vielfalt und Diversität“ zum Schutz „queerer Jugendlicher“ vor Homo- und Transphobie.

Abtreibungen sollen zur Normalität werden

Es gibt immerhin auch Verbote, welche die Grünen abschaffen wollen, etwa jenes des Konsums von Cannabis oder das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche, zu dem es „gesicherten Zugang“ und „umfassende Information“ geben müsse.

Neben dem „Klimaschutz“ wollen die Grünen nämlich „Feminismus, Queerpolitik und Geschlechtergerechtigkeit in den Fokus“ rücken. Dazu gehöre auch eine „Entstigmatisierung und Entkriminalisierung von selbstbestimmten Abbrüchen“ sowie deren generelle Kostenübernahme. „Frauen, die sich für einen Abbruch entscheiden, und Ärzt*innen, die einen solchen ausführen“, müssten zudem etwa „durch die Einrichtung von Schutzzonen vor Anfeindungen und Gehsteigbelästigungen geschützt“ werden.

Focus sieht nichts, was „die bürgerliche Wählerschaft verschrecken“ könnte

Professor Tilman Mayer von der Universität Bonn sieht im Gespräch mit dem „Focus“ keine „großen Aufreger, die die bürgerliche Wählerschaft verschrecken könnten“. Er argwöhnt allenfalls, dass „eine gewisse Camouflage“ eine Rolle spiele – da sich das Programm so lese, „als ob die vielen Interventionen ohne Verbote arrangiert werden könnten“.

Mittelstand, Handwerk und Industrie müssten hingegen, so das Fazit des „Focus“, „keine Angst mehr vor den Grünen haben“. Immerhin knüpfte deren Politik nur an das an, was längst nationale und europäische Richtung sei.

 

 



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