Mehr Freiheit und weniger Ideologie nach 36 Jahren Sozialisten: Andalusien bekommt Mitte-Rechts-Kabinett

Kaum ins Regionalparlament eingezogen, ist die rechtskonservative spanische Partei Vox bereits zum Zünglein an der Waage in der Region Andalusien geworden. Nach dem Machtverlust der Sozialisten wird Vox nun ein Kabinett aus Partido Popular und Ciudadanos tolerieren.
Titelbild
Ein Blick auf die berühmte Festung Alhambra in Andalusien.Foto: iStock
Von 17. Januar 2019

Erst im Dezember hat mit der spanischen Partei „Vox“ die erste rechtskonservative Partei seit dem Aufgehen der Falangisten in der bürgerlichen „Volkspartei“ (Partido Popular; PP) den Einzug in ein überregionales Parlament geschafft. Wenige Woche später ist sie zu einem Schlüsselfaktor in der politischen Landschaft der Region Andalusien geworden, wo sie im Dezember elf Prozent der abgegebenen Stimmen bei den Regionalwahlen auf sich vereinigen konnte.

Nachdem 36 Jahre lang die Sozialisten die Region unangefochten dominiert hatten, wurde am heutigen 16. Januar 2019 der Kandidat des PP, Juan Manuel Moreno, zum neuen Chef einer Koalitionsregierung mit der liberalen Partei der Ciudadanos gewählt. Die erforderliche Mehrheit verdankt er den Stimmen der Vox – mit denen sich die Koalitionspartner zuvor auf ein Tolerierungsmodell geeinigt hatten.

Im Vorfeld der Vereinbarung hatte der PP mit der Rechten ein 37-Punkte-Programm abgestimmt, in dem einige zentrale Forderungen von Vox Berücksichtigung fanden. Diese wolle die Volkspartei nun auch in der Regierungskoalition umsetzen.

Mehr Freiheit, weniger Ideologie

Zu den Punkten, in denen man eine Einigung erzielen konnte, gehörten unter anderem der Kampf gegen die Korruption, die Verschlankung der Verwaltung, Steuersenkungen, die Bildung eines Rates für Familienförderung und die Erleichterung von Adoptionen.

Zudem soll es deutliche Einschnitte bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens geben und Maßnahmen getroffen werden, um einer einseitigen ideologischen Berichterstattung entgegenzuwirken.

Auch in der Bildungspolitik hat die PP mit der Vox vereinbart, mehr Freiheit und weniger staatlichen Dirigismus zu gewährleisten. Ähnlich wie Brasiliens jüngst vereidigtes Kabinett unter Präsident Jair Bolsonaro soll auch die künftige Regierung in Andalusien Maßnahmen treffen, um zu gewährleisten, dass der Schulunterricht die religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen der Eltern besser respektiert und Neutralität gewahrt bleibt.

Die Bildungsfinanzierung soll unter anderem sicherstellen, dass traditionelle religiöse Privatschulen in der Region erhalten werden – auch solche, die keine Koedukation betreiben. Sozialistische Regierungen hatten zuvor beispielsweise versucht, katholische Ordensschulen, die ausschließlich Knaben oder ausschließlich Mädchen offenstanden, durch Vorenthalten von Zuschüssen, wie sie anderen Schulen gewährt wurden, zum gemischtgeschlechtlichen Betrieb zu zwingen.

Flamenco und die Karwoche unter besonderem Schutz

Der PP hat in der Vereinbarung zudem zugesagt, ein Gesetz zum Schutz der Volkskultur und ländlicher Traditionen einzubringen, zu denen beispielsweise der Flamenco, die Karwoche (Semana Santa), die Jagd und der Stierkampf gehören, deren „ökonomische und ökologische Realitäten“ anerkannt werden sollen.

Darüber hinaus hat sich Vox einige Zugeständnisse erkämpft, die aus ideologischen Beweggründen geschaffene Privilegien für Minderheiten oder Autonomisten beschränken und der Regierung in Madrid Zuständigkeiten in Bereichen wie Justiz, Bildung oder Gesundheitsfürsorge sichern sollen. Insbesondere sollen Andalusier in anderen Regionen nicht dem Zwang unterworfen werden, Regionalsprachen zu erlernen.

In den Vertrag aufgenommen wurde auch die Forderung, ein „Gesetz der Einigkeit“ an die Stelle des 2017 verabschiedeten Gesetzes über das „historische und demokratische Gedenken“ zu setzen. Dieses befördere nach Überzeugung von Vox einseitig marxistische Narrative über die Franco-Ära und sieht unter anderem die Entfernung von Denkmälern vor, die in der Zeit des „Caudillo“ errichtet worden waren.

Die Forderung von Vox, 52 000 illegale Einwanderer umgehend aus Andalusien abzuschieben, wurde zwar nicht explizit in dem Papier verankert, der PP sagte aber zu, künftig in der Einwanderungspolitik konsequent die „geltenden Gesetze“ durchzusetzen. Hingegen waren die Bürgerlich-Konservativen nicht bereit, die Forderung der Vox in die Regierungsverhandlungen einzubringen, den 2. Januar als Gedenktag an die Reconquista zum gesetzlichen Feiertag zu erheben.

Liberale in Erklärungsnöten

Vox-Generalsekretär Javier Ortega Smith sieht in der Vereinbarung insgesamt einen bedeutsamen Erfolg für die erst 2013 gegründete Partei. Auch in der Volkspartei kann man mit dem Pakt gut leben. Immerhin sichert er dem PP den Posten des Regionalpräsidenten in einer Region, in der man zuvor stets auf verlorenem Posten stand. Außerdem hatte es die Partei bis vor wenigen Jahren noch selbst verstanden, rechtskonservative, monarchistische und auch falangistische Sympathisanten in den eigenen Reihen einzubinden.

Ganz anders sieht es bei den liberalen Ciudadanos aus. Insbesondere aus Frankreich gab es Schelte ob der Tolerierungsvereinbarung mit den Rechten. Die Ciudadanos behelfen sich mit der Zusicherung, sie hätten selbst nur einen Koalitionsvertrag mit dem PP. Mit Vox habe nur der Koalitionspartner etwas ausgehandelt, was die Liberalen jedoch nicht binde.

Manuel Valls, der ehemalige französische Premier, der im Mai für Ciudadanos als Bürgermeisterkandidat in Barcelona antreten wird, sprach im Zusammenhang mit der Tolerierungspartnerschaft mit Vox von einem „Problem für ganz Spanien“.

Dieses könnte in der Tat auch Ministerpräsident Pedro Sánchez bekommen, wenn im Mai landesweite Kommunalwahlen anstehen. Korruptionsskandale, illegale Einwanderung und Separatismus haben auch in anderen Teilen Spaniens immer mehr Menschen für die Botschaft von Vox empfänglich gemacht.



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