„Die Zukunft gehört Allah“

Am vergangenen Samstag demonstrierten 3.500 Muslime unter dem Motto „Der Koran ist die Zukunft. Kundgebung gegen Koranverbrennung“. Aufgerufen hatte ein Netzwerk, hinter dem sich eine in Deutschland verbotene islamistische Gruppe verbirgt. Im Nachgang gibt es nun massive Kritik daran, dass so etwas immer wieder in Hamburg möglich ist.
Titelbild
Blick auf das Hamburger Rathaus. Kritiker werfen der Politik vor, dass diese den Islamismus in ihrer Stadt nur halbherzig bekämpfe.Foto: Horst Müller auf Pixabay
Von 9. Februar 2023

Rund 3.500 Menschen versammelten sich am vergangenen Samstag in Hamburg, um gegen eine Koranverbrennung in Schweden zu demonstrieren. Das Motto der Kundgebung lautete „Der Koran ist die Zukunft. Kundgebung gegen Koranverbrennung“. Die Veranstalter befürchten eine wachsende Islamfeindlichkeit in Europa. Nach Angaben des Verfassungsschutzes verbarg sich hinter den Initiatoren der Kundgebung das islamistische Netzwerk Muslim Interaktiv (MI), das dem ideologischen Umfeld der Hizb ut-Tahrir (HuT) zugeordnet wird.

Auf der Website der Konrad Adenauer Stiftung kann man über diese Organisation lesen:

„Bei der Hizb ut-Tahrir handelt es sich um eine 1953 im jordanisch kontrollierten Ostjerusalem entstandene Abspaltung der Muslimbruderschaft, der Keimzelle unzähliger islamistisch aktiver Gruppen. Unzufrieden mit der mangelnden Unterstützung führender Muslimbrüder propagierte die HuT unter der Führung von Taqi ad-Din al-Nabhani zunächst die namensgebende Befreiung Palästinas, bevor sie in den 1970er Jahren transnationale Züge annahm und die Befreiung aller Muslime in einem weltumspannenden Gottesreich zum Ziel erklärte.“

Seite an Seite mit Verfassungsfeinden

Der Hamburger Verfassungsschutz hatte schon im Vorfeld davor gewarnt, sich der Demonstration dieser Gruppe anzuschließen. „Wer an dieser Demonstration teilnimmt, steht Seite an Seite mit Verfassungsfeinden, die eine Gesellschaftsform durchsetzen wollen, die mit unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar ist“, hieß es dazu vorab.

Es gehöre seit Jahren zur Strategie der HuT und Netzwerken wie MI, gesellschaftlich relevante und breit diskutierte Themen für ihre ideologischen Zwecke zu instrumentalisieren. Unter diesem Kontext sieht der Verfassungsschutz auch die Veranstaltung vom vergangenen Samstag.

Gruppierung seit 2003 verboten

In Deutschland ist die Gruppierung verboten. 2003 hatte das Bundesministerium des Innern ein entsprechendes Betätigungsverbot ausgesprochen. Dieses wurde 2006 vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt. 2012 bestätigte ebenfalls der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) das Verbot, nachdem der HuT dagegen geklagt hatte. Der Gerichtshof in Straßburg sah es als erwiesen an, dass die HuT dem Staat Israel das Existenzrecht abspreche. Sie habe ferner den Sturz von Regierungen in islamisch geprägten Staaten gefordert. Diese sollen durch ein auf den Regeln der Scharia basierendes Kalifat ersetzt werden, das allerdings nicht mit Gewalt erkämpft werden soll.

Etwa 360 Anhänger wurden Ende 2022 nach Angaben des Verfassungsschutzes der islamradikalen Bewegung in Hamburg zugerechnet. Insgesamt sollen 1.755 Menschen der islamistischen Szene in Hamburg angehören. Etwa 1.100 davon werden vom Verfassungsschutz als gewaltbereit eingeschätzt.

Diskussion um Teilnahme von Frauen

Im Internet wurden verschiedene Videomitschnitte der Demonstration verbreitet. So ist auf einem vom Fernsehsender „Hamburg 1“  verbreiteten Beitrag auf YouTube zu sehen, dass Frauen nicht zusammen mit den Männern demonstrieren durften. Ihnen wurde ein separater Block am Rande zugewiesen.

Nach Angaben des Verfassungsschutzes in Hamburg hatte ein Flyer, der Frauen ausdrücklich aufforderte, an der Demonstration teilzunehmen, schon im Vorfeld für erhebliche Diskussionen unter den Islamisten in den sozialen Netzwerken gesorgt. Nicht selten wurde dort die Meinung vertreten, dass Frauen auf solchen Demonstrationen nichts zu suchen hätten.

Dass es in Deutschland offenbar ein erhebliches Problem mit der Integration gibt, zeigte die Hamburger Demonstration sehr deutlich auf. Die Veranstaltung wurde auf Deutsch gehalten, auch die Sprechchöre, dass dem Koran und Allah „die Zukunft gehört“, waren auf Deutsch. Viele der Besucher leben also offensichtlich schon länger in Deutschland oder wurden hier geboren.

