Für Erdogan ist der Westen schuld: Türkische Lira im freien Fall – Welche Folgen hat das für den Euro?

Für den türkischen Präsidenten ist der Westen schuld am Absturz der Lira. Wie wirkt sich das auf den Euro aus? Es kann sein, dass türkische Banken ihre Verpflichtungen bei anderen Banken nicht mehr begleichen können - die deutschen Banken verliehen knapp 17 Milliarden Dollar an die Türkei.
Titelbild
Türkische Lira. Symbolbild.Foto: iStock
Epoch Times10. August 2018

Nach einer neuen Eskalation zwischen der Türkei und den USA hat sich der Verfall der türkischen Landeswährung Lira rasant beschleunigt. Der Dollar stieg auf ein neues Rekordhoch – für einen Dollar wurden 6,87 Lira fällig. Der aktuelle Chart: Aktueller Wechselkurs Euro in Lira.

Ein von Finanzminister Berat Albayrak vorgestelltes Maßnahmenpaket für die angeschlagene türkische Wirtschaft hatte Investoren nicht überzeugt und die Verunsicherung beschleunigt.

Wie wirkt sich das auf den Euro aus?

Der Euro-Kurs sackte ab, der Dax verlor zeitweise mehr als zwei Prozent. Für die europäischen Banken steigt das Risiko, dass sie ihr Geld nicht wieder sehen, da türkische Banken ihre Devisen-Verpflichtungen nicht mehr begleichen können.

Vor allem die spanische BBVA, die französische BNP Paribas und die italienische Unicredit haben große Gelder in der Türkei angelegt. Spaniens Banken sind dabei Rekordreiter mit 82 Milliarden Euro, die deutschen Banken verliehen knapp 17 Milliarden Dollar an die Türkei.

Der Euro rutschte zeitweise bis auf 1,14 Dollar ab – das ist der tiefste Stand seit Juli 2017. Die Kunden kauften demnach lieber Dollar, der kaum durch den Verfall der türkischen Währung unter Druck geraten dürfte.

Durch die Abwertung der Lira werden importierte Waren für türkische Unternehmen teurer, was zu einer geringeren Nachfrage an deutschen Produkten führen könnte (Autoindustrie).

Währungskrise der Türkei belastet die Wall Street

Die Währungskrise in der Türkei hat auch die Wall Street belastet. Der beschleunigte Kursverfall löste Unruhe an den Finanzmärkten aus. Befürchtet wird, dass sich viele türkische Kreditnehmer nicht ausreichend gegen den Kursverfall der heimischen Lira abgesichert haben könnten. Somit könnten Zahlungsprobleme bei den auf Euro oder Dollar laufenden Krediten drohen. Der Kursverfall der türkischen Währung hat sich beschleunigt. Am Morgen kam es im Handel mit dem US-Dollar zeitweise zu einem Einbruch um 13,5 Prozent.

Am Morgen wurden zeitweise bis zu 7,2254 Lira für einen Euro gezahlt. Zu Beginn des Jahres waren es nur 4,50 Lira. Die nervöse Stimmung schwappte auch auf andere Märkte über. Im Vormittagshandel beruhigte sich die Lage teilweise wieder, die Lira erholte sich etwas.

„Die globalen Märkte haben den Absturz der türkischen Lira in den vergangenen Tagen mehr mit Neugier als Besorgnis beobachtet. Sie dachten, es sei ein rein lokales Problem der Türkei. Aber das hat sich jetzt geändert“, sagte Sean Callow, Währungsstratege bei Westpac dem „Wall Street Journal“.

Als Ursache für die Zuspitzung an den türkischen Finanzmärkten galt auch die Unsicherheit der Anleger vor der Veröffentlichung des neuen Wirtschaftsmodells vom Finanzminister Albayrak. Hinzu kommt die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die Zölle auf Stahl und Aluminium anzuheben.

Trump teilte auf Twitter mit: „Ich habe gerade eine Verdoppelung der Zölle auf Stahl und Aluminium hinsichtlich der Türkei bewilligt.“

Analysten der Landesbank-Baden-Württemberg (LBBW) sprachen von einer Vertrauenskrise, die einen „Abwärtsstrudel“ bei der türkischen Lira ausgelöst habe. Anfangs waren noch mangelnde Rechtssicherheit, eine starke Inflation und die Sorgen um die Unabhängigkeit der Zentralbank das Hauptproblem für die türkische Währung. Mittlerweile wird nach Einschätzung der LBBW an den Märkte aber auch die Möglichkeit einer Staatspleite der Türkei durchgespielt.

Erdogan ruft Bevölkerung auf, Dollar und Euro in Lira umzutauschen

Zuvor hatte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan den Westen für den Verfall der Lira verantwortlich gemacht und die Bevölkerung aufgerufen, Dollar und Euro in die Landeswährung umzutauschen. Er sprach erneut von einem „Wirtschaftskrieg“ und erhob den Westen zum Feindbild.

„Die, die Dollar, Euros, Gold unter dem Kissen haben – geht und wechselt es in türkische Lira in unseren Banken“, sagte Erdogan im nordtürkischen Bayburt. Solidarität werde die wichtigste Reaktion auf den Westen sein. Die Krise sei „künstlich“.

Albayrak betonte, die Regierung unterstütze voll eine „unabhängige Geldpolitik“. Sie wolle das Vertrauen in die Lira verbessern und werde die Inflation effektiv bekämpfen. Außerdem werde das Budget gestrafft. Wie genau die Regierung das anstellen will, ging aus der vage gehaltenen Rede aber nicht hervor.

Gegenüber dem Euro hat die Lira seit Januar mehr als ein Drittel an Wert verloren. Am Morgen war sie auf einen neuen Tiefststand gestürzt. Im Handel mit dem US-Dollar kam es zeitweise zum Einbruch um 13,5 Prozent. Im Handel mit dem Euro wurden erstmals mehr als sieben Lira für einen Euro gezahlt.

(dpa/ks/afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion