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Diskussion um AfD

Einstufung als rechtsextrem: Verbot der AfD auf dem Prüfstand

Der Verfassungsschutz stuft die AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ ein. In der Politik mehren sich nun Forderungen nach einem Verbotsverfahren. Doch nicht alle halten diesen Schritt für richtig.

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Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft.

Foto: Oliver Berg/dpa

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Lesedauer: 6 Min.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die AfD als Ganzes noch kurz vor dem Regierungswechsel als „gesicherte rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Äußerungen und Positionen der Partei und ihrer Vertreter verstießen gegen das Prinzip der Menschenwürde, begründeten die Vizepräsidenten Sinan Selen und Silke Willems am Freitag ihre Einschätzung.
Kurz nach Bekanntwerden der Einschätzung des Inlandsgeheimdienstes wurden in der Politik Stimmen laut, nun im Bundestag ein Verbotsverfahren gegen die Partei zu beschließen.
In Deutschland kann eine Partei vom Bundesverfassungsgericht verboten werden, wenn sie laut Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes darauf ausgerichtet ist, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen oder die Bundesrepublik zu gefährden. Den Antrag auf Verbot kann der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung stellen.

Grundlage für ein zeitnahes Verbotsverfahren

So sprach sich unter anderem der Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) für ein Verbot ausgesprochen. „Die Entscheidung des Verfassungsschutzes ist konsequent und eine gute Grundlage für ein zeitnahes Verbotsverfahren“, sagte der Grünen-Politiker dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.  Allein das, was an öffentlicher Beweislast gegen die AfD vorliegt, ist erdrückend. „Statt eine Normalisierung dieser gefährlichen Partei herbeizureden, sollten die Verfassungsorgane das Bundesverfassungsgericht mit einer Prüfung des AfD-Verbotes beauftragen“, so der Grünen-Politiker.
Nouripour fügte weiter hinzu: „Unser Job ist der Schutz der Verfassung. Eine wehrhafte Demokratie kann ihrer eigenen Zersetzung durch Antidemokraten nicht folgenlos zuschauen. Die deutsche Geschichte mahnt uns, alles Notwendige zu tun, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung gegen jeden Angriff zu schützen.“
Auch die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Heidi Reichinnek, forderte ein Verbotsverfahren gegen die AfD. Laut dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ sagte Reichinnek: „Das Verbotsverfahren gegen die AfD muss endlich auf den Weg gebracht werden.“ Man dürfe nicht akzeptieren, dass eine rechtsextremistische Partei die Demokratie „von innen bekämpft und zerstört“.

Zurückhaltung bei der Union

Deutlich zurückhaltender gab sich die Unionsfraktion. „Wir müssen angesichts der Einschätzung des Bundesamts für Verfassungsschutz zur Einstufung der AfD nun genau analysieren, welche Konsequenzen das im Umgang mit dieser Partei haben kann“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Alexander Throm.
Es sei aber klar, „dass die Auseinandersetzung mit der AfD auch weiterhin politisch geführt werden“ müsse. Dabei müsse die extremistische Haltung der AfD entlarvt werden. „Entscheidend im Kampf gegen die AfD sind jetzt schnelle sichtbare Erfolge der neuen Koalition, vor allem in den Bereichen Migration und Sicherheit sowie Wirtschaft“, sagte Throm.

Keine Verbotsdebatte sondern vernünftige Politik

Auch die Vorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) warnte vor einer Debatte über ein AfD-Verbotsverfahren. Auf X schrieb Wagenknecht:
„Wir brauchen nicht die nächste Verbotsdebatte, sondern endlich eine vernünftige Politik, die die Bürger überzeugt und ihre Lebensverhältnisse verbessert, statt sie durch Unfähigkeit, Bevormundung und Wahlbetrug immer wütender zu machen.“
Weiter schreibt Wagenknecht, dass sie die Neubewertung der AfD durch den Verfassungsschutz „für in der Sache fraglich und politisch kontraproduktiv“ halte.

Ethisch-kultureller Volksbegriff nicht per se gegen Verfassung

Der renommierte Staatsrechtler Dietrich Murswiek sieht die Grundlage der Einstufung durch den Verfassungsschutz, dass das „ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis“ der AfD zu einer systematischen Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen führe, kritisch. In einem Interview mit Epoch Times sagte der emeritierte Professor für Staats- und Verwaltungsrecht im vergangenen Jahr:
„Die Verwendung des ethnisch-kulturellen Volksbegriffs ist keineswegs per se Ausdruck von Verfassungsfeindlichkeit. Verfassungsfeindlich wird sie nur dann, wenn damit eine verfassungsfeindliche Zielsetzung einhergeht – wenn also wie im Falle der NPD ethnisch Nichtdeutsche aus dem Staatsvolk ausgegrenzt werden sollen. Eine solche Zielsetzung verfolgt die AfD explizit nicht.“
Ähnlich äußerte sich Murswiek nun auch gegenüber dem Portal „Apollo News“ zum Vorwurf des Verfassungsschutzes, der vom Amt auch in der gestrigen Pressemitteilung gegenüber der Partei wiederholt wurde:
„Dieser Vorwurf ist nicht neu, aber er ist falsch. Die Presseerklärung lässt nicht erkennen, dass das Gutachten, das der Einstufung der AfD als ‚gesichert rechtsextremistisch‘ zugrunde liegt, neue Erkenntnisse enthält, die den Vorwurf des Verfassungsschutzes beweisen. Es scheint vielmehr so zu sein, dass in dem Gutachten eine Vielzahl weiterer Äußerungen zusammengetragen worden ist, die ebenso wie fast alle der bisher als Anhaltspunkte für eine extremistische Ausrichtung der AfD verwendeten Äußerungen nicht geeignet sind, den Vorwurf zu belegen, die AfD wolle die Menschenwürdegarantie beseitigen.“

AfD Thema bei Innenministerkonferenz

Auf der Sitzung der Innenministerkonferenz im Juni soll die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ zum Thema gemacht werden. Das bestätigte eine Sprecherin des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer (SPD), der im Moment Vorsitzender der Konferenz ist. „Als Vorsitzender der Innenministerkonferenz wird Herr Senator Mäurer sicherstellen, dass die Thematik Gegenstand auf der Innenministerkonferenz im Juni in Bremerhaven sein wird“, sagte eine Sprecherin laut der Nachrichtenagentur dpa dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. Dazu soll dann auch ein Vertreter des Bundesamts für Verfassungsschutz eingeladen werden.

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