Regierung vor dem Aus: Salvini fordert Neuwahlen in Italien

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Matteo Salvini, Innenminister von Italien, spricht auf einer Pressekonferenz.Foto: Emmi Korhonen/Lehtikuva/dpa
Epoch Times8. August 2019

Angesichts eines Koalitionskrachs in Italien arbeitet Vize-Regierungschef Matteo Salvini auf schnellstmögliche Neuwahlen hin. „Wir gehen sofort ins Parlament, um festzustellen, dass es keine Mehrheit mehr gibt“, erklärte der Chef der Lega-Partei und starke Mann in der Regierung in Rom am Donnerstag nach mehreren Treffen von hochrangigen Regierungspolitikern. Auslöser der Krise war das Nein des Koalitionspartners Fünf-Sterne-Bewegung zu einem von Salvini geforderten Infrastrukturprojekt.

Nun müssten die Wähler das Wort erhalten und ein neues Parlament wählen, verlangte Salvini in seiner Erklärung. Die seit Juni 2018 amtierende Regierung aus seiner Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung von Luigi di Maio steuerte Politikexperten zufolge schon länger auf eine Krise zu. Den Ausschlag gab nun die letzte Abstimmung im Parlament vor der Sommerpause am Mittwoch. Dabei votierte die Fünf-Sterne-Bewegung gegen ein milliardenschweres Bahnprojekt, das von der Lega unterstützt wurde.

Das Projekt sah eine Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen dem französischen Lyon und der norditalienischen Stadt Turin vor. Teil des Projekts wäre unter anderem ein 8,6 Milliarden Euro teurer Tunnel durch die Alpen. Die Opposition forderte nach der gescheiterten Abstimmung den Rücktritt der Regierung mit der Begründung, diese habe keine arbeitsfähige Mehrheit mehr im Parlament.

Es sei sinnlos, mit ständiger Ablehnung und Streitigkeiten weiterzumachen wie in den vergangenen Wochen, erklärte Salvini am Donnerstag. „Die Italiener brauchen Gewissheit und sie brauchen eine Regierung, die funktioniert.“ In seiner Mitteilung verurteilte Salvini zudem „wiederholte Beleidigungen von sogenannten Verbündeten“ gegen ihn selbst und die Lega. Verkehrsminister Danilo Toninelli hatte ihn kürzlich als „Zwerg auf den Schultern von Riesen“ bezeichnet.

Drei Szenarien sind nun möglich

Drei Szenarien sind nun möglich: Die wahrscheinlichste Möglichkeit ist eine Regierungsumbildung. Italienischen Medienberichten zufolge hat Salvini im Gespräch mit Regierungschef Giuseppe Conte bereits Bedingungen für einen Verbleib der Lega in der Regierung formuliert. Er fordert demnach unter anderem den Rücktritt dreier Minister: Verkehrsminister Toninelli wirft er vor, nicht nur das Bahnprojekt, sondern „aberdutzende weitere öffentliche Baustellen“ zu blockieren.

Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta ist Salvini ebenfalls ein Dorn im Auge. Ihr wirft er mangelndes Engagement im Vorgehen gegen die Migranten, die über das Mittelmeer kommen, vor. Wirtschaftsminister Giovanni Tria will Salvini Medienberichten zufolge wegen seines zögerlichen Auftretens gegenüber Brüssel loswerden. Salvini könnte sich Beobachtern zufolge aber auch mit einer weniger radikalen Regierungsumbildung zufriedengeben.

Sollte die Regierung auseinanderbrechen und sich im Parlament keine neue Mehrheit für eine Regierungsbildung finden, könnten im Oktober vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden. Jüngsten Umfragen zufolge würde die Lega die Wahlen gewinnen und könnte mit der kleinen Partei Fratelli d’Italia koalieren.

Das dritte denkbare Szenario wären Neuwahlen Anfang nächsten Jahres. Präsident Sergio Mattarella hat mehrfach darauf gepocht, dass eine Regierung im Amt sein muss, um im Schuldenstreit mit der EU den Haushaltsplan fertigzustellen. Dessen erster Entwurf muss der EU bis Ende September vorgelegt werden. Der Präsident könnte eine Übergangsregierung aus Technokraten ernennen und die Neuwahlen auf Februar oder März verschieben.

Die italienische Nachrichtenagentur Agi berichtete, der Senat könne am 20. August zusammentreten, um den Verlust der Regierungsmehrheit festzustellen. Das Parlament könne dann binnen weniger Tage aufgelöst werden. Neuwahlen müssten laut Verfassung dann in einer Frist von 50 bis 70 Tagen stattfinden. (afp)

 



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