Stadt geht nur „halbherzig“ gegen Islamisten vor

Im Nachgang gab es nun von verschiedenen Seiten Kritik an der Demonstration. Die „MOPO“ wirft den Verantwortlichen in Hamburg vor, diese würden nur „halbherzig gegen Islamisten“ vorgehen. Als Beleg führt die Zeitung unter anderem die Debatten um das Islamische Zentrum an der Alster an. Dieses Zentrum gilt laut dem „Spiegel“  als Vertretung der iranischen Regierung in Europa. Der Hamburger Verfassungsschutz beobachtet dieses Zentrum schon seit vielen Jahren. Lange Zeit war es Mitglied im „Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg“. Dieser Rat hat einen Staatsvertrag mit der Hansestadt, der demnächst noch einmal überprüft werden soll. Nach großem öffentlichen Protest schloss der Rat das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) im November aus. Zuvor hatte sich Hamburgs Vizebürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) deutlich von dem Zentrum distanziert. Laut NDR erhöhte sie im Oktober den Druck auf die muslimischen Verbände, indem sie damals deutlich machte, dass die Verträge zwischen der Schura, dem Rat der islamischen Gemeinschaften in der Stadt, und der Stadt Hamburg nur ohne die iranische Moschee verlängert werden. „Eine Beteiligung des IZH an den Verträgen der Stadt mit den islamischen Gemeinden ist für mich nicht mehr denkbar. Das IZH ist der Gegenpol zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und steht auch – wie man aktuell sieht – für Repressionen und Missachtung von Menschenrechten. Deshalb ist das für mich kein Vertragspartner“, so Hamburgs Zweite Bürgermeisterin damals.

Wie der „Spiegel“ im November weiter berichtet, war ein Ausschluss des Islamischen Zentrums Hamburg aus dem Rat der Islamischen Gemeinschaften keineswegs ein Selbstläufer gewesen.

Schura-Vorsitzende Fatih Yildiz teilte damals im Anschluss an die Versammlung des Rates mit:

„Wir haben es uns nicht einfach gemacht und zahlreiche Gespräche geführt, die zu dem Resultat geführt haben, dass das IZH kein Mitglied mehr bei der Schura ist.“

Eine Distanzierung von den Zielen des Zentrums oder vom Regime in Teheran gab es damals nicht. Vielmehr macht es den Eindruck, als habe man hier dem Drängen der Politik nachgegeben.

Es geht Organisatoren nicht um Meinungs- und Religionsfreiheit

Kritik an der Demonstration und dem islamistischen Umfeld gab es aber nicht nur von Medien. Gegenüber der „Bild“ sagte der Antisemitismus-Beauftragte der Stadt Hamburg, Stefan Hensel: „Es geht den Organisatoren nicht um Meinungsfreiheit oder Religionsfreiheit, sondern darum, extremistische Gedanken zu verbreiten.“

Die im Iran geborene Menschenrechtsaktivistin Mina Ahadi sprach gegenüber der „Bild“ von einer gefährlichen Versammlung. Es gebe viele Islamisten in Deutschland, die sehr effektiv arbeiten.

Auch Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) betont gegenüber der „Bild“, dass er solche Demonstrationen „unerträglich“ findet und kündigte weiter an, die Akteure genau im Fokus zu behalten. „Unerträglichkeit ist nach dem Grundgesetz kein Untersagungsgrund für eine Versammlung“, so Grote weiter.

Der Extremismus-Experte Ahmad Mansour hält die Organisation, die die Demonstration veranstaltete, gegenüber der „Welt“  für „hochproblematisch“. Dass eine eigentlich in Deutschland verbotene Organisation in der Lage sei, 3.500 Menschen zu mobilisieren, müsse uns allen zu denken geben. Mansour verwies darauf, dass es nicht das erste Mal in Hamburg sei, dass so etwas stattfinde.

Der CDU-Innenexperte im Bundestag, Michael Breilmann, sieht ebenso wie Bundesvize Carsten Linnemann ein „ernsthaftes Problem mit dem politischen Islamismus“. Das sagten beide laut „Bild“. Beide forderten weiter die Fortführung des entsprechenden Expertenkreises im Bundesinnenministerium.

Uli Grötsch, Islamismus-Experte der SPD-Fraktion im Bundestag, sieht bei der Inszenierung von „Muslim Interaktiv“ Parallelen zur rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“, die mit rechten Ideologien wirbt und Jugendliche umgarnt. Grötsch zu „Bild“: „Man muss klar benennen, wer sich hier trifft – und die Wölfe im Schaftspelz genau beobachten.“

Die Gruppe „Muslim Interaktiv“ fiel in Hamburg schon 2021 auf. Das „Hamburger Abendblatt“ berichtet, dass damals diese Gruppierung mit einer judenfeindlichen Demonstration am Steindamm in Verbindung gebracht wurde. Die Teilnehmer seien schwarz gekleidet und uniformiert gewesen und hätten Parolen wie „Israel – Kindermörder“ skandiert. Dabei hätten sie Kindersärge über die Straße getragen.

Der FDP-Politiker und frühere Parlamentarische Staatssekretär, Thomas Sattelberger, stellt in einem Tweet im sozialen Netzwerk Twitter die Frage: „In welchem Land leben wir? Ich bin massivst besorgt, dass uns keine Integration gelingt.“

 



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