Klarer Sieg für Johnson – Und wie ist die Lage beim Brexit?

Nach dem Sieg der Konservativen von Premierminister Boris Johnson kommt der schwierige Teil: die Verhandlungen mit der EU.
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Symbolbild.Foto: iStock
Epoch Times13. Dezember 2019

Die Briten haben gewählt: Es wurde ein überraschend klarer Sieg für die Konservativen von Premierminister Boris Johnson. Der will nun den Brexit endlich durchziehen und Ende Januar aus der EU austreten. Doch danach kommt erst der schwierige Teil: die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zur EU. Bei einem Scheitern ist auch ein chaotischer Brexit weiterhin nicht vom Tisch.

Wie ist die Lage beim Brexit?

Nach dem Brexit-Referendum 2016 hatten die EU und Großbritannien ein 535 Seiten starkes Austrittsabkommen ausgehandelt. Es legt unter anderem die finanziellen Verpflichtungen Londons gegenüber der EU sowie die künftigen Rechte der Bürger beider Seiten fest.

Doch mehrfach scheiterte bisher die Ratifizierung im britischen Parlament. Johnson will den von ihm nachverhandelten Deal jetzt noch vor Weihnachten dem neuen Unterhaus vorlegen – um „diesen ganzen Unsinn zu beenden“, wie er sagt, und Ende Januar auszutreten.

Wie geht es nach dem Austritt weiter?

Am 1. Februar würde eine Übergangsphase bis Ende 2020 beginnen. In dieser Zeit wäre Großbritannien kein EU-Mitglied mehr, bliebe aber noch im Binnenmarkt und in der Zollunion. Diese Periode wollen beide Seiten nutzen, um die künftigen Beziehungen und insbesondere ein Freihandelsabkommen auszuhandeln.

Wie lange dauert das normalerweise?

In ein paar Monaten hat die EU noch nie ein Freihandelsabkommen mit einem Drittstaat verhandelt. Beim Ceta-Abkommen mit Kanada dauerten die Gespräche sieben Jahre, bei Singapur acht.

EU-Diplomaten verweisen zudem darauf, dass die Verhandlungen bereits im Oktober abgeschlossen sein müssten, damit das Abkommen vor Jahresende 2020 ratifiziert werden und rechtzeitig in Kraft treten kann.

Warum kann die Ratifizierung zum Problem werden?

Die Ratifizierung geht schnell, wenn es um ein reines Handelsabkommen geht. Hier muss auf EU-Seite nur das Europaparlament zustimmen. Geht es aber auch um Bereiche wie Dienstleistungen, Finanzgeschäfte, Daten- oder Investitionsschutz, könnte auch das grüne Licht der nationalen – und je nach Mitgliedstaat – sogar regionaler Parlamente nötig sein. Das kann Jahre dauern.

Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, rechnete am Freitag bereits fest mit einem solchen „gemischten“ Abkommen und warnt: „Das Europaparlament und alle anderen Parlamente in Europa werden einen Handelsdeal billigen müssen.“

Könnten die Briten die Übergangsphase verlängern?

Ja, der Austrittsvertrag sieht dies ausdrücklich vor. Demnach kann der Termin einmal um ein oder zwei Jahre verlängert werden – also bis Ende 2021 oder Ende 2022. Entscheiden müsste die britische Regierung dies aber bereits bis Ende Juni kommenden Jahres, also nur wenige Monate nach dem Start der Verhandlungen. Johnsons Konservative haben eine Verlängerung in ihrem Wahlprogramm jedoch kategorisch ausgeschlossen.

Gibt es dennoch Chancen für ein Abkommen bis Ende 2020?

„Der Deal müsste dann ziemlich einfach ausfallen“, sagt Fabian Zuleeg vom European Policy Centre in Brüssel. „Keine Dienstleistungen, keine sehr kniffligen Themen“ oder Streitfragen wie Fischerei. „Ein reines Freihandelsabkommen bis Ende 2020 ist nur möglich, wenn die Briten auf alle Änderungen bei Dingen wie Sozialstandards verzichten“, sagt auch ein EU-Diplomat.

Warum ist ein chaotischer Brexit weiter möglich?

Johnson könnte schnell Unterstützung bei den Brexit-Hardlinern in den eigenen Reihen verlieren, wenn er doch noch eine Verlängerung der Übergangsphase beantragt – und Großbritannien damit bis Ende 2022 in einer Grauzone zwischen Mitgliedschaft und Austritt verharren muss. „Leider ist ein harter Brexit keinesfalls vom Tisch“, warnt auch der Hauptgeschäftsführer des deutschen Industrieverbandes BDI, Joachim Lang. „Ohne Lösung droht der harte Brexit zu einem späteren Zeitpunkt.“ (afp)

 



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