Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Moral – Wo sind sie geblieben, die sprichwörtlichen deutschen Tugenden

Anstand, Moral, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit – das sind altmodische Begriffe, die bei unseren Polit- und Wirtschaftseliten keine Bedeutung mehr zu haben scheinen, meint Hubert von Brunn.
Titelbild
Der Plenarsaal im Reichstagsgebäude.Foto: Paul Zinken/dpa
Von 11. Februar 2018

Was für eine Schmierenkomödie – ehrlich gesagt bin ich eher geneigt zu sagen: Affentheater, das die Berliner Laienspieltruppe, in der jeder eine Hauptrolle spielen will, uns, dem Wahlvolk, seit Wochen und Monaten vorspielt!

Dabei verblüffen uns mache Akteure in der Manege durchaus auch mit akrobatischen Kabinettstückchen: Mit verbundenen Augen durch Minenfelder stapfen; mit dem Kopf durch die Wand, damit der Hintern am Sessel hängen bleibt; Menschen, die gerade noch klar erkennbar waren, per Fingerschnipp verschwinden lassen; und als grandioser Höhepunkt der doppelte Salto rückwärts mit eingesprungenem Dreifach-Axel. Das muss man erst mal hinkriegen.

In ihren Sonntagsreden werden Politiker – jedweder Couleur – nicht müde, die moralische Verantwortung und die Last der Vorbildfunktion, die ihr ohnehin schon schweres Amt mit sich bringt, wortreich hervorzuheben.

Glauben die ihr verlogenes Geschwätzt eigentlich wirklich selber? Falls dem so sein sollte, dann ist deren Realitätsverlust bereits so weit fortgeschritten, dass man notgedrungen einen pathologischen Defekt konstatieren muss: Pseudologie.

Ein normaler Bürger, der deutschen Sprache mächtig und mit einigermaßen gesundem Menschenverstand ausgestattet, hat inzwischen nämlich jeden Glauben daran verloren, dass die wild gewordene Herde ihre seltsamen Spiele ausschließlich zum Wohle und im Interesse derer veranstaltet, die sie einmal gewählt haben in der Hoffnung, die Vorstellungen in der Manege könnten ihnen gut tun.

Das ist vorbei! Hier sind nur noch Egomanen am Werk, die vom Volk weiter entfernt sind als die Erde vom Mond und es gibt keinen Dompteur, der Ordnung in das Durcheinander bringen könnte.

Wo sind sie geblieben, die sprichwörtlichen „deutschen Tugenden“?

Früher, ich erinnere mich dunkel, wurden im Ausland oft und gern die „deutschen Tugenden“ gerühmt: zuverlässig, pünktlich, vertrauenswürdig, ehrlich, fleißig, integer… waren einige der Attribute, die den Deutschen grundsätzlich zugebilligt wurden.

Auf meinen vielen Reisen als junger Mann ist mir das sehr oft und überall auf der Welt begegnet und ich gebe zu, ich war sogar ein wenig stolz darauf, diesem Volk anzugehören, das sich in vergleichsweise kurzer Zeit nach dem Desaster des Zweiten Weltkriegs wieder einen derart guten Ruf erworben hatte.

Heute bin ich froh, dass ich nicht mehr reisen muss. Es wäre mir peinlich, mich als Deutscher zu erkennen zu geben, denn all die genannten positiven Eigenschaften mögen zwar immer noch auf die Mehrheit der Bevölkerung zutreffen, ganz bestimmt aber nicht auf unsere Polit- und Wirtschaftseliten.

Begriffe wie Anstand und Moral kommen in diesen Kreisen nicht mehr vor. Jeder ist sich selbst der Nächste, nur noch auf seinen eigenen Vorteil bedacht und gierig, ein möglichst großes Stück vom Kuchen abzubekommen.

Martin Schulz hat es in weniger als einem Jahr geschafft, die schon heftig angeschlagene ehemalige Volkspartei SPD mit seinem unüberlegten Schießen aus der Hüfte und seinen multiplen Kehrtwenden von ehedem markig vorgetragenen Statements um viele Prozentpunkte herunterzufahren in die relative Bedeutungslosigkeit einer Splitterpartei.

Wie Schulz den noch geschäftsführenden Außenminister Sigmar Gabriel zugunsten seines eigenen Machtanspruchs auf diesen Posten – den er kurz zuvor auf gar keinen Fall haben wollte – kalt lächelnd abgeschossen hat, ist schon ein herbes Stück an Menschenverachtung. Dabei waren sie einmal dicke Freunde. Nun ja, wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.

Gabriel indes lässt sich nicht lumpen und keult zurück: In einem Interview bedauerte er, „wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt.“ Dieses Statement ist so weit zutreffend. Aber dass er dann als beleidigte Leberwurst seine kleine Tochter ins Spiel bringen muss, die gesagt haben soll, jetzt habe er mehr Zeit mit der Familie und das sei doch „besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht“, ist nicht weniger unterste Schublade.

