Brexit-Verhandlungen Tag und Nacht

Tag und Nacht verhandeln die Unterhändler aus London und Brüssel jetzt über eine Einigung in den Brexit-Gesprächen - auch ein Scheitern ist weiter möglich.
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Der Big Ben und die britische Flagge.Foto: Jack Taylor/Getty Images
Epoch Times11. Oktober 2018

Tag und Nacht verhandeln die Unterhändler aus London und Brüssel jetzt über eine Einigung in den Brexit-Gesprächen. Beide Seiten sind vor dem EU-Gipfel kommende Woche so nah wie noch nie an einem Durchbruch. Viele EU-Regierungen sehen gut fünf Monate vor dem Austritt Ende März 2019 endlich Bewegung bei der Regierung in London. Doch ein Scheitern ist weiter möglich. Ein Überblick zum Zeitplan und dem Stand der Verhandlungen:

ZEITPLAN

Die Verhandlungen führt die EU-Kommission mit ihrem Chefunterhändler Michel Barnier. Derzeit laufen Gespräche auf technischer Ebene, die von der deutschen Barnier-Stellvertreterin Sabine Weyand geleitet werden. Sie informiert am Freitag die EU-Botschafter über die Ergebnisse. Diplomaten gingen aber davon aus, dass die Verhandlungen auch über das Wochenende fortgesetzt werden.

Am Montag informiert Barnier in Brüssel dann die Sherpas – die Europa-Berater der Staats- und Regierungschefs. Am Dienstag sind die EU-Europaminister am Zug. Am Mittwochabend kommen dann die Staats- und Regierungschefs ohne Großbritannien mit Barnier zusammen. Sie müssen dann entscheiden, ob sich ein Weitermachen noch lohnt. Bei einer positiven Entscheidung gibt es wahrscheinlich einen Brexit-Sondergipfel Mitte November, um die Gespräche abzuschließen.

ERLEDIGT

„80 bis 85 Prozent“ des Austrittsabkommens seien fertig, sagte Barnier am Mittwoch. Schon vor Monaten haben sich beide Seiten auf die künftigen Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und zumindest grob auf die Finanzverpflichtungen Londons gegenüber der EU nach dem Brexit verständigt. Auch die Frage des britischen Territoriums Gibraltar im Süden Spaniens ist Diplomaten zufolge nun geklärt.

Vereinbart ist auch eine Übergangsphase bis Ende 2020, in der Großbritannien noch im EU-Binnenmarkt und der Zollunion bleibt. Dies soll einen harten Bruch für die Wirtschaft verhindern. Mit London bis zuletzt gestritten wird noch über die Anerkennung geschützter geografischer Herkunftsbezeichnungen für EU-Produkte wie Parma-Schinken oder Cognac.

KNACKPUNKT NORDIRLAND

Schwierigste Frage blieb bis zuletzt die künftige Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und Irland. Beide Seiten wollen eine „harte“ Grenze mit Kontrollen vermeiden, um das Karfreitagsabkommen von 1998 zur Beilegung des blutigen Nordirland-Konflikts nicht in Gefahr zu bringen. Barnier machte am Mittwoch klar, dass dies unweigerlich neue Kontrollen zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs bedeutet.

Dies hatte Premierministerin Theresa May bisher immer abgelehnt, weil sie aus ihrer Sicht „die Integrität des Vereinigten Königreichs“ in Frage stellten. Die Kontrollen könnten Barnier zufolge aber relativ reibungslos ablaufen. So könnten Firmen vorab „Zollerklärungen online“ ausfüllen und Lastwagen und Container mit Barcodes versehen werden, die dann „auf Fähren oder in Transithäfen“ gescannt werden.

KÜNFTIGE BEZIEHUNGEN

Parallel zum Austrittsvertrag soll auch eine „politische Erklärung“ zu den künftigen Beziehungen und ein mögliches Freihandelsabkommen mit Großbritannien verabschiedet werden. Sie könnte Diplomaten zufolge aber noch relativ vage ausfallen. Denn während der Übergangsphase bis Ende 2020 wäre noch Zeit, hier ins Detail zu gehen.

VORBEREITUNGEN AUF DAS SCHEITERN

Die EU sieht das „No deal“-Szenario als eine reale Möglichkeit und fürchtet Chaos. Denn ohne Austrittsabkommen gäbe es auch keine Übergangsphase. Dann würden Ende März 2019 zwischen beiden Seiten die Zollschranken wieder hochgehen, Waren könnten tagelang in Kontrollen feststecken, grenzüberschreitende Lieferketten von Unternehmen würden durchtrennt. Im Reiseverkehr drohten Flugausfälle und lange Schlangen an den Grenzen.

Die Kommission hatte bereits Mitte Juli EU-Länder, Regionen, Kommunen und Unternehmen aufgefordert, sich auf ein Scheitern vorzubereiten. Ohne Durchbruch kommende Woche dürfte sich die EU sich verstärkt darauf konzentrieren. Der geplante Sondergipfel im November könnte dann zum „No deal“-Krisentreffen werden. (afp)



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