Wegweisendes Urteil zur Abhörpraxis des Bundesnachrichtendiensts

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BND-ZentraleFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times18. Mai 2020

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet mit einem womöglich wegweisenden Urteil darüber, ob es dem Bundesnachrichtendienst (BND) Grenzen für seine Abhörpraxis im Ausland setzt. Am Dienstag verkündet das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe seine Entscheidung zur heiklen Frage, inwieweit die Überwachung der Kommunikation von Ausländern im Ausland mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Gegen das 2017 in Kraft getretene BND-Gesetz klagten mehrere ausländische Journalisten.

Gegen die Neuregelungen legten unter anderem die Trägerin des Alternativen Nobelpreises, die Aserbaidschanerin Khadija Ismajilova, und auch die Organisation Reporter ohne Grenzen Verfassungsbeschwerden ein, unterstützt werden sie von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Sie wenden sich gegen die sogenannte strategische Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung, also die Überwachung etwa des E-Mailverkehrs von Ausländern im Ausland.

Die Kläger machen eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses und der Pressefreiheit geltend. Aus ihrer Sicht handelt es sich dabei um Menschenrechte, die auch für Ausländer im Ausland gelten. Eine der spannenden Frage des Verfahrens ist daher: Können sich Ausländer im Ausland auf das deutsche Grundgesetz berufen?

Die Journalisten sehen durch die Regelungen ihre Arbeits- und Recherchemöglichkeiten gefährdet. Sie befürchten unter anderem, dass sich Informanten aus Angst vor Überwachung nicht mehr mit sensiblen Themen an Reporter wenden.

Vor der Urteilsverkündung machte die Geschäftsführerin der Deutschen Journalistenunion, Cornelia Berger, deutlich, warum sie gerade in der Corona-Krise auf einen Erfolg in Karlsruhe hofft: Die Pressefreiheit stehe weltweit unter Druck, die Krise habe die Entwicklungen „dramatisch beschleunigt und verschärft“. Es wäre „umso fataler, wenn dem Bundesnachrichtendienst erlaubt würde, Journalisten im Ausland sowie ihre Quellen ohne konkreten Anlass oder Verdacht zu überwachen“.

Der Vorsitzende der Gesellschaft für Freiheitsrechte, Ulf Buermeyer, zeigte sich wenige Tage vor dem Urteil optimistisch: „Wir erwarten ein Grundsatzurteil, das das Telekommunikationsgeheimnis erheblich stärken kann – und mit ihm den internationalen Menschenrechtsschutz sowie die Pressefreiheit im digitalen Zeitalter.“

Die Bundesregierung verteidigte dagegen bei der mündlichen Verhandlung im Januar die Regelungen zur Abhörpraxis des Auslandsgeheimdiensts. Der BND leiste eine „wichtige Arbeit“ für die Sicherheit, die gut kontrolliert werde, sagte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU). Das Gesetz enthalte „umfassende Schutz- und Kontrollmaßnahmen“ und suche international seinesgleichen.

Die Bundesrepublik brauche ein „objektives Lagebild“ bei internationalen Konflikten, mahnte Braun. Die Arbeit des Nachrichtendiensts habe zudem dazu beigetragen, Anschläge auf Bundeswehrsoldaten im Ausland zu verhindern. BND-Chef Bruno Kahl nannte die angegriffenen Befugnisse im Januar einen „unverzichtbaren Bestandteil“ für die Arbeit seiner Behörde.

Vier Monate später wird der am Freitag zum neuen Präsidenten des Verfassungsgerichts gewählte Senatsvorsitzende Stephan Harbarth nun die Entscheidung verkünden. Die acht Richter des Senats mussten unter anderem Antworten darauf finden, wie der BND agieren darf, was für die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten gilt und ob die Arbeit ausreichend kontrolliert wird.

Wie komplex und kompliziert eine Kontrolle ist, zeigten vom Magazin „Spiegel“ und vom Bayerischen Rundfunk veröffentlichte Zahlen. Der BND ist demnach technisch in der Lage, täglich bis zu 1,2 Billionen Verbindungen allein am größten Internetknoten der Welt auszuleiten, dem De-Cix in Frankfurt am Main. Über den Knoten läuft auch viel Kommunikation aus dem Ausland.

Interne Dienstvorschriften zeigten, wie durch mehrstufige Filtersysteme und Regeln sichergestellt werden solle, dass der Geheimdienst am Ende nur jene Daten speichere, die er laut Gesetz bei der „strategischen Fernmeldeaufklärung“ sammeln darf. Ob das ausreicht, entscheidet sich am Dienstag in Karlsruhe. (afp)



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