Henkel: Coronavirus kann Italien zum „Riesenproblem für die EU“ machen – mehr Fälle auch in Spanien

In Italien könnte die Ausbreitung des Coronavirus langsam ihren Zenit erreicht haben. Eine Rezession ist in dem hoch verschuldeten Land aber kaum noch vermeidbar. Spanien könnte ein ähnliches Schicksal drohen. Ex-BDI-Chef Henkel warnt vor Auswirkungen auf die Eurozone.
Titelbild
Italienische Polizisten kontrollieren die Passagiere, die am 10. März 2020 vom Bahnhof Mailand Centrale in Mailand, Italien, abreisen wollen.Foto: Emanuele Cremaschi/Getty Images
Von 11. März 2020

Der Industrielle und frühere Europaabgeordnete Hans-Olaf Henkel befürchtet, dass die Krise, die das Coronavirus in Italien geschaffen hat, zum Ausgangspunkt einer neuen Eurokrise werden könnte. Gegenüber der dpa erklärte Henkel, Italien werde „ein Riesenproblem für die EU werden“. Bereits vor Ausbruch der Pandemie hätte das Land unter schwachem Wirtschaftswachstum, fehlendem Reformwillen und hohen Staatsschulden gelitten. Das Coronavirus könnte nun wie ein Brandbeschleuniger wirken.

Seit Montagabend ist das gesamte Land de facto abgeriegelt. Premierminister Giuseppe Conte hat, nachdem bereits zuvor weite Teile Norditaliens unter Quarantäne gestellt wurden, ganz Italien zur „roten Zone“ erklärt. Diese Maßnahme gilt vorerst bis 3. April.

Es finden keine Sportveranstaltungen statt, Skiorte beenden vorzeitig die Saison, Schulen und Kindergärten sind geschlossen, Bürger werden dazu angehalten, zu Hause zu bleiben. Einige Touristen stornieren ihre Reservierungen für den Sommer, in Nachbarländern werden Arbeitnehmer von ihren Chefs dazu angehalten, ihren Urlaub nicht in Italien zu verbringen.

Derzeit gibt es in Italien 10.149 gemeldete Fälle von Infektionen mit dem Coronavirus. 724 gelten als geheilt, 631 sind verstorben. Die Zahl an Neuinfektionen fiel vom bisherigen Höchststand vom Montag (9.3.) von 1797 auf 977 am gestrigen Dienstag. Im gleichen Zeitraum stieg die Anzahl der Heilungen von 102 auf 280.

Sollte die Krise bis zum Frühsommer ausgestanden sein, drohen dem am stärksten vom Coronavirus betroffenen Land in Europa dennoch unangenehme Folgewirkungen. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, hält im „Focus“ eine Rezession in Italien für unausweichlich. Schon im Vorjahr sei Italiens Wirtschaft nur um 0,2 Prozent gewachsen.

Italien drohen deutliche Einbußen im Tourismus

Der Tourismus steuert jährlich rund vier Prozent zum gesamten italienischen BIP bei. Ein Quartalsrückgang von 30 Prozent in dieser Branche, und mit diesem wäre selbst bei vorsichtiger Schätzung zu rechnen, ließe einen vierteljährlichen BIP-Rückgang von 1,2 Prozent befürchten.

In dieser Situation ist die Erwartungshaltung an den Staat hoch, dass dieser proaktive Maßnahmen trifft, um dem Absturz entgegenzuwirken. Zusätzlich zu den Mehrkosten, die eine Bekämpfung der Seuche selbst nach sich zieht. Die bisher veranlassten Schritte waren zunächst 900 Millionen Euro für den Kampf gegen das Virus selbst und 7,5 Milliarden Euro, die genehmigt wurden, um die Folgewirkungen für Wirtschaftsunternehmen abzufedern.

Was im Fall Italiens erschwerend dazukommt: Das Land weist eine Staatsverschuldung von 137,3 Prozent des BIP auf. Den Maastricht-Kriterien zufolge sind in der Eurozone maximal 60 Prozent zulässig. Nur Griechenland weist einen höheren Wert auf. Die italienischen Privatbanken haben Liquiditätshilfen von bis zu fünf Milliarden Euro in Aussicht gestellt, die EU-Kommission will dem Land ebenfalls entgegenkommen.

EU-Kommission signalisiert Bereitschaft zum Entgegenkommen

Wie der „Focus“ weiter berichtet, hat die EU-Kommission dem italienischen Hilfspaket am Wochenende grünes Licht erteilt. Die dafür veranschlagten Ausgaben würden nicht herangezogen werden, wenn Brüssel die Einhaltung der EU-Haushaltsregeln durch Italien prüfe, hieß es in einem Schreiben von Kommissionsvize Valdis Dombrovskis und Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni an den italienischen Finanzminister Roberto Gualtieri.

Neben Italien könnte zudem schon bald auch ein weiterer Eurozonenstaat vor der Verlegenheit stehen, außerplanmäßige Ausgaben in Milliardenhöhe infolge des Coronavirus tätigen zu müssen.

In Spanien hat sich die Zahl der Infizierten seit Ende Februar von 58 auf 1695 erhöht. Auch hier ist am gestrigen Dienstag die Zahl der Neuinfektionen erstmals von 557 auf 464 gesunken. Die Zahl der aktiven Fälle insgesamt ist jedoch nach wie vor im Steigen begriffen.

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