Zuwanderungsgesetz: Ausländer sollen künftig nicht nur in „Engpassberufen“ arbeiten können

Wie soll ausländischen Fachleuten die Arbeit in Deutschland schmackhaft gemacht werden? Hier einige Punkte aus dem geplanten Zuwanderungsgesetz.
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Ein Ingenieur im U-Bahn-Bau.Foto: iStock
Epoch Times16. August 2018

Befristete Zeit für die Jobsuche und der Verzicht auf den Vorrang für deutsche Arbeitskräfte – das sind Maßnahmen, mit denen ausländischen Fachkräften das Arbeiten in der Bundesrepublik schmackhaft gemacht werden soll.

Für das entsprechende Zuwanderungsgesetz liegen jetzt Eckpunkte vor. Ziel ist, wie im Koalitionsvertrag beschlossen, qualifizierten ausländischen Fachkräften den Zuzug nach Deutschland zu erleichtern. Eine endgültige Einigung in der großen Koalition steht aber noch aus.

Kriterien für die Einwanderung sollen dem Bericht zufolge die Qualifikation, das Alter, Sprachkenntnisse, der Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzangebots und die Sicherung des Lebensunterhalts sein. Ein Punktesystem, wie es die SPD 2016 in einem eigenen Gesetzentwurf vorgeschlagen hatte, werde nicht erwähnt.

Die Gespräche sind noch nicht abgeschlossen

Das Papier sei bereits mit dem Wirtschafts- und dem Arbeitsministerium abgestimmt und solle schnellstmöglich im Kabinett beraten werden, berichtet das „Handelsblatt“. Ein Sprecher des Innenministeriums betonte allerdings, es handele sich „noch nicht um eine endabgestimmte Version“.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bestätigte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag), Innen-, Wirtschafts- und Arbeitsministerium hätten sich auf Eckpunkte geeinigt. Details seien allerdings noch zu klären: „Da sind die Gespräche noch nicht abgeschlossen.“ Heil forderte großzügige Regelungen für Ausländer, die in Deutschland kein dauerhaftes Bleiberecht haben.

Wir müssen schauen, dass wir uns nicht aus ideologischen Gründen selbst ein Bein stellen und die Falschen wieder zurückschicken.“

Unter welchen Bedingungen sollen Ausländer künftig in Deutschland arbeiten können?

Wer als ausländische Fachkraft oder Hochschulabsolvent einen Arbeitsplatz vorweisen kann, darf in jedem Beruf arbeiten, zu dem ihm seine Qualifikation befähigt – soweit diese hier anerkannt ist. Damit entfällt die bisherige Beschränkung auf so genannte Engpassberufe, in denen Fachkräfte händeringend gesucht werden.

Außerdem wird auf die Vorrangprüfung verzichtet: Bislang musste immer erst geschaut werden, ob nicht ein deutscher Bewerber für den Job infrage kommt.

Allerdings hält sich die Regierung hier eine Hintertür offen: Zum Schutz der deutschen Arbeitnehmer wird es die Möglichkeit geben, die Vorrangprüfung beizubehalten oder kurzfristig wieder einzuführen.

Welche Möglichkeiten der Jobsuche sollen Fachkräfte in Deutschland bekommen?

Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung und Hochschulabsolventen sollen nach Deutschland kommen können, um sich hier einen Job entsprechend ihrer Qualifikation zu suchen. Sozialleistungen sollen sie in dieser Zeit nicht beziehen können.

Die Jobsuchenden müssen so gut Deutsch sprechen, wie es für eine Tätigkeit ihrer Qualifikation erforderlich ist. Zur Sicherung des Lebensunterhalts während der zeitlich befristeten Suche dürfen sie auch einen Job annehmen, der unterhalb ihrer Qualifikation liegt.

Welche Möglichkeit zur Aus- und Fortbildung sollen Ausländer in Deutschland bekommen?

Viele Ausländer haben einen Berufsabschluss, der hierzulande nicht anerkannt wird. Sie haben schon jetzt die Möglichkeit, einen entsprechenden Abschluss für Deutschland nachzuholen. Es soll nun geprüft werden, inwieweit diese Möglichkeit ausgebaut werden kann.

Dort, wo die Anerkennung eines Abschlusses infrage kommt, soll dies schnell und unkompliziert geprüft werden.

