Frankreich: Viele Wähler wissen noch nicht, wen sie am 23. April wählen sollen

Viele Franzosen haben sich noch nicht entschieden, wen sie in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl wählen. Zur Wahl stehen Emmanuel Macron (derzeit ca. 22 Prozent in den Wahlumfragen), Marine Le Pen (22 Prozent), François Fillon (19 Prozent) und Jean-Luc Mélenchon (20 Prozent).
Titelbild
Der konservative Anwärter Fillon (l-r), der unabhängige Bewerber Macron, der Linkspolitiker Mélenchon, französische Rechtspopulistin Le Pen und der Sozialist Hamon im Sender TF1.Foto: PATRICK KOVARIK/AFP/Getty Images
Epoch Times14. April 2017

Eine Woche vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahl haben gleich vier Kandidaten Chancen auf einen Einzug in die Stichwahl: der unabhängige Mitte-Kandidat Emmanuel Macron, die Rechtspopulistin Marine Le Pen, der Konservative François Fillon und der Linksaußen Jean-Luc Mélenchon.

Viele Wähler wissen noch nicht, wem sie am 23. April ihre Stimme geben sollen. In den Umfragen sind die vier aussichtsreichsten Kandidaten zusammengerückt: Der Vorsprung des Spitzenduos Macron und Le Pen ist etwas geschmolzen.

Laut einer Erhebung vom Freitag kommen der Ex-Wirtschaftsminister und die Rechtspopulistin auf jeweils 22 Prozent. Der wortgewaltige Mélenchon landet nach einer bemerkenswerten Aufholjagd bei 20 Prozent, der durch eine Scheinbeschäftigungsaffäre geschwächte Fillon legt leicht zu und kommt auf 19 Prozent.

Bei der Wahl ist also noch alles möglich – zumal viele Franzosen noch nicht entschieden haben, wen sie wählen werden. Rund ein Drittel der Wähler gibt an, sich noch nicht auf einen Kandidaten festgelegt zu haben. Eine so große Unsicherheit so kurz vor einer Präsidentschaftswahl hat es in Frankreich noch nicht gegeben.

„Ich weiß nicht, wen ich wählen werde. Das ist mir noch nie passiert.“

„Ich weiß nur, wen ich nicht wählen werde“, sagt der 34-jährige Marc Jaurena in der ostfranzösischen Stadt Metz. In Straßburg räumt der Ingenieur Jacques Fischer ein: „Ich bin komplett verloren.“

Eine 54-jährige konservative Wählerin beklagt: „Ich weiß nicht, wen ich wählen werde. Das ist mir noch nie passiert.“ Und im nordwestfranzösischen Rennes sagt eine pensionierte Lehrerin: „Ich weiß nicht, ob ich überhaupt wählen gehe.“

Die beiden großen Traditionsparteien haben massiv an Zustimmung eingebüßt. Wegen der Enthüllungen über die zwielichtige Beschäftigung seiner Ehefrau Penelope und die Geschenke reicher Gönner ist der Republikaner Fillon bei vielen konservativen Wählern unten durch.

Linke Wähler wiederum sind nach den fünf Amtsjahren des Sozialisten François Hollande ebenso desillusioniert wie gespalten: Sollen sie für den blassen Sozialisten Benoît Hamon stimmen, der keine Siegeschancen hat und in Umfragen weit unter die Zehn-Prozent-Marke gefallen ist? Für den linken Volkstribun Mélenchon, der vielen dann doch ein bisschen zu radikal ist?

Oder für den 39-jährigen Shootingstar Macron, der mit seinem sozialliberalen Kurs von Mitte-Links bis Mitte-Rechts viele Wähler anspricht, bei dem viele aber nicht so richtig wissen, wofür er eigentlich steht?

Dem Rat des Herzens folgen oder strategisch abstimmen?

Viele fragen sich, ob sie bei der Wahl ihrem Herzen folgen oder strategisch abstimmen sollen – also für das in ihren Augen kleinere Übel.

Experten warnen, dass von der Orientierungslosigkeit Le Pen profitieren könnte, die ohnehin schon den stabilsten Wählerstamm hat. „Wenn man keinen Halt mehr hat, besteht die Gefahr, dass man einen Lottoschein zieht und sich sagt: ‚Warum nicht?'“, sagt der Politologe Richard Kleinschmager. „Und derzeit ist dieser Lottoschein Marine Le Pen.“

Doch was passiert, wenn im ersten Wahlgang plötzlich Le Pen und Mélenchon vorne landen und in die Stichwahl vom 7. Mai einziehen? Diese Möglichkeit treibt auch Staatschef Hollande zunehmend um.

Der Präsident will sich deswegen vorsichtig in den Wahlkampf einmischen und vor den Gefahren des rechten und linken Populismus warnen. Doch das könnte nach hinten losgehen: Vom unpopulären Staatschef erwartet nun wirklich niemand eine Wahlempfehlung. (afp)

 



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