„Welt“-Chefredakteur Poschardt: CDU sollte Kanzlerfrage klären und Zeitgeistsurfen beenden

Eine verklausulierte Forderung an die CDU, Kanzlerin Angela Merkel zum vorzeitigen Räumen des Kanzleramtes zu drängen, richtet „Welt“-Chefredakteur Ulf Poschardt. Die Partei brauche dringend einen Neuanfang. Ein rot-rot-grünes Experiment könne das Land nicht verkraften – die Kanzlerfrage.
Annegret Kramp-Karrenbauer trat am 10. Februar 2020 in Berlin zurück. Die Kanzlerfrage steht wieder im Raum.
Annegret Kramp-Karrenbauer trat am 10. Februar 2020 in Berlin zurück.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 10. Februar 2020

In einem Kommentar hat sich der Chefredakteur der „Welt“, Ulf Poschardt, zur Situation in der CDU und der Kanzlerfrage geäußert. Am Montagvormittag (10.2.) hatte die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer angekündigt, nicht als Kanzlerkandidatin zur Verfügung zu stehen. Außerdem werde sie zeitnah den Parteivorsitz zurücklegen.

Poschardt fordert die CDU in dieser Lage dazu auf, klare Verhältnisse zu schaffen. Parteivorsitz und Kanzleramt zu trennen habe sich als Irrweg erwiesen, beide sollten in einer Hand vereint werden – und damit meint der Chefredakteur nicht, dass Angela Merkel an die Parteispitze zurückkehren sollte.

Vielmehr brauche die Partei einen mutigen Neuanfang und müsse „ihren moralischen Kompass wieder einstellen“.

Sektierertum wie auf der Linken

Die Ära Merkels, die sämtliche Widersacher eliminiert habe und keinerlei Sympathien mehr für die eigene Partei zeige, habe die Partei nicht an ihren Rändern bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Es habe vielmehr ein Sektierertum in die CDU Einkehr gehalten, der die Republik Wohlstand, Stabilität und Modernität verdanke, das man sonst nur von der Linken kenne.

Eigentlich wäre es für Union und FDP die beste Option, sich in der Opposition zu regenerieren, zumal eine grüne Kanzlerschaft in Anbetracht des Linkskurses der SPD und des Selbstzerstörungskurses der Bürgerlichen immer wahrscheinlicher werde.

Das Land könne sich jedoch ein linkes Regierungsexperiment nicht leisten:

Eine grün-rot-rote Regierung würde dieses Land schnell an die Wand fahren. Für die Verantwortungs- und Leistungseliten wären Steuererhöhungen, Enteignungen, Regulierung und Öko-Umerziehung der Preis, den sie dafür bezahlen müssten, dass es die Bürgerlichen gerade nicht hinbekommen.“

Deshalb sollte sich die CDU jetzt als „harmonisch vielstimmige Sammlungsbewegung von christlich-sozialen Arbeitnehmern bis hin zu radikalen Freunden der Marktwirtschaft“ aufstellen.

Die Kanzlerfrage: AKK unter ihrem Wert geschlagen

Sowohl Friedrich Merz als auch Armin Laschet stünden als natürlich Nachfolger bereit, allerdings wäre auch Jens Spahn ein potenzieller Kandidat, der einen Aufbruch symbolisieren könnte.

Dabei müsse die Union aber auch konsequent an einer Absage an linke und rechte Ränder festhalten. Zudem dürfe sie nicht mehr den Eindruck erwecken, eine Partei des Zeitgeists und der Beliebigkeit zu sein:

Ob Soli-Abschaffung oder Rente mit 63, ob Energiewende oder nun Kohleausstieg. Die Union ist nicht mehr ein Fels des gesunden Menschenverstandes in einer populistischen Brandung, sondern zur Partei schamlosen Zeitgeistsurfens verkümmert. Will sie das Land führen, muss sie diesen Eindruck schnell ändern.“

Kramp-Karrenbauer, so meint Poschardt, sei unter ihrem Wert geschlagen worden. Sie repräsentierte „eine aufgeklärte Provinzialität, mit der die Union in Gestalt von Staatsmännern wie Konrad Adenauer und Helmut Kohl stets gut gefahren ist“.

Sie sei zwar mutig gewesen, aber ihr Poker sei nicht geglückt – zumal die Umfragewerte immer schlechter wurden.

Die CDU, so Poschardt, müsse sich schnell besinnen – und dazu gehöre auch eine verbindliche Entscheidung über die Person des künftigen Kanzlerkandidaten.



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