Um der wachsenden Zahl offener Ausbildungsplätze zu begegnen, sollen außerdem die Möglichkeiten des Zugangs zur Berufsausbildung verbessert werden. Wie dies genau aussehen soll, steht aber ebenfalls noch nicht fest.

Wie will die Regierung um Fachkräfte in Mangelberufen werben?

Dafür soll es in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft sowie den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen eine „bedarfsorientierte und gezielte Werbestrategie“ geben. Dabei will die Regierung auch Unternehmen in ausgewählten Ländern dabei unterstützen, gezielt für den deutschen Arbeitsmarkt auszubilden.

„Dabei sind wir uns als Bundesregierung der internationalen Prinzipien für eine ethisch verantwortbare Gewinnung von Fachkräften bewusst und werden diese bei unseren Maßnahmen berücksichtigen“, heißt es dazu im Eckpunktepapier.

In der Vergangenheit waren Befürchtungen laut geworden, es könnten Arbeitskräfte nach Deutschland gelockt werden, die eigentlich in ihren Heimatländern gebraucht werden.

Das offizielle Informationsportal „www.make-it-in-germany.com“ soll zu einem Dachportal der Bundesregierung für Fachkräfte aus dem Ausland ausgebaut werden.

Was soll zur besseren Förderung der deutschen Sprache unternommen werden?

Die Sprachkurse des Goethe-Instituts sollen stärker gefördert, die berufsbezogene Deutschsprachförderung weiterentwickelt werden. Zudem soll die Kooperation der Wirtschaft mit Auslandsvertretungen ausgebaut werden. Dafür soll es Praktika, Vorträge oder „Career Days“ (Karriere-Tage) geben.

Soll abgelehnten Asylbewerbern der Zugang erlaubt werden?

Dem „Handelsblatt“ zufolge gibt es in dem Entwurf keine Erwähnung des derzeit heftig diskutierten „Spurwechsels“ vom Asylsystem in den Arbeitsmarkt. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte sich dafür ausgesprochen, auch abgelehnten Asylbewerbern durch das Zuwanderungsgesetz Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu verschaffen, wenn sie integriert seien und eine Ausbildung abgeschlossen hätten.

Union-Fraktionschef Volker Kauder sagte der „Passauer Neuen Presse“, die Koalition werde das „Fachkräfteeinwanderungsgesetz“ jetzt schnell auf den Weg bringen. Er halte aber wenig davon, den sogenannten Spurwechsel stärker zu erlauben. Es gebe schon heute Einzelfälle, in denen das möglich sei. Eine Ausweitung würde aber „neue Anreize für Menschen schaffen, es doch zu versuchen, nach Deutschland zu kommen, ohne dass sie verfolgt sind“.

Trotz massiver Kritik verteidigte Günther seinen Vorstoß. Angesichts der Debatte über die Zuwanderung von Fachkräften werbe er gerade jetzt dafür, dass es einen „Spurwechsel“ für abgelehnte, aber gut integrierte Asylbewerber mit einem Arbeitsplatz gebe, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“.

Die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) äußerte sich skeptisch. „Es muss gelten: Wer die Voraussetzungen für Asylgewährung nicht erfüllt, muss die Ablehnungsentscheidung so schnell wie möglich erhalten und dann auch so schnell wie möglich Deutschland wieder verlassen“, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Regelung mit Stichtag?

Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, plädierte für eine Regelung mit einem einmaligen Stichtag. „Ein solcher einmaliger Statuswechsel käme den gut integrierten Geduldeten und Flüchtlingen zugute, vermiede aber gleichzeitig Anreize für den Zuzug von Wirtschaftsflüchtlingen“, sagte Sager dpa.

Dies würde den auf Arbeitskräfte angewiesenen Unternehmen helfen, außerdem „Planungssicherheit für die Landkreise in Bezug auf die Integration der Flüchtlinge schaffen und den Verwaltungsaufwand erheblich verringern“.

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) will die Idee eines „Spurwechsels“ beim nächsten Treffen der Landesinnenminister unter seinem Vorsitz besprechen. Asyl sei kein originäres Mittel, um den Fachkräftemangel zu beheben. Dafür brauche es zügig ein gezieltes Einwanderungsgesetz, sagte er.

„Aber wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen.“ Es verstehe kein Mensch, dass kriminelle Ausländer auf höchstrichterlichen Beschluss zurückgeholt, gut integrierte Flüchtlinge aber abgeschoben würden, sagte er mit Verweis auf den Fall des Tunesiers Sami A. (afp/dpa)



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