Zwei neue Gesichter bei den Grünen: Baerbock und Habeck

Annalena Baerbock und Robert Habeck bilden die neue Führungsspitze der Grünenn. Ein Blick auf die Personen.
Titelbild
Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck ist Teil der neuen Grünen-Bundesspitze.Foto: Markus Scholz/dpa
Epoch Times27. Januar 2018

Auf dem Hannoveraner Parteitag wurden die Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock und der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck mit überraschend klaren Mehrheiten zu neuen Vorsitzenden gewählt. Baerbock schaffte 64,45 Prozent, Habeck 81,3 Prozent. Die Parteilinke Anja Piel unterlag Baerbock mit knapp 35 Prozent.

Auf Habeck entfielen 636 von 782 Stimmen, es gab 107 Nein-Stimmen und 39 Enthaltungen. Baerbock erhielt 504 von 782 Stimmen. Es gab eine Nein-Stimme und fünf Enthaltungen. Die bisherigen Parteichefs Simone Peter und Cem Özdemir waren nicht mehr angetreten.

Habeck machte deutlich, dass er sich auf Dauer nicht mit der derzeitigen Oppositionsrolle der Grünen begnügen will: „Macht kommt von machen, nicht von wollen“, rief er den Delegierten zu.

Wiedergewählt wurde in Hannover auch der Bundesgeschäftsführer Michael Kellner, und zwar mit 74,2 Prozent der Stimmen. Auch der Schatzmeister Benedikt Mayer wurde im Amt bestätigt. Zur frauenpolitischen Sprecherin wurde erneut Gesine Agena gewählt, den Bereich Europa vertritt im Vorstand Jamila Schäfer. Die beiden bekleiden zugleich das Amt einer stellvertretenden Parteivorsitzenden. Dieses Amt war am Freitagabend durch eine Satzungsänderung neu geschaffen worden.

Nach den gescheiterten Jamaika-Sondierungen stellten sich die Grünen in Hannover auch auf die Rolle der Oppositionspartei ein. Insbesondere der SPD kreidete die Partei an, sie habe sich vom Kohleausstieg und einem wirksamen Familiennachzug für Flüchtlinge verabschiedet. In dem am Freitag beschlossenen Leitantrag definieren sie sich als „progressive Kraft der linken Mitte“. Dem Beschluss zufolge will sich die Partei bis 2020 – ihrem 40. Gründungsjubiläum – ein neues Grundsatzprogramm geben.

Annalena Baerbock:

Die 37-jährige Bundestagsabgeordnete erobert auf dem Hannoveraner Parteitag mit einer leidenschaftlichen Rede die Herzen der Delegierten. Sie präsentiert sich als basisnahe Kämpferin, die sich persönlich um Flüchtlingskinder kümmert und für den Kohleausstieg „raus auf die Straße“ will. Die Delegierten quittieren das mit 64,45 Prozent der Stimmen.

Die Parteilinke Anja Piel, mit der der Flügelproporz gewahrt worden wäre, ließ Baerbock weit hinter sich. In ihrer Bewerbungsrede streckt sie den Skeptikern vom linken Flügel die Arme aus: Den „vermeintlichen Widerspruch zwischen staatstragend und radikal“ solle die Partei als Chance begreifen, schreibt sie den Delegierten ins Stammbuch.

Bei den gescheiterten Jamaika-Sondierungen hat sich Baerbock als Europa- und Klimaexpertin einen Namen gemacht. Um für den Kohleausstieg zu streiten, will sie nun auch den Dialog mit Kohlelobbyisten und Gewerkschaftern suchen, wie sie in Hannover ankündigt.

Generell verfolgt Baerbock, die seit 2013 im Bundestag sitzt, einen pragmatischen Politikansatz. So konstatiert sie anlässlich ihrer Bewerbung für den Parteivorsitz, dass die Grünen beim Klimaschutz programmatisch schon weit gekommen seien.

Doch sie fragt zugleich: „Wie halten wir den massiven Druck auf die anderen aufrecht?“ Und Baerbock zeigt sich diskussionsfreudig: Die anstehenden Debatten sollten „unter die Haut gehen“, bekundet die Abgeordnete. „Sie dürfen, ja sie müssen ruhig laut sein, ohne zu diffamieren.“

Die am 15. Dezember 1980 in Hannover geborene Politikwissenschaftlerin war von 2009 bis 2013 Landesvorsitzende der Grünen in Brandenburg, bevor sie in den Bundestag einzog.

Robert Habeck:

Der Kieler Landesumweltminister ist seit den gescheiterten Jamaika-Sondierungen auch bundesweit einer ihrer bekanntesten Köpfe. Schon eilt ihm der Ruf des „Poster-Boys“ bei den Grünen voraus, und die Delegierten in Hannover feiern ihn wie ihren neuen Politstar: Mit 81,3 Prozent fährt er ein gutes Ergebnis ein.

Und die Abkehr von der Trennung zwischen Partei- und Regierungsamt, die der eloquente Minister aus dem Norden zur Bedingung machte, trugen die Delegierten ohne Murren mit. Nunmehr darf der 48-Jährige, der sich auch als Schriftsteller einen Namen gemacht hat, sein Kieler Regierungsamt behalten, bevor er sich ganz auf sein Berliner Parteiamt konzentriert.

Der am 2. September 1969 in Lübeck geborene Habeck gilt auch als Vordenker der Partei, doch er ist keineswegs ein spröder Theoretiker: In Schleswig-Holstein ist er durch einen bürgernahen Wahlkampf aufgefallen, der in ein Ergebnis von 12,9 Prozent mündete.

Der 48-Jährige unterlag bei der Kür der Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl zwar knapp Özdemir, doch bei den schließlich gescheiterten Jamaika-Sondierungen nahm er eine führende Rolle ein.

Gerade weil er im Sommer 2017 in seinem Bundesland ein Bündnis mit Union und FDP auf die Beine gestellt hatte, wusste Habeck bei den Jamaika-Sondierungen von Anfang an, wie schwierig es im Bund werden würde – und äußerte sich immer wieder entsprechend skeptisch. Der bisherige Landespolitiker, der 2009 erstmals in den Kieler Landtag einzog und seit 2012 Minister ist, sieht seine Partei jetzt auf einem „linksliberalen“ Kurs. Auch er möchte die alten Widersprüche der Flügel aufbrechen. (afp)



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