Europawahl: Rechte kann auf zusätzliche Dynamik in der Wahlkampf-Endphase hoffen

Das Insa-Institut hat zusammen mit Partnern in sechs Ländern eine breit angelegte Umfrage zur bevorstehenden Europawahl durchgeführt. Die Rechtsfraktion ENF, der auch die österreichische FPÖ, die deutsche AfD und die italienische Lega angehören, kann mit einer Verdopplung ihrer Mandate rechnen. Zudem sind Beitritte weiterer Parteien nicht auszuschließen.
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Mitglieder von "Europa der Nationen und Freiheit" liegen in einer Insa-Studie bei den Europawahlen ganz vorn: Gerolf Annemans (Belgien), Marine Le Pen, Chefin des "Front National", Tomio Okamura von Tschechiens Partei für Direkte Demokratie, Geert Wilders von der "Partei für die Freiheit" (Niederlande).Foto: MICHAL CIZEK/AFP/Getty Images
Von 13. Mai 2019

Eine Umfrage des Insa-Instituts, die dieses zusammen mit Partnern in sechs Ländern durchgeführt hat, lässt eine zunehmende Dynamik in den letzten Wochen des Europawahlkampfs erkennen. Vor allem für die Parteien der eurokritischen, rechten Fraktion „Europa der Nationen und Freiheit“ (ENF) könnte das auf den letzten Metern noch einmal einen deutlichen Zuwachs bedeuten.

Die Zeitung „Österreich“ gibt einige der Ergebnisse wieder. Die ENF könnte demnach auf eine Verdopplung ihrer Ergebnisse hoffen. Demgegenüber müssen die bürgerliche EVP und die Sozialdemokraten mit zum Teil deutlichen Verlusten rechnen.

Wer am Ende in welcher Fraktion sitzen wird, ist noch nicht restlos geklärt. Es werden voraussichtlich noch einige neue Gesichter im Europaparlament Einzug halten. Zudem könnte der Brexit Auswirkungen auf die Zusammensetzung einiger Fraktionen haben. Es ist auch denkbar, dass einige Parteien ihre bisherigen Fraktionen verlassen, wie die noch zur EVP gehörige Fidesz von Ungarns Premierminister Viktor Orbán.

Brexit Party könnte für Paukenschlag sorgen

Ein Paukenschlag deutet sich in Großbritannien an. Dort würde die Brexit-Partei des früheren UKIP-Vorsitzenden Nigel Farage auf Anhieb auf 34 Prozent der Stimmen kommen – was 19 Sitzen im Europaparlament entspricht. Labour würde hingegen auf 21 Prozent abstürzen, die Konservativen gar auf den vierten Platz mit nur noch elf Prozent, einen Punkt noch hinter den Liberaldemokraten. Die ursprüngliche UKIP liegt bei 3 bis 4 Prozent.

In Frankreich läge der Rassemblement National mit etwas mehr als 22 Prozent knapp vor der Bewegung von Emmanuel Macron. Die bürgerlichen Republikaner kommen auf etwa 14 Prozent. Von den übrigen souveränistischen Parteien (Debout La France, Les Patriot, SIEL und UPR) würde keine mehr als 3,5 Prozent erreichen, was nicht für ein Mandat reicht. Auch die Sozialisten stehen in Frankreich mit 5-5,5 Prozent an der Kippe. Nur noch acht Prozent würde die linksextreme Partei France Insoumise erzielen.

In Italien kann die Lega Nord mit 31,5 Prozent rechnen und würde damit stärkste Partei. Die linkspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung, die zusammen mit der Lega regiert, käme auf 22,3 Prozent. Der sozialdemokratische PD läge bei 21,6 Prozent, die Forza Italia würde nur noch auf 9,3 Prozent kommen. Die rechtskonservativen Fratelli d’Italia liegen bei 5,3 Prozent. Sie könnten ebenfalls den Einzug schaffen.