Es tut mir leid, aber Menschen mit Stil und Charakter gehen so nicht miteinander um – schon gar nicht in der Öffentlichkeit.

Altgediente Kampfgefährten werden gnadenlos abserviert

Die Schulz-Rolle (siehe oben) ist zwar einmalig und konnte noch von keinem anderen getoppt werden, doch der Martin ist keineswegs der Einzige, der in Adenauer’scher Manier – „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“ – jetzt exakt das Gegenteil von dem tut, was er zuvor nicht nur einmal entschieden von sich gewiesen hat.

Nehmen wir Olaf Scholz (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg. Er fühle sich in der Hansestadt pudelwohl, habe dort noch viel zu tun und denke nicht daran, nach Berlin zu kommen, hat er sinngemäß gesagt. Jetzt soll er das begehrte und wichtige Finanzministerium übernehmen, das Frau Merkel aus Gründen purer Machterhaltung der SPD geschenkt hat. Diesem Ruf muss der wackere Parteisoldat natürlich folgen und zieht schweren Herzens von der Alster an die Spree.

Bei Horst Seehofer sieht die Sache noch ein bisschen anders aus. Er hat zwar auch immer vollmundig verkündet, dass es ihm in München sehr viel besser gefalle als in Berlin – aber da kam ihm ein gewisser Herr Söder von hinten in die Quere. Nachdem die Parteibasis der CSU klar gemacht hatte, dass sie lieber mit dem Markus als mit dem Horst an der Spitze in den bayerischen Wahlkampf gehen wolle, musste der Alte dem Jungen den Weg frei machen.

Aber ganz ohne Posten wollte der Horst dann doch nicht sein – so alt ist er ja schließlich auch noch nicht. Also hat er Frau Merkel versprochen: Wenn wir die GroKo hinkriegen, komme ich nach Berlin und werde Minister für Inneres, Bau und Heimat.

Mit Inneres und Heimat kennt der sich aus, da sind die Bayern ja ganz weit vorne, hat die Angela gleich messerscharf geschlossen, das mit dem Bau wird er schon noch lernen – und hat „JA“ gesagt. Und weiter mag sie überlegt haben: Wenn der Horst erst einmal im Kabinett sitzt, wird er mich auf keinem CSU-Parteitag mehr so vorführen, wie er es schon mal getan hat.

Dass sie mit dieser Zusage an den unfreiwillig in Preußen gestrandeten Bayern gleichzeitig ihren – nach Altmaier – treuesten Vasallen und Kampfgefährten, Innenminister Thomas de Maizière, rauskegelt, war ihr offensichtlich egal. Eine Alternative hat sich für ihn auch nicht angeboten, hatte man doch auch weitere Schlüsselressorts der SPD wg. Mitgliederbefragung überlassen.

Der Thomas ist weg, ebenso wie der Sigmar – höchstwahrscheinlich. Beide haben phasenweise einen ganz ordentlichen Job gemacht, auch wenn es nicht angebracht wäre, ihnen Krokodilstränen nachzuweinen. Doch die Art und Weise, wie diese langgedienten und ihrer jeweiligen Partei aus tiefster Überzeugung verpflichteten Politiker von heute auf morgen abserviert wurden, entbehrt jeglichen Anstands. Von Moral will ich an der Stelle erst gar nicht reden.

Die Sehnsucht der Menschen nach Führung und Wahrhaftigkeit

Zu welchem Vorbild mögen diese Volksvertreter – das phonetisch sehr naheliegende Wort will ich nicht aussprechen – noch taugen, zumal für junge Menschen, die nach moralischen Instanzen und integren Persönlichkeiten suchen, an denen sie sich orientieren können?

Muss man sich noch wundern, wenn sich das Volk angewidert von diesem Theater abwendet und viele längst für sich beschlossen haben, an der nächsten Wahl nicht mehr teilzunehmen? Bass erstaunt werden sich dann die üblich Verdächtigen wieder in den Talkshows über die „Politikverdrossenheit“ auslassen, die sie überhaupt nicht verstehen können.

Schließlich tue man doch alles, damit es den Menschen besser geht und ein jeder sich in diesem unserem Land wohlfühlen kann. – Ja, rein wirtschaftlich betrachtet, geht es uns mehrheitlich derzeit (noch) sehr gut. Aber dieser relative Wohlstand und die Brosamen, die man jetzt laut Koalitionsvertrag noch verteilen will, um das Volk bei Laune zu halten, reichen nicht aus.

Nein, die Menschen sehnen sich nach einer erkennbaren und nachvollziehbaren Führung.

Nach Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und die auch morgen noch zu dem Wort stehen, das sie gestern gegeben haben.

Von einer GroKo kann, was da gerade zusammengeschustert wird, sowieso keine Rede mehr sein. Nach aktuellen Umfragen erreichen Union und SPD die 50-Prozent-Marke nicht mehr. Also haben wir de facto eine Minderheitsregierung.

