EU: Italien weicht „beispiellos“ von Haushaltsregeln ab – Zurückweisung des Haushalts durch die EU erwartet

Die EU-Kommission wirft Italien eine "beispiellose" Abweichung von den europäischen Haushaltsregeln vor. Die EU-Kommission forderte die italienische Regierung am Donnerstag in einem Brief zu einer Klärung auf. Wenn Italien nicht einlenkt, wird die EU den italienischen Haushalt zurückweisen.
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Die italienische Hauptstadt Rom im Abendlicht.Foto: iStock
Epoch Times18. Oktober 2018

Die EU-Kommission warf Italien in einem am Donnerstag übermittelten Brief eine „beispiellose“ Abweichung von den europäischen Haushaltsregeln vor und forderte bis Montagmittag „Klarstellungen“. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, erklärte, er habe „kein Verständnis“ für Italiens Haushaltsentwurf. Der italienische Regierungschef Giuseppe Conte war bereits auf Kritik gefasst.

Italien plant eine deutlich höhere Neuverschuldung als mit Brüssel vereinbart und hält im Haushaltsentwurf an kostspieligen Ausgaben fest.

Das Land hat mit 131 Prozent der Wirtschaftsleistung allerdings bereits jetzt die zweitgrößte Gesamtverschuldung der Eurozone nach Griechenland und muss für seine Kreditaufnahme steigende Zinsen zahlen.

Klarstellungen bis Montagmittag gefordert

Die Abweichung von den Haushaltsregeln sei „beispiellos in der Geschichte des Stabilitäts- und Wachstumspaktes“, schrieb die EU-Kommission in dem Brief an Rom. Darin forderte Brüssel „Klarstellungen“ bis Montagmittag. Sollte Italien die Vorlage nicht nachbessern, könnte die Kommission sie zurückweisen. Dies wäre eine Premiere in der EU.

Österreichs Bundeskanzler Kurz kritisierte den italienischen Budgetplan scharf. „Wir werden sicherlich nicht für die Schulden und populistischen Wahlversprechen anderer bezahlen“, schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Zuvor hatte er in Brüssel bereits gesagt, dass die EU-Vorgaben zu Defiziten und Gesamtverschuldung „für alle gelten“. Eine Überschuldung könne nicht nur für die betroffenen Staaten gefährlich sein, sondern „auch gefährlich für ganz Europa“.

Der am Montag von Italiens Regierung verabschiedete Haushaltsentwurf sieht unter anderem die Einführung eines Grundeinkommens und Erleichterungen beim Renteneintritt sowie eine Amnestie für Steuersünder vor.

Lenke die Regierung in Rom bis dahin ein, werde die Kommission auf die Zurückweisung des Haushalts verzichten, heißt es. Damit sei aber nicht zu rechnen.

Die EU-Behörde äußert in dem von Vizepräsident Valdis Dombrovskis und Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici unterzeichneten Schreiben tiefgehende Zweifel daran, dass der Haushaltsentwurf mit den EU-Stabilitätskriterien im Einklang steht. Er weiche „beispiellos“ von den europäischen Haushaltsregeln ab.

Es gebe eine signifikante Lücke zwischen der mit dem Ziel, die hohe Schuldenlast zu reduzieren, vereinbaren Ausgaben und den geplanten Ausgaben. Im Übrigen bezweifelt die Kommission, ob die Annahmen über das Wachstum der italienischen Wirtschaft stimmen.

Ein Defizit von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung geplant

Für das kommende Jahr sieht der Plan ein Defizit von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung vor – deutlich mehr als die von der Vorgängerregierung versprochenen 0,8 Prozent. 2020 beträgt das Defizit demnach 2,1 Prozent. Im Jahr 2021 liegt es der Planung zufolge bei 1,8 Prozent.

„Das ist kein Haushalt, wie ihn die Kommission erwartet hatte“, hatte Ministerpräsident Guiseppe Conte bereits vor Bekanntwerden des Briefs in Brüssel gesagt. „Je mehr Zeit vergeht, desto schöner finde ich unser Budget.“ Am ersten Tag des EU-Gipfels am Mittwoch hatte Conte erklärte, er sehe „keinen Spielraum“ für Änderungen.

Das Haushaltsdefizit werde gemäß dem Entwurf eher bei 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen als wie von der Regierung angegeben bei 2,4 Prozent.

Die Debatte um die Durchsetzung der Defizit- und Schuldenziele begleitet die EU seit den 90er Jahren. Der 1997 geschlossene Stabilitäts- und Wachstumspakt sollte übermäßiges Schuldenmachen verhindern und so den Euro stabil halten. Auch Deutschland hatte den Pakt Mitte des vergangenen Jahrzehnts unterlaufen und Sanktionen in eigener Sache abgewehrt. Dem hoch verschuldeten Griechenland drohte sogar der Rauswurf aus der Eurozone.

(afp/dts)

 



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