Griechische Armee plant umfangreiche Schießübungen in der Ägäis – Einheimische greifen Journalisten an

Unter dem Eindruck der seit Freitag drastisch gestiegenen Anzahl von Migranten, die von der Türkei aus versuchen, nach Griechenland zu gelangen, hat Athen das Asylrecht für einen Monat ausgesetzt und Sammelabschiebungen angekündigt. Auf Lesbos liegen die Nerven blank.
Von 2. März 2020

Über einen reservierten Empfang vonseiten Einheimischer klagen deutsche Politiker, Journalisten und Angehörige von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die derzeit auf griechischen Inseln wie Lesbos weilen. Wenige Tage nach der Ankündigung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, Migranten, die in Richtung EU streben, nicht mehr aktiv daran zu hindern, sollen Anwohner in organisierter Weise versuchen, die Landung von Migranten zu verhindern.

Zudem wurden in mehreren Fällen deutsche Journalisten, Politiker und Vertreter von Nichtregierungsorganisation von einer aufgebrachten Menge zum Verlassen der Insel aufgefordert. In einigen Fällen soll auch körperliche Gewalt ausgeübt worden sein.

Grüner Europaabgeordneter ist nach Griechenland gereist

Wie die „Welt“ unter Berufung auf lokale Medien berichtet, sollen Bewohner der Insel am Sonntag (1.3.) unter anderem rund 25 Migranten daran gehindert haben, aus einem Schlauchboot vor dem Hafen von Thermi an Land zu gehen. Dabei sollen Rufe wie „Geht zurück in die Türkei“ laut geworden sein.

Auf Twitter klagt der grüne Europaabgeordnete Erik Marquardt in mehreren Beiträgen, dass er sowie mehrere Reporter und Angehörige von NGOs von Bewohner bedroht würden. Die Polizei solidarisiere sich mit diesen, schreibt er:

„Auf Lesbos blockieren Einwohner Bevölkerung jetzt Schlauchboote. NGOs und Journalisten werden bedroht. Die Küstenwache schaut zu. Ich wurde auch bedroht. Die Polizei hat meine Personalien aufgenommen, statt die der Angreifer.“


Der Reporter Giorgios Christides, der für den „Spiegel“ berichten sollte, schildert, er sei verletzt, mit Holzstücken beworfen und im Auto verfolgt worden. „Rechtsextremisten“ hätten Straßensperren errichtet, um Kollegen zu belästigen. Ein anderer Journalist, so Marquardt, sei „krankenhausreif geprügelt“ worden.

Reporter in sozialen Netzwerken verhöhnt

Eine beträchtliche Anzahl an Twitter-Nutzern reagiert auf die Beiträge mit kaum verhohlener Schadenfreude. „Tut mir leid, Bruder, das ist nicht Deutschland, noch nicht“, kommentiert etwa ein Anatoly Voronin. Ein anderer Nutzer erklärt: „Die Polizei hätte dich festnehmen sollen. Die NGOs handeln illegal und erleichtern Menschenhändlern ihre Arbeit.“ Ein Dan Costello fragt: „Ist es das wert, für die Deutschen zu arbeiten?“

Mittlerweile seien die Migranten von dem Boot in eine Halle im Hafen der Inselhauptstadt Mytilini gebracht worden. Wie die „New York Times“ berichtet, hat Griechenland das Recht auf Asyl für die Dauer eines Monats ausgesetzt. Zudem soll die Regierung nun auch Migranten per SMS vor dem Versuch warnen, illegal nach Griechenland zu gelangen. Die Regierung in Athen hat zudem Sammelabschiebungen angekündigt.

Griechenland würde, so heißt es weiter, in Brüssel um eine Ausnahmegenehmigung für den bereits vorsorglich gesetzten Schritt ansuchen, das Asylrecht temporär auszusetzen. Zwar gibt es weder im Recht der EU noch in internationalen Übereinkommen eine Grundlage für eine solche Option, die Regierung gewinnt mit dem Schritt aber vorerst Zeit, um der Situation Herr zu werden.

Neben Lesbos auch Chios und Samos betroffen

Die griechische Armee wird, wie die „Welt“ weiter berichtet, am Montag auf den Inseln im Osten der Ägäis umfangreiche Schießübungen durchführen. Bereits seit Jahresbeginn seien bislang knapp 100 Menschen täglich aus der Türkei gekommen. Am gestrigen Sonntag seien es sogar 700 Migranten gewesen.

Neben Lesbos, wo am Sonntagvormittag 220 Migranten angekommen seien, sind auch die Inseln Chios und Samos betroffen. Die dortigen Bewohner klagen bereits seit längerem über die Folgen, die hoffnungslos überfüllte Flüchtlingslager auch für ihre Lebensqualität bedeuteten.

Derweil sollen nach wie vor Migrantenboote von der türkischen Ägäisküste aus Lesbos ansteuern. Die türkische Küstenwache beobachte das Geschehen, ohne einzugreifen, berichtet die „Welt“ unter Berufung auf den TV-Sender Mega. Am Freitag hatte der türkische Präsident Erdoğan dieses Vorgehen angekündigt und damit eine neue Migrationswelle beflügelt.

An der bulgarischen EU-Außengrenze zur Türkei sei es bis dato jedoch ruhig, berichtet der „Stern“. Erdoğan empfängt derzeit den bulgarischen Ministerpräsidenten Boiko Borissow in Ankara. Dabei wolle man die Syrien-Krise und das Flüchtlingsproblem miteinander erörtern.



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