„Wichtige Themen in einem Malbuch vergeigt“: AfD-Fraktion NRW nach Satire in der Kritik

Türkische Hochzeitsgesellschaften, Pistolen, Messer und Knochen im Haar: Ein „Malbuch für Erwachsene“, das die AfD-Landtagsfraktion NRW in Auftrag gegeben hat, sorgt innerhalb und außerhalb der Partei für Kritik. Die Fraktion beruft sich auf Freiheit der Satire.
Titelbild
Ein Mikrofon steht vor dem Bundesparteitag der Alternative für Deutschland vor einem AfD-Logo.Foto: Sina Schuldt/dpa/dpa
Von 20. Februar 2020

Die AfD-Fraktion im Landtag von NRW sieht sich auf den Spuren Charlie Hebdos, Jan Böhmermanns, Oliver Welkes und des WDR-Kinderchors: Am Montagabend (17.2.) präsentierte sie, wie „Bild“ berichtet, bei ihrem Bürgerdialog im Krefelder Seidenweberhaus unter anderem ein Malbuch. Darin werden im Wege der Satire Szenen dargestellt, die angeblich typisch für das Bundesland wären, in dem im Herbst Kommunalparlamente gewählt werden.

Wie Fraktionschef Martin Wagner erklärt, handele es sich um einen „Kunstband mit satirischen Skizzen zur Lage des Landes“, der angelehnt sei an ein „Malbuch für Erwachsene“. Glaubt man den Darstellungen der „Bild“, sparte Wagner nicht an Selbstlob bezüglich des Werks, das die Fraktion den Bürgern präsentiert hatte:

Da haben wir wieder einen Treffer gelandet. Kunst muss nicht nur von links kommen.“

Malbuch nimmt auf Vorfälle des Vorjahres in NRW Bezug

Die Publikation enthält Skizzen zum Ausmalen. Darunter befindet sich unter anderem ein Blatt, das offenbar eine türkische Hochzeitsgesellschaft zeigen soll. Unvorteilhaft dargestellte Teilnehmer werden ins Bild gesetzt, wie sie offenbar mit Schusswaffen hantieren. Weiters werden Verkehrsregeln missachtet, eine vollverschleierte Frau wedelt mit Fahnen und ein Lenker überfährt eine Katze. Das Bild soll offenbar auf reale Vorfälle anspielen, die sich im Vorjahr auf den Straßen von NRW zugetragen hatten und in die türkische Hochzeitsgesellschaften involviert waren.

Ein anderes Bild nimmt augenscheinlich Bezug auf Berichte aus dem Sommer des Vorjahres, wonach sich im Düsseldorfer Rheinbad und weiteren Bädern Fälle von Schlägereien, Bedrohungen oder sexueller Belästigung ereignet hätten, in die Migranten involviert gewesen sein sollen. Einige Freibäder hätten, hieß es damals, infolge der prekären Sicherheitslage sogar temporär geschlossen.

Darstellung von Afrikanern „ordinär und dumm“

Im AfD-Malbuch wird das Thema dergestalt aufgearbeitet, dass unter der Überschrift „Wir baden das aus“ Vollverschleierte, eine Hand, die ein Messer hält, und Personen mit Knochen im Haar gezeigt werden, die Bikini-Oberteile in der Hand halten.

Diese Art der Darstellung halten Kritiker jedoch nicht mehr für künstlerisch wertvoll, sondern für übergriffig. Gegenüber „Bild“ sprach der Leiter der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte, Dr. Bastian Fleermann, von „sehr fremdenfeindlichen Bildern“. Diese bedienten rassistische Klischees und seien „sehr stigmatisierend“. Insbesondere Afrikaner mit Knochen in den Haaren darzustellen sei „ordinär und dumm“.

Offenbar hat es in dieser Sache auch bereits Anzeigen gegeben, der Staatsschutz ermittle einer Polizeisprecherin zufolge wegen Volksverhetzung, auch die Staatsanwaltschaft wolle die Angelegenheit prüfen. Fraktionschef Wagner sprach in diesem Zusammenhang von einem „Angriff auf die Kunst- und Satirefreiheit“. Dem Deutsch-Türkischen Journal (dtj) zufolge kündigte Wagner an, die Auflage nun sogar noch zu erhöhen:

„Wenn Antifa-Extremisten die Kunstfreiheit angreifen, kann es nur eine Antwort geben: Wir erhöhen die Auflage!“

Satire darf alles – aber muss die AfD alles tun, was sie darf?

Mirjam Lübke, selbst Satireautorin aus NRW und Aktivistin der „Generation Björn“, einer Unterstützergruppe für den thüringischen AfD-Fraktionschef Björn Höcke, deutet hingegen auf Facebook an, dass die Publikation wieder zurückgezogen worden sei.

Die Autorin hält diesen Schritt auch für angebracht und kritisiert die Art und Weise, wie die Themen in dem Buch umgesetzt worden seien. „Um es mal frei nach Björn Höcke zu sagen: Hier wurden wichtige Themen in einem Malbuch vergeigt.“

Die Fraktion hätte sich im Vorfeld überlegen sollen, ob sie provozieren oder aufklären wolle. Im letztgenannten Fall wäre Zurückhaltung die bessere Alternative gewesen. Die AfD-Fraktion habe sich damit ohne Not selbst geschadet:

„So ein Büchlein entsteht nicht eben einmal spontan. Das geht bis zur Drucklegung durch mehrere Hände. Da ist Zeit zum Nachdenken. Auch darüber, wann tatsächlich eine Grenze überschritten wird. Denn – auch das wissen wir mittlerweile – wenn es einmal in der Welt ist, läuft sich so etwas warm.“



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