Frankreichs Innenminister Collomb tritt ab

Der französische Innenminister Gérard Collomb hat überraschend seinen Rücktritt von dem Amt für das kommende Jahr angekündigt.
Titelbild
Gerard CollombFoto: Christophe Ena/dpa
Epoch Times18. September 2018

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verliert ein weiteres Schwergewicht in seiner Regierung: Innenminister Gérard Collomb kündigte am Dienstag überraschend seinen Rückzug im kommendem Jahr an, um für das Amt des Bürgermeisters von Lyon zu kandidieren. Der 71-Jährige ist ein Macron-Vertrauter der ersten Stunde und bereits das dritte Kabinettsmitglied innerhalb von drei Wochen, das geht. Die Opposition verglich Macrons Regierung mit der „Titanic“.

Collomb sagte der Zeitschrift „L’Express“, er wolle nach den Europawahlen Ende Mai aus dem Kabinett ausscheiden. Sein Ziel sei es, bei den Kommunalwahlen 2020 wieder zum Bürgermeister von Lyon gewählt zu werden. Collomb stand der zweitgrößten französischen Stadt vor seiner Berufung ins Innenministerium bereits 16 Jahre lang vor.

Der frühere Sozialist war einer der ersten, die Macron in seinen Präsidentschaftsambitionen unterstützten und beim Aufbau seiner Bewegung En Marche halfen. Als Innenminister ist Collomb allerdings in den Reihen der Präsidentenpartei wegen seiner Asyl- und Anti-Terror-Politik umstritten. Unter ihm verschärfte die Regierung das Asyl- und Einwanderungsrecht und gab den Behörden zahlreiche Sonderbefugnisse gegen so genannte Gefährder.

Unter Druck geriet Collomb zuletzt auch in der Affäre um den früheren Sicherheits-Mitarbeiter Macrons, Alexandre Benalla. Dieser hatte auf der Pariser Mai-Kundgebung einen Polizeihelm getragen und einen Demonstranten geschlagen, obwohl er selbst kein Polizist war. Die Justiz ermittelt wegen Gewaltanwendung, Benalla sagt am Mittwoch vor einem Untersuchungsausschuss aus.

Die konservativen Republikaner als größte Oppositionspartei riefen Collomb auf, seinen Ministerposten unverzüglich zu räumen. „Frankreich verdient einen Innenminister in Vollzeit und nicht einen Mann, der nur an sich selbst denkt“, kritisierte der stellvertretende Fraktionschef der Partei, Guillaume Peltier, im Sender RTL.

Andere Politiker im rechten Lager kritisierten, Macrons Kabinett gleiche der Titanic. „Der Eisberg naht“, spottete die Sprecherin der Republikaner, Laurence Sailliet, auf Twitter. „Gibt es noch einen Piloten im Flugzeug?“, twitterte die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (Nationale Sammlungsbewegung, ehemals Front National) von Marine Le Pen. Sie warf Collomb vor, für „explodierende“ Kriminalitätsraten verantwortlich zu sein.

Ende August hatte Macron bereits den beliebten Umweltminister Nicolas Hulot verloren. Der frühere Fernsehjournalist kündigte seinen Rücktritt ebenfalls in einem Interview an, in dem er der Regierung zu wenig Engagement für den Klima- und Naturschutz vorwarf. Anfang September ging zudem Sportministerin Laura Flessel, womöglich wegen Unregelmäßigkeiten bei ihrer Steuererklärung.

Collomb ist in Macrons Kabinett der Ranghöchste hinter Ministerpräsident Edouard Philippe. Der Freimaurer gilt als Vertreter des rechten Regierungs-Flügels. Vor allem die linke Opposition wirft ihm einen autoritären Stil und Anleihen bei den Rechtspopulisten vor.

Gemeinsam mit Macron sorgte der „erste Polizist Frankreichs“ auch dafür, zahlreiche Sonderbefugnisse für die Behörden im Anti-Terror-Kampf in die normale Gesetzgebung zu überführen. Die Regierung hob deshalb im vergangenen November den Ausnahmezustand auf, der nach den Anschlägen von Paris vom November 2015 mit 130 Toten verhängt worden war.

Das rechte Lager wirft Collomb vor, zu lasch gegen Islamisten und andere Gewalttäter vorzugehen. Bei der Anschlagsserie in Frankreich kamen seit Januar 2015 mehr als 240 Menschen ums Leben. (afp)



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