Dann soll Frau Merkel doch, wenn sie schon so an ihrem Kanzlerinnen-Sessel klebt, den Mut aufbringen für eine wirkliche Minderheitsregierung, ohne faule Kompromisse und Postengeschachere mit der abgewirtschafteten SPD. Dann soll sie endlich das tun, was man vor ihr erwartet: Regieren!

Wenn sie und ihr Union-geführtes Kabinett vernünftige Anträge und Gesetzesvorlagen einbringen, dann werden sich im Parlament dafür auch Mehrheiten finden, durchaus aus unterschiedlichen politischen Lagern. Dann wäre tatsächlich einmal dieser unsäglich Fraktionszwang ausgehebelt und jeder Abgeordnete hätte die Möglichkeit, so wie es im Grundgesetz vorgesehen ist, wirklich nur seinem Gewissen gehorchend abzustimmen.

Dann hätten wir wirklich einmal echte Demokratie im Parlament. Aber den Mut hat sie nicht.

Die Wirtschaftseliten sind genauso unanständig

Die völlige Abwesenheit von Anstand und Moral, von Menschlichkeit und gutem Stil, die wir innerhalb der politischen Kaste zu beklagen haben, müssen wir leider auch bei den Wirtschaftseliten feststellen. Was dort der Machtgeilheit zuzuschreiben ist, ist hier die unersättliche Gier nach Geld.

Nehmen wir die großen deutschen Autobauer, allen voran VW. Weil sie den Hals nicht voll kriegen können, fordern Manager von ihren Ingenieuren, dass sie die Abgaswerte bei Dieselmotoren manipulieren und riskieren damit, die erfolgreichste deutsche Schlüsselindustrie international in Verruf zu bringen. Das ist ihnen gelungen, der Imageschaden ist gewaltig.

Die Bereitschaft, für diesen immensen Schaden persönlich Verantwortung zu übernehmen ist dagegen äußerst gering – von einigen Bauernopfern, die es versäumt haben, sich rechtzeitig in Deckung zu bringen, einmal abgesehen.

Nehmen wir die Deutsche Bank. Mehr als 500 Millionen Euro Verlust im vergangenen Jahr, aber an die Manager und Investmentbanker werden Boni in Millionenhöhe ausgezahlt. Die jüngste Meldung dazu: Rund 800 Mitarbeiter der Deutschen Bank in London sollen innerhalb eines Jahres 22 Mio. Euro Spesen verprasst haben: Exquisite Hotelsuiten, die teuersten Restaurants, Escortservice, Limousinenfahrten…

Im Schnitt 27.500 Euro pro Mitarbeiter/Jahr, quasi als Zugabe zu den satten Gehältern und exorbitanten Bonuszahlungen. Da bleibt dem braven Otto-Normalverbraucher, dessen Netto-Jahreseinkommen womöglich gerade einmal diese Spesen-Aufwendungen erreicht, die Spucke weg.

Nehmen wir Siemens, die in Deutschland mehr als 3.000 Mitarbeiter entlassen und mehrere Werke schließen wollen, weil die Nachfrage nach Gasturbinen angeblich extrem stagniert, während Herr Kaeser in Davos US-Präsident Trump zusagt, die Entwicklung und Fertigung der neuen Generation von Turbinen in den USA anzusiedeln.

Dieses Verhalten von Wirtschaftsbossen ist genauso unanständig wie das der Politiker und deren Geldgier trägt genauso dazu bei, dass die Menschen langsam die Nase voll haben.

Wem sollen sie noch glauben, wem vertrauen, wer sagt die Wahrheit, wer meint es ehrlich??? – Vergiss es, Otto-Normalo. Wärst du Politiker geworden oder Investmentbanker, dann müsstest du dir keine Sorgen machen, wie du die Hypothek auf dein Reihenhaus abzahlen sollst und auch über deine Altersvorsorge müsstest du nicht nachdenken.

Nun bist du aber dummerweise nur Busfahrer oder Dachdecker oder Fliesenleger oder Krankenschwester. Dumm gelaufen! Deine Dienste werden zwar gebraucht, aber wirkliche Wertschätzung dafür wirst du nie erfahren. Da kannst du wählen, wen oder was du willst. Diejenigen, die an der Macht sind, werden immer in erster Linie an sich denken, an dich ganz bestimmt nicht!

Nur noch zur Info zu guter Letzt: Die Diäten der Bundestagsabgeordneten werden ab Juli um 2,5 % (= 238,54 €) angehoben und belaufen sich dann auf 9.780,28 € (brutto). Steuerfreie Sonderleistungen kommen noch hinzu – und das mal 709! Wer wäre da nicht scharf darauf, wenigstens vier Jahre lang in einen der blauen Sessel unter der Reichstagskuppel zu pupsen? Und, ach ja, der Hartz IV-Empfänger bekommt ab 1.1.2018 sechs Euro pro Monat mehr…..oder 20 Cent pro Tag.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Anderweltonline und stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Meinung der Epoch Times oder die Meinung anderer Autoren dieser Seiten wiedergeben.

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