Bei Visafreiheit: 500.000 Kurden könnten per Billigflug nach Deutschland flüchten

Bis zu 500.000 Flüchtlinge aus der Türkei könnten auf Deutschland zukommen, sollte die Visafreiheit für türkische Bürger tatsächlich Realität werden. Im EU-Türkei-Deal ist sie ab Ende Juni geplant. Flugtickets aus krisengebeutelten Kurden-Gebieten gibt es schon ab 60 Euro.
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Polizist mit Maschinengewehr nach Anti-Regierungsprotesten am 15. Februar 2016 in Diyarbakir.Foto: ILYAS AKENGIN/AFP/Getty Images
Epoch Times29. März 2016

Im vergangenen Monat stoppte die türkische Küstenwache in der Ägäis nach eigenen Angaben erstmals Kurden aus der Südosttürkei auf dem Weg in die EU. Seit Wochen toben dort Kämpfe zwischen der türkischen Armee und PKK-Anhängern, die bereits als Krieg bezeichnet werden können. Unter anderem finden in der Kurdenmetropole Diyarbakir immer wieder Gefechte statt.

Sollte die Visapflicht für Türken bei Reisen in den Schengen-Raum wie geplant Ende Juni fallen, könnten Menschen von dort per Flugzeug nach Deutschland kommen. Für wenig Geld und ganz ohne Schlepper. Die Strecke Diyarbakir/Berlin ist schon für 62 Euro mit dem Flugzeug machbar. „In Strömen werden Menschen in sicherere Regionen gehen wollen“, sagt der Vorsitzende der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Selahattin Demirtas. „Nicht nur Kurden, auch Türken könnten nach Europa fliehen“, zitierten ihn die Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN).

Bislang musste man beim Antrag für ein EU-Visum glaubhaft versichern, dass man in die Türkei zurückkehren will – und noch kommt man ohne Visum nicht ins Flugzeug. Ohne Visapflicht wären zwar nur Aufenthalte von bis zu 90 Tagen erlaubt – trotzdem könnten Menschen einfach bei Verwandten untertauchen und Schwarzarbeit nachgehen. Verwandtschaftsbeziehungen bestehen viele.

Falls Kurden unter diesen Umständen vor den bürgerkriegsähnlichen Zuständen in der Südosttürkei fliehen, könnten sie in Deutschland Asyl beantragen, sogar ohne einen Drittstaat durchquert zu haben. Auch Erdogan-Gegner könnten politische Verfolgung geltend machen. Nach Angaben des türkischen Justizministeriums laufen mehr als 1800 Verfahren allein wegen Beleidigung des Staatspräsidenten.

Nach Angaben der türkischen Regierung haben die Kämpfe in den Kurdengebieten bereits mehr als 350 000 Menschen vertrieben, die bisher noch innerhalb des Landes auswichen. Visafreiheit würde das ändern, meint der Türkei-Experte Gareth Jenkins vom Institut für Sicherheits- und Entwicklungspolitik (ISDP). „Potenziell könnten 400.000 bis 500.000 türkische Flüchtlinge – vor allem Kurden – Asyl beantragen“, sagte er laut DWN.

Zerstörte Häuser in der Kurdenmetropole Diyarbakir am 14. Januar 2016.Zerstörte Häuser in der Kurdenmetropole Diyarbakir am 14. Januar 2016.Foto: ILYAS AKENGIN/AFP/Getty Images

Visafreiheit war für die Türkei der wichtigste Punkt im Pakt mit der EU. Mehr als die Hälfte der 72 Punkte, die dafür erfüllt werden müssen hat die Türkei bereits abgearbeitet. Die restlichen sollen bis Mai erledigt sein. (rf)



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