Zwangsarbeit für ALG II Empfänger?

Das Arbeitsministerium plant eine Reform zur "Teilhabe am Arbeitsmarkt"–- krass formuliert, Zwangsarbeit unter bestimmten Bedingungen: Wer binnen der letzten sieben Jahre länger als sechs Jahre ALG II erhalten hat, könnte zwangsweise einem Arbeitgeber für fünf Jahre zugewiesen werden.
Von 15. Juli 2018

Das Ministerium für Arbeit plant eine Reform der Förderung von Langzeitarbeitslosen und Langzeitbeziehern von Hartz IV. Dazu soll die „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ als Regelinstrument geschaffen werden, wie ein Referentenentwurf zeigt.

Krass formuliert: Es droht Zwangsarbeit

Wer binnen der letzten sieben Jahre länger als sechs Jahre ALG II erhalten hat, wird de facto entsprechend einer Änderung des SGB II im „Teilhabegesetz“ (10. SGB II-ÄndG, § 16i und § 16e SGB II) zwangsweise einem Arbeitgeber für fünf Jahre zugewiesen. Darauf weist gegen-hartz.de am 11. Juli 2018 in einem Artikel hin.

Nur die Aufstocker, die in diesem Zeitraum durchgehend abhängig vollzeitbeschäftigt waren, seien davon ausgenommen.

ALG II Bezieher, die in Teilzeit arbeiten, nur kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse hatten oder arbeitslos sind, müssten künftig damit rechnen, „vom Jobcenter zwangsrekrutiert zu werden“, schreibt „gegen-hartz“. Dies betreffe auch selbstständig Erwerbstätige in Vollzeit, die ALG II beziehen. Während dieser fünfjährigen Zwangsarbeit erwerbe der so Beschäftigte keinen Anspruch als ALG I.

„o-ton-Arbeitsmarkt“ formuliert es so

Leistungsberechtigte im SGB II („Hartz-IV-Empfänger“), die innerhalb der letzten sieben Jahre mindestens sechs Jahre Hartz IV bezogen haben, sollen mit Lohnkostenzuschüssen in sozialversicherungspflichtige Arbeit integriert werden. Eine Förderung ist nur für die Personen möglich, die während des Leistungsbezugs nicht oder nur kurzzeitig geringfügig, sozialversicherungspflichtig oder selbstständig beschäftigt waren.

Die Beschäftigungsverhältnisse sollen sowohl bei privaten als auch öffentlichen Arbeitgebern geschaffen werden. Es ist eine Förderung für maximal fünf Jahre möglich. Während dieser Zeit sollen Arbeitgeber einen degressiven Lohnkostenzuschuss zum Arbeitsentgelt erhalten. Der Zuschuss soll in den ersten beiden Jahren 100 Prozent des Entgelts betragen und danach jährlich um jeweils 10 Prozentpunkte bis auf 70 Prozent im fünften Jahr absinken. Während der fünfjährigen Förderdauer ist eine einmalige Verlängerung des Arbeitsvertrags zulässig.

o-ton-Arbeitsmarkt verweist darauf, dass es im Juni 2017 rund 1,5 Millionen erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger gab, die mindestens sechs Jahre lang Leistungen bezogen haben. Ein Teil seien erwerbstätige Aufstocker, für die es jedoch keine aktuellen Zahlen gäbe. Rund ein Viertel der insgesamt 4,4 Millionen erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger gingen damals einer Erwerbstätigkeit nach.

100 Prozent der Lohnkosten werden für zwei Jahre aus Steuermitteln bezahlt

Der Arbeitgeber erhält in den ersten beiden Jahren die Lohnkosten vollständig aus Steuermitteln gegenfinanziert. Anschließend erfolgt eine Reduzierung dieser Erstattung um jährlich 10 Prozent. „gegen-hartz“ rechnet hoch, dass über die fünfjährige Zuweisungsdauer 88 Prozent der Lohnkosten aus dem Steuerhaushalt kommen.

Im ersten Beschäftigungsjahr wird der ALG II Bezieher auch weiterhin vom Jobcenter betreut: „d.h. das Jobcenter mischt sich in alle Belange des nun nicht mehr Arbeitslosen ein, sowohl private als auch berufliche. Damit offenbart sich auch der Gesetzestitel ‚Teilhabechancengesetz‘ als Teilhabe des Jobcenters am Leben des Zwangsbetreuten.“

Weitere Links: 10. Gesetz zur Änderung des SGB II – Gesetz neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt (10. SGB II-ÄndG – Teilhabechancengesetz)

Stellungnahmen:

 



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion