Zusammenfassung des Tages zur AfD – Politologe Arzheimer: Prüfung könnte Wähler abschrecken

Für den Mainzer Politikwissenschaftler Arzheimer kann die Prüfung der AfD durch den Verfassungsschutz Wählerstimmen kosten. Eine Zusammenfassung der aktuellen Meldungen über die AfD.
Titelbild
Die AfD-Fraktionschefs Alexander Gauland und Alice Weidel bei einem Gespräch Mitte Oktober im Bundestag.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Epoch Times15. Januar 2019

Nach Einschätzung des Mainzer Politikwissenschaftlers Kai Arzheimer könnte die AfD nach der Entscheidung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), die Partei genauer unter die Lupe zu nehmen, in der Wählergunst geschwächt werden.

„Wenn als Ergebnis der Prüfung die Partei als Ganzes unter Beobachtung gestellt und im Verfassungsschutzbericht erwähnt werden sollte, wird das etliche Wähler, die sich selbst nicht als Rechtsextremisten sehen, abschrecken“, sagte Arzheimer dem „Handelsblatt“.

Aktuell bestehe der „große Vorteil“ der AfD gegenüber der NPD und anderen Parteien am rechten Rand darin, „dass sie gerade nicht mit dem Makel der Verfassungsfeindlichkeit behaftet war“.

Arzheimer rechnet zudem nicht damit, dass der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke nun seine Position in der Partei festigen könne. Hintergrund ist, dass der Verfassungsschutz die AfD-Sammlungsbewegung „Der Flügel“ um Höcke ebenfalls stärker ins Visier nehmen will und die Bundesparteispitze sich womöglich deshalb schützend vor ihn stelle.

An eine Stärkung Höckes glaube er nicht, sagte Arzheimer. „Die Parteiführung hat sich in den letzten Monaten intensiv darum bemüht, eine Beobachtung zu vermeiden und proaktiv einige Landesverbände der Jungen Alternative aufgelöst“, so der Politikwissenschaftler weiter.

„Wenn es darauf hinauslaufen sollte, dass lediglich Höcke und seine Anhänger beobachtet werden, würde die Parteiführung sehr schnell von ihm Abrücken, und es könnte zu einer Spaltung der Partei kommen“, so Arzheimer.

Juristische Schritte angekündigt – Gauland hält die Argumente nicht für tragfähig

Der Verfassungsschutz nimmt die AfD erklärt die Partei als Ganzes zum Prüffall, sieht aber die Schwelle zu einer Beobachtung mit V-Leuten und Telefonüberwachung noch nicht erreicht. Noch genauer hinschauen will der Inlandsgeheimdienst beim rechtsnationalen „Flügel“ und der Nachwuchsorganisation Junge Alternative, die zum Verdachtsfall erklärt wurden, wie der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, in Berlin erläuterte.

Die AfD will juristisch gegen die Neubewertung als Prüffall vorgehen. Er halte die Argumente für nicht tragfähig, sagte Parteichef Alexander Gauland.

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel beklagte eine Verzerrung des politischen Wettbewerbs durch die Ankündigung Haldenwangs. Dass die AfD weiterhin nur geprüft wird, zeigt aus ihrer Sicht, dass der Verfassungsschutz „überhaupt gar nichts“ gegen die Partei in der Hand habe.

Verfassungsschutzpräsident Haldenwang

Es gebe erste Anhaltspunkte dafür, dass sich die Politik der AfD gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richte, begründete Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang die Entscheidung am Dienstag.

Grundlage der Einstufung waren nach den Worten Haldenwangs vor allem Äußerungen von AfD-Politikern und weniger das Programm der Partei. Dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) fielen besonders Aussagen auf, die „mit der Garantie der Menschenwürde unvereinbar waren“.

Das Fazit der Prüfung: „Dem BfV liegen erste tatsächliche Anhaltspunkte für eine gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtete Politik der AfD vor“, berichtete Haldenwang. Die Verfassungsschützer nehmen die gesamte AfD somit stärker unter die Lupe – eine Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Mitteln wie dem Anwerben von V-Leuten gibt es bei einem Prüffall jedoch nicht.

Für den Verfassungsschutz gelten die AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative und die Vereinigung Der Flügel um den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke als „extremistische Bestrebungen“ und werden somit zu Verdachtsfällen erklärt. Dies ermöglicht auch nachrichtendienstliche Mittel wie eine Observation oder die Kooperation mit V-Leuten.

Reaktion anderer Parteien

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hat die Entscheidung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) begrüßt, die AfD als „Prüffall“ einzustufen. „Ich finde es dringend erforderlich, dass der Verfassungsschutz die Aktivitäten der AfD genau beobachtet“, sagte Klingbeil den Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“. „Weite Teile der AfD vertreten offen völkisch-nationalistisches Gedankengut. Immer wieder kommt es auch zur Verharmlosung rechtsextremer Gewalttaten“, so der SPD-Generalsekretär weiter. Die Entscheidung des Verfassungsschutzes, dies zu prüfen, sei „richtig“.

Vertreter von Union, SPD, Grünen und FDP begrüßten die Entscheidung des Verfassungsschutzes. Als „überflüssig“ bezeichnete hingegen die Linke die Prüfung der AfD. Diese sei „ganz klar eine in weiten Teilen völkisch-rassistische Partei“, sagte die Linken-Politikerin Ulla Jelpke.

Teile der AfD seien ein Fall für den Verfassungsschutz, erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). „Mit einer Beobachtung sind die Probleme aber nicht gelöst“, es müsse vor allem eine sachliche und politische Auseinandersetzung mit der Partei geben.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte die BfV-Ankündigung als „Schritt in die richtige Richtung“. Wenn sich der Verdacht auf Verfassungsfeindlichkeit erhärte, müsse die AfD dann auch unter Beobachtung gestellt werden, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster. Dabei dürfe es „keine falsche Scheu oder Blindheit auf dem rechten Auge“ geben.

Parlamentarier dürfen nicht beobachtet werden

Grundsätzlich können auch Parlamentarier ins Visier genommen werden. Doch das Grundgesetz legt dafür enge Grenzen fest. Tabu für die Verfassungsschützer sind somit die Aktivitäten innerhalb des Parlaments. Wenn aber ein Abgeordneter etwa bei der JA oder dem Flügel auftritt, kann er durchaus zum Beobachtungsobjekt werden.

Der Verfassungsschutz registriert durchaus, dass die Parteispitze versucht, sich von bestimmten Vertretern zu lösen und einer Beobachtung zu entgehen.

Landesämter müssen nicht unbedingt mitmachen

Die Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern können den gesetzlichen Bestimmungen zufolge Nachrichten und Unterlagen über Bestrebungen sammeln, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Zu dieser gehören etwa die Achtung der Menschenrechte, die Gewaltenteilung, das Mehrparteienprinzip sowie das Handeln der Verwaltungen nach Recht und Gesetz.

Auch eine „ungesetzliche Beeinträchtigung“ der Amtsführung der Verfassungsorgane von Bund und Ländern oder sicherheitsgefährdende Aktivitäten können eine Beobachtung rechtfertigen. (dts/dpa/afp/ks)



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