Wie weiter in Mali? Lambrecht auf schwieriger Afrika-Mission

Über die Zukunft der Bundeswehreinsätze in Westafrika muss nun schnell entschieden werden. Es hat sich ein Berg an Problemen angehäuft. Die Verteidigungsministerin informiert sich im Land.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht ist auf schwieriger Afrika-Mission.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht.Foto: Seth Wenig/AP/dpa
Epoch Times9. April 2022

Nun auch noch Westafrika: Im Schatten des Ukraine-Kriegs ist Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am Freitag in Mali gelandet, um die dringend anstehende Entscheidung über die Zukunft der deutschen Militäreinsätze dort vorzubereiten.

Rund 1100 Männer und Frauen aus Deutschland sind als Blauhelme der UN-Mission Minusma im Einsatz, etwa 320 weitere Soldaten als Teil der EU-Ausbildungsmission EUTM, um die es gleich am ersten Tag der Reise geht. Das aktuelle Mandat für diesen deutschen Einsatz gilt noch bis zum 31. Mai. Eine Fortsetzung kann sich Lambrecht – nach mehreren Militärputschen in Mali und dem Einsatz russischer Söldner – „nicht vorstellen“, wie sie schon gesagt hat.

Berichte über ein Massaker malischer Soldaten mit Beteiligung russischer Söldner des Unternehmens Wagner an Zivilisten lassen Zweifel eher noch wachsen. Die malische Armee hat nach eigenen Angaben bei einem Großeinsatz gegen Terroristen 203 Menschen getötet und 51 festgenommen. Berichte in sozialen Medien, wonach auch viele Zivilisten unter den Toten seien, wurden als „verleumderische Spekulationen“ bezeichnet.

Welche Folgen hat ein mögliches Ende der Einsätze?

Der EU-Partner Frankreich ist in Mali auf dem Rückzug; die Russen sind auf dem Vormarsch. Deutschland muss aber abwägen, welche Folgen ein mögliches Ende der Einsätze für die von Instabilität geprägte Sahelregion hätte. Andere Mächte wie China, die Türkei und vor allem Russland könnten in dieses Vakuum stoßen. Schon jetzt buhlen sie mit riesigen Investitionen, Waffenlieferungen und Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich um Einfluss in Mali. Auch für die EU ist Afrika mit seinen 55 Ländern und rund 1,3 Milliarden Einwohnern von strategisch großer Bedeutung.

Die Sicherheitslage in der gesamten Sahelzone, die sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer erstreckt, ist prekär. Etliche bewaffnete Gruppen sind dort aktiv. Einige haben den Terrorgruppen Islamischer Staat (IS) oder Al-Kaida die Treue geschworen. Mali steht dabei im Zentrum der Terrorismusbekämpfung in Westafrika. Die Instabilität der Region hat unter anderem auch einen direkten Einfluss auf die Migration Richtung Europa.

Drei Militärputsche hat Mali seit 2012 erlebt. Seit dem bisher letzten Umsturz im vergangenen Mai wird das Land von einer militärischen Übergangsregierung geführt. Die frühere Kolonialmacht Frankreich war in der Region bislang mit Tausenden Militärs im Anti-Terror-Kampf aktiv.

UN-Mission geht wahrscheinlich weiter

Bei der Entscheidung im Mai ist eine Fortführung der UN-Mission Minusma wahrscheinlich, während die EU-Ausbildungsmission EUTM beendet oder auf Eis gelegt werden könnte. Ein Grund: Die von Deutschland und anderen EU-Partnern ausgebildeten Soldaten ziehen zusammen mit russischen Militärs in den Kampf. Zugleich sind Forderungen an die Militärführung, eine schnelle Rückkehr zur Demokratie einzuleiten, unbeachtet geblieben. Wahlen in erst fünf Jahren, wie von der Junta verkündet, hält Deutschland für inakzeptabel.

Doch je mehr der Westen auf eine Rückkehr zur Demokratie dränge, desto mehr spiele er Russland in die Hände, warnen Analysten des Zentrums für strategische und internationale Studien (CSIS) in Washington DC. Die Militärjunta um Interimspräsident Assimi Goïta hat enge Verbindungen zu Russland: zahlreiche der Putschisten sind dort militärisch ausgebildet worden – einige Minister der Übergangsregierung studierten in Moskau.

Söldner der Wagner-Gruppe sind nach Angaben des CSIS dabei, sich in Mali fest zu verankern. Wagner bildet in dem Krisenstaat Berichten zufolge lokale Streitkräfte aus und versorgt hochrangige malische Beamte mit Sicherheitsdiensten. Die Söldner-Gruppe ist dafür bekannt, gezielt politisch instabile aber an Bodenschätzen reiche Länder ins Visier zu nehmen – darunter Libyen, Sudan, die Zentralafrikanische Republik, Madagaskar und Mosambik, so das CSIS.

Rund 400 Söldner sollen laut CSIS bereits in Mali stationiert sein – vor allem in der Hauptstadt Bamako, sowie in der vor kurzem von den Franzosen verlassenen Wüstenstadt Timbuktu im Zentrum des Landes. Berichten französischer Medien zufolge seien die Söldner Anfang des Jahres aus Libyen eingetroffen, wo sie zuvor im Einsatz gewesen seien. Der genaue Umfang und die Art der Aktivitäten der Wagner-Gruppe in Mali bleiben jedoch unklar.

In vergangenen Jahren hat sich Russland nach Angaben des Friedensforschungsinstituts SIPRI zum größten Waffenexporteur nach Afrika gemausert und beliefert Mali mit AK-47-Sturmgewehren, Kampfhubschraubern und Panzern. Gezahlt wird mit finanziellen Zugeständnisse und Bergbaukonzessionen, durch die Russland seinen Einfluss auf dem Kontinent ausdehne, so SIPRI.

Allerdings könnte der Krieg in der Ukraine Russlands Mali-Strategie auch verändern. Gut möglich sei, dass Wagner seine Ressourcen kurzfristig in Richtung Osteuropa verlagern müsse, meint Raphael Parens vom Foreign Policy Research Institute. Dann könnte der russische Einsatz in Mali wesentlich schneller beendet sein als von malischen Militärregierung erhofft und von Deutschland befürchtet. (dpa/red)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion