Brexit: Was könnte nun geschehen?

Wie könnte es mit dem Brexit nun weitergehen? Eine Verschiebung des Austritts aus der EU? Oder folgt ein Rücktritt von Theresa May und Neuwahlen? Oder ein zweites Referendum? Oder nimmt Großbritannien den Brexit-Antrag einfach zurück?
Titelbild
Theresa May (R) in Brüssel am 21. März 2019.Foto: EMMANUEL DUNAND/AFP/Getty Images
Epoch Times21. März 2019

Für Großbritanniens Premierministerin Theresa May steht beim EU-Gipfel und an den darauffolgenden Tagen viel auf dem Spiel. Scheitert ihr Brexit-Plan, dürften Rufe nach ihrem Rücktritt lauter werden. Bei der Frage des britischen EU-Austritts sind dann praktisch wieder alle Möglichkeiten offen.

Variante 1: Austrittsvertrag angenommen, Brexit etwas verschoben

Ziel von Theresa May ist es, den Brexit bis zum 30. Juni zu verschieben. EU-Ratspräsident Donald Tusk hält eine „kurze Verlängerung“ unter der Bedingung für möglich, dass das Unterhaus davor den mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag annimmt. Die EU-Staats- und Regierungschefs müssen am Donnerstag diskutieren, ob eine Verschiebung bis Ende Juni nicht zu riskant ist und ob sie nur eine Verlängerung bis zu den Europawahlen im Mai gewähren.

Eine Hürde für Mays Plan ist Unterhaus-Sprecher John Bercow. Er hatte am Montag eine eigentlich vor dem EU-Gipfel geplante erneute Abstimmung über den Austrittsvertrag abgelehnt, weil das Parlament nicht zweimal über die selbe Vorlage befinden könne. May hat den EU-Gipfel deshalb gebeten, die Mitte März von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gemachten Zusicherungen zum Brexit nochmals formal zu billigen.

Diese rechtliche Aufwertung könnte laut EU-Diplomaten ausreichen, um eine nochmalige Abstimmung in London zu rechtfertigen. Ziel der Verlängerung in diesem Szenario wäre es, Großbritannien genug Zeit zu geben, die Vereinbarungen im Austrittsvertrag in nationales Recht umzusetzen. Die Folge wäre dann ein geregelter Austritt spätestens Ende Juni.

Variante 2: Das Unterhaus lehnt Austrittsvertrag erneut ab

Das britische Parlament hat den Brexit-Vertrag bereits zwei Mal mit großer Mehrheit abgelehnt. Es steht zu befürchten, dass May auch bei einem dritten Votum scheitert. Dann könnte vieles passieren:

Ein chaotischer Brexit wäre die automatische Folge, wenn in letzter Minute keine andere Entscheidung getroffen wird. Denn nach bisheriger Rechtslage tritt Großbritannien mit oder ohne Vertrag am 29. März um Mitternacht aus der EU aus. Beziehungen aus 46 Jahren EU-Mitgliedschaft würden schlagartig gekappt. Dies hätte weitreichende Folgen für den Reiseverkehr und die Wirtschaftsbeziehungen. Die EU bereitet deshalb seit Monaten Notfallpläne vor.

Folgt ein EU-Krisengipfel?

In Brüssel wird bereits über einen Krisengipfel am Donnerstag kommender Woche gesprochen – nur ein Tag vor dem Brexit-Datum. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat sich bereits dafür ausgesprochen, den Brexit auch bei einem No-Deal-Szenario zumindest um einige Wochen zu verschieben. Denn EU-Diplomaten verweisen darauf, dass viele europäische Unternehmen weiter nicht ausreichend vorbereitet sind.

Die EU könnte aber angesichts der unklaren innenpolitischen Lage in Großbritannien auch auf eine deutlich längere Verschiebung dringen. Im Gespräch sind verschiedenste Termine bis Ende 2020 – abhängig vom Ziel der Verlängerung.

Rücktritt von Theresa May und Neuwahlen? Oder ein zweites Referendum?

Nachdem der von ihr ausgehandelte Austrittsvertrag erneut im Unterhaus gescheitert wäre, könnte May sich gezwungen sehen zurückzutreten. Die konservative Partei könnte dann einen neuen Premier bestimmen. Neuwahlen sind dazu nicht nötig. Allerdings haben die Tories im Unterhaus derzeit keine Mehrheit und regieren nur mit Unterstützung der nordirischen DUP.

Die oppositionelle Labour-Partei sieht eine erneute Volksabstimmung über den Brexit weiter als möglichen Ausweg. Das Unterhaus hatte diese Möglichkeit vergangene Woche, allerdings beteiligten sich die Labour-Abgeordneten nicht an der Abstimmung. Für die Vorbereitung eines zweiten Referendums wären laut Experten fünf bis sechs Monate nötig. Die Entscheidung über den Brexit müsste damit mindestens bis in die zweite Jahreshälfte 2019 verschoben werden.

Rücknahme des Brexit-Antrags

Für London besteht bis zum Austrittsdatum jederzeit die Möglichkeit, den Brexit-Antrag ohne Zustimmung der EU einseitig zurückzunehmen. Dies bestätigte der Europäische Gerichtshof im Dezember. May warnt aber vor „katastrophalen“ Folgen für die britische Demokratie, wenn das Ergebnis des Brexit-Referendums von 2016 missachtet würde. (afp)



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