Zeit für „Hartz-Wende“ – Berlins Bürgermeister plädiert für Abschaffung von Hartz IV

Seit nun fast 15 Jahren kaut die Bundesregierung an der "Vervollkommnung" von Harz-IV. Berlins Bürgermeister Michael Müller, ist der Meinung: “Schluss mit Hartz IV!“
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Hinweisschild für Hartz-IV-Bezieher beim Jobcenter.Foto: Oliver Berg/dpa
Epoch Times19. März 2018

Fast 15 Jahre ist es her, dass Gerhard Schröder (SPD) die Agenda 2010 gegen die Arbeitslosigkeit ins Leben rief. Der wichtigste Teil seiner weitreichenden Sozialstaatsmodernisierung waren die Hartz-Reformen, mit denen der damalige Bundeskanzler den Arbeitsmarkt reformiert und die „Arbeitslosenhilfe auf das Niveau der Sozialhilfe absenkte.“

Seit der Zeit stellt Hartz IV ein Synonym für den sozialen Abbau dar. Nun hat sich Frau Merkel für ihre vierte Amtsperiode, die „Vollbeschäftigung“ als Ziel gesetzt.

Nachdem der neue Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit seiner Aussage „Hartz IV bedeutet nicht Armut, sondern ist die Antwort unserer Solidargemeinschaft auf Armut“ eine neue Diskussion ausgelöst hatte – meldete sich nun auch Berlins amtierender Bürgermeister und Bundesratspräsident, Michael Müller (SPD), zu Wort.

„Schluss mit Hartz IV!“

Seine Forderung lautet: “Schluss mit Hartz IV!“ In einem Interview mit der „Berliner Morgenpost“ sagte Müller, dass es auch 15 Jahre danach noch keine gesellschaftliche Akzeptanz für Hartz IV gebe. Diese brauche man aber in Zeiten des Umbruchs.

Deshalb schlägt er ein solidarisches Grundeinkommen vor. Bei diesem Modell gäbe es normalen Lohn, es würden Sozialabgaben geleistet und man könne Rentenansprüche erwerben.

Dabei soll es um Tätigkeiten, wie „Schulhausmeister, Schulsekretärin, Begleiter in Bus und Bahn, Nachmittagsbetreuung für Kinder und Jugendliche“ gehen. Weiter sagt er:

„Wir orientieren uns am Mindestlohn. Da landet man als Single in Vollzeit bei etwa 1500 Euro brutto oder 1200 Euro netto. Wenn man Kinder hat, kommt noch das Kindergeld dazu“, so die „Berliner Morgenpost“.

Auch bestünde kein Zwang zur Arbeitsaufnahme, wenn der angebotene Job nicht passt. Es würde weitere Angebote geben und wer eine „Arbeit nicht aufnehmen will oder kann, bekommt auch weiterhin die Sozialleistungen, die wir kennen. Mir geht es um einen Schritt nach vorne“, so der Bürgermeister zur „Berliner Morgenpost“.

Wer mehr verdient – hat weniger raus

Auch der der Sozialexperte des Ifo -Instituts, Andreas Peichl, sagt zu Welt:

Ohne eine neue Arbeitsmarktreform werden wir das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit nicht beseitigen.“

Denn für viele Harz-IV-Empfänger lohnt es sich oft nicht, einen Job zu suchen oder bei einer Teilzeitbeschäftigung die Stundenzahl aufstocken. Das führe zu einem höheren Bruttoverdienst, aber das tatsächliche Einkommen dann – absurderweise – zu einem geringeren Nettoverdienst, so eine Info-Studie. Das berichtet die Welt.

Das Beispiel einer alleinerziehenden Mutter macht dies deutlich

Wenn eine Alleinerziehende mit zwei Kindern in die Einkommenszone zwischen 1700 Euro und 2350 Euro im Monat gerät, dann kann das dazu führen, dass jeder zusätzlich verdiente Euro unter dem Strich einen finanziellen Verlust für sie bedeutet. Und so hat die Alleinerziehende bei einem Bruttoeinkommen von 1700 Euro tatsächlich mehr Geld übrig, als eine ebenfalls dreiköpfige Einelternfamilie, die brutto auf 2500 Euro kommt, so die Welt.

Natürlich führt eine solche Bestrafung von Arbeit zu Ausweichreaktionen: Die Betroffenen werden ihre Arbeit reduzieren, um nicht über die Schwelle von 1700 Euro zu kommen“, sagt Peichl weiter.

Damit würde erhebliches Potenzial an Arbeitskraft verschenkt und die damit verbundenen sozialen Folgen seien erheblich. Alleinerziehende blieben oft dauerhaft in der „Sozialleistungsfalle“ stecken und rund 40 Prozent der Einelternfamilien hierzulande leben bereits von Hartz IV, so die Welt.

„Viele, die länger in Hartz IV sind, die kommen nicht mehr raus.“

Sahra Wagenknecht (Die Linke) sagt in einem Interview mit der Welt: „Viele, die länger in Hartz IV sind, die kommen nicht mehr raus. Und da muss deutlich mehr getan werden.“ Weiter sagt sie, „Wir finanzieren Maßnahmen, die sind völlig unsinnig, da wird nur Geld raugeschmissen, statt die Leute wirklich zu qualifizieren.“ (vm)

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