FPÖ und AfD legen auf den letzten Metern zu

In Österreich liegt die bürgerliche ÖVP bei 29 Prozent. Das wäre ein leichter Zugewinn gegenüber 2014, aber unterhalb des Ergebnisses, das die Partei auf Nationalratsebene unter der Führung von Sebastian Kurz erzielt hat. Der Spitzenkandidat der Partei, Othmar Karas, gilt als Vertreter der „alten Garde“ in der Partei. Sein Verhältnis zu Kurz und dessen Koalitionspartner, der FPÖ, gilt als angespannt. Die FPÖ liegt nach derzeitigen Umfragen mit 23 Prozent etwa vier Punkte hinter der SPÖ auf Platz drei. Ihr Spitzenkandidat Harald Vilimsky hat jedoch zuletzt bei mehreren Fernsehdebatten punkten können. Zudem sei ein deutlicher Trend zu Gunsten der Freiheitlichen zu verzeichnen.

In Deutschland gibt Insa der AfD derzeit 14 Prozent. In allen Umfragen sind jedoch auch deren Zahlen zuletzt deutlich in die Höhe geschnellt – und es entspricht bisherigen Erfahrungen, dass bei Europawahlen die Protestneigung tendenziell noch höher ist als bei Bundestagswahlen. Den derzeitigen Zahlen zufolge würden Union und SPD zusammen etwa 20 Prozent gegenüber den Ergebnissen von 2014 einbüßen.

Das Portal „Der europäische Föderalist“ geht zurzeit von einem Mandatszuwachs bei der ENF-Fraktion von 36 auf 75 unter den derzeit vertretenen Mitgliedsparteien aus. Eine dynamische Berechnung lässt sogar 89 Mandate als möglich erscheinen. Tatsächlich könnten noch zusätzliche Parteien den Weg in die Rechtsfraktion finden.

Verhindern persönliche Eitelkeiten die Vereinigung von Rechtskonservativen und Rechtspopulisten?

Inwieweit die Brexit-Partei mit von der Partie sein wird, ist unklar. Auch könnte die Fidesz die EVP verlassen oder die polnische PiS und andere Parteien wie die slowakische NOVA oder die italienischen Fratelli die „Europäischen Konservativen und Reformer“ (EKR). Das niederländische „Forum für Demokratie“ (FvD) und die „Schwedendemokraten“ gehören derzeit ebenfalls zu dieser Parteienfamilie. Ungewiss ist zudem, wohin sich die spanische Vox, die polnische „Kukiz‘15“ oder die möglicherweise ebenfalls mit einem Mandat vertretene kroatische HSP orientieren werden.

Der sächsische Europakandidat der AfD, Maximilian Krah, zeigte sich in der Vorwoche auf einer Veranstaltung in Freital zuversichtlich, dass es nach der Wahl gelingen kann, eine starke rechtskonservative Fraktion zu bilden. Zu ihr sollen unter anderem der Rassemblement National (Frankreich), die Lega Nord und die österreichische FPÖ gehören. Ob auch Nigel Farage, der ungarische Fidesz und die polnische PiS mit von der Partie sein werden, ist noch unklar. Im Fall der Polen ist es das gespannte Verhältnis zu Russland, das zum Streitpunkt werden könnte. Die ENF will konstruktive Beziehungen zu Moskau und eine Fertigstellung von „Nord Stream 2“.

Insbesondere, was die Regierungsparteien Fidesz und PiS anbelangt, argwöhnt Krah zudem, dass die deutsche Regierung die in Ungarn und Polen mit umfangreichen Investitionen vertretenen deutschen Großkonzerne unter Druck setzen könnte. Sie sollen auf die Regierungsparteien einwirken, ein Zusammengehen mit der Rechten zu unterlassen. Außerdem seien, so Krah, auch persönliche Eitelkeiten ein Faktor, der einer Vereinigung aller Rechtskonservativen und Rechtspopulisten in einer einheitlichen Fraktion im Wege stehen könnte.



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