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„Gesichert rechtsextremistisch“

Was bedeutet die neue Einstufung für die AfD?

In Umfragen ging es für die AfD zuletzt aufwärts. Wie sich die Neubewertung als „gesichert rechtsextremistisch“ für die Partei von Alice Weidel und Tino Chrupalla auswirken wird, bleibt abzuwarten.

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Auch die Reden, die beim Bundesparteitag der AfD in Riesa im vergangenen Januar gehalten wurden, flossen in die Neubewertung durch den Verfassungsschutz ein. (Archivfoto)

Foto: Sebastian Kahnert/dpa

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Lesedauer: 5 Min.

Die AfD wird vom Verfassungsschutz jetzt als rechtsextremistische Partei beobachtet. Was bedeutet das für die Zukunft der Partei und für ihre Mitglieder? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Auf welcher Grundlage fällt so eine Entscheidung?

Wie aus der Mitteilung des Bundesamtes hervorgeht, stützt sich der Verfassungsschutz in seiner Neubewertung der AfD vor allem auf Äußerungen und Positionen, bei denen es um die Verletzung der Menschenwürde geht – etwa durch die Abwertung von Muslimen oder pauschal verwendete Begriffe wie „Messermigranten“.

Muss die Partei mit einem Verbot rechnen?

Mit einem Parteiverbot hat die Beobachtung durch das BfV vordergründig nichts zu tun. Denn dieses kann nur von Bundestag, Bundesrat oder der Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden.

Was steht in dem Gutachten?

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat vor der Entscheidung ein rund 1.110 seitiges Gutachten zu der Partei erstellt. Das Gutachten ist nur für den internen Dienstgebrauch bestimmt. Es listet unter anderem Äußerungen auf, die der Verfassungsschutz als „fortlaufende Agitation“ gegen Flüchtlinge und Migranten wertet. Entsprechende Äußerungen von AfD-Politikern finden sich nicht nur in der internen Kommunikation, sondern auch in Reden und sozialen Medien.

Wer bekommt das Gutachten zu sehen?

Das Bundesinnenministerium hat es erhalten, außerdem die Verfassungsschützer in den Ländern. Eine Veröffentlichung des internen Arbeitspapiers, in das auch Erkenntnisse aus dem zurückliegenden Bundestagswahlkampf eingeflossen sind, ist nicht vorgesehen. Das Gutachten, das der Verfassungsschutz vor der Einstufung als „Verdachtsfall“ erstellt hatte, war allerdings von dem auf digitale Freiheitsrechte spezialisierten Online-Medium netzpolitik.org veröffentlicht worden.

Bald kein Geld mehr vom Staat?

Zwei Verbotsverfahren gegen die rechtsextremistische Partei NPD, die sich 2023 in „Die Heimat“ umbenannt hat, scheiterten: das erste Mal, im Jahr 2003, weil sich herausstellte, dass der NPD-Führungsriege mehrere Informanten des Verfassungsschutzes – sogenannte V-Leute – angehörten. Das zweite Mal, im Jahr 2017, urteilte das Bundesverfassungsgericht, die NPD sei zwar eindeutig verfassungsfeindlich, politisch aber mittlerweile bedeutungslos. Im Januar 2024 gab das Bundesverfassungsgericht allerdings einem Antrag von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung statt, der Partei „Die Heimat“ den Zugang zu weiteren staatlichen finanziellen Mitteln zu verwehren, durch den Ausschluss von der Parteienfinanzierung.
Seit einer Grundgesetzänderung von 2017 kann „Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“, die staatliche Finanzierung aus Steuergeldern gestrichen werden.

Wird das der AfD politisch schaden?

Das wird sich zeigen. In drei ostdeutschen Ländern – Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt – galt der jeweilige Landesverband bereits als gesichert rechtsextremistisch. Bei der zurückliegenden Bundestagswahl hat das der Partei dort nicht geschadet.
Die AfD hatte in Wahlumfragen in den vergangenen Wochen zugelegt und war an die Werte der CDU/CSU herangerückt, teils auch darüber hinaus. Im aktuellen ZDF-Politbarometer liegt die Union (27 Prozent) hingegen wieder mit deutlichem Abstand vor der AfD (23 Prozent).
Bei der Bundestagswahl am 23. Februar war die AfD mit 20,8 Prozent auf dem zweiten Platz gelandet.

Sollte das Gutachten nicht schon 2024 kommen?

Der frühere BfV-Präsident, Thomas Haldenwang, wollte das aktuelle Gutachten zur AfD eigentlich schon im vergangenen Jahr fertigstellen. Durch die vorgezogene Bundestagswahl und Haldenwangs Ausscheiden im Dezember änderte sich der Zeitplan jedoch. Derzeit führen die Vizepräsidenten Sinan Selen und Silke Willems den Inlandsdienst.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur erreichte das Dokument das Bundesinnenministerium am vergangenen Montag, als die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf Dienstreise in Österreich war.
Unter den Bundestagsabgeordneten der anderen Fraktionen hatte es in den vergangenen Tagen Diskussionen darüber gegeben, ob man Abgeordnete der AfD zu Ausschussvorsitzenden wählen solle oder nicht. Der designierte Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) hatte unlängst eine Debatte ausgelöst mit dem Vorschlag, mit der AfD bei organisatorischen Fragen im Bundestag so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien.

Was bedeutet die Entscheidung für einzelne AfD-Mitglieder?

Eine Mitgliedschaft in einer als rechtsextremistisch eingestuften Partei allein ist nicht ausreichend für dienstrechtliche Konsequenzen bei Beamten, sondern der Einzelfall wird betrachtet. Das Gleiche gilt für den Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis bei Jägern und Schützen. (dpa/red)

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