„Migration entlang der Balkanroute“: Merkels Pressestatement – Das hat Kanzlerin in Wien gesagt

Pressestatement von Kanzlerin Merkel: "Abkommen ähnlich dem, das wir jetzt mit der Türkei haben, müssen vor allen Dingen auch mit Ägypten erarbeitet werden, aber auch mit anderen afrikanischen Staaten." Und: "Was die Frage der Beteiligung Deutschlands an dem Umsiedlungsmechanismus anbelangt... so haben wir Italien in der Tat gesagt, dass wir uns mit mehreren Hundert pro Monat an dieser legalen Umsiedlung beteiligen. Ein ähnliches Angebot haben wir auch Griechenland gemacht."
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(Hintere Reihe, von links) Rumäniens Außenminister Dragos Tudorache, Kroatischer Premierminister Tihomir Oreskovic, Griechischer Premierminister Alexis Tsipras, Sloveniens Premierminister Miro Cerar, Mazedoniens Premierminister Emil Dimitriev umd EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos, (Vordere Reihe, von Links) Albaniens Premierminister Edi Rama, Bulgariens Premierminister Boyko Borissov, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Österreichs Kanzler Christian Kern, Präsident des Europarates Donald Tusk, Ungarns Premierminister Viktor Orban und der serbische Premierminister Aleksandar Vucic in Wien, 24. September 2016.Foto: JOE KLAMAR/AFP/Getty Images
Von 24. September 2016

Hier das Statement von Kanzlerin Merkel anlässlich des Treffens „Migration entlang der Balkanroute“ in Wien im Wortlaut.

MERKEL: Guten Tag, meine Damen und Herren! Wir hatten heute das Treffen der Staaten, die entlang der sogenannten Balkanroute liegen, inklusive Griechenlands und haben uns intensiv über die augenblickliche Lage unterhalten. Erinnern wir uns einmal an die Zeit vor elf Monaten. Damals gab es das letzte Treffen dieser Art in Brüssel auf dem Höhepunkt der illegalen Migration. Seitdem haben wir sehr viel erreicht, sowohl was die Ordnung und Steuerung der Prozesse anbelangt, als aber vor allen Dingen auch was die Reduzierung der Zahl der ankommenden Flüchtlinge betrifft.

Unser Ziel muss es sein, die illegale Migration so weit wie möglich zu stoppen Hier ist – das war die übereinstimmende Meinung aller – die Frage des EU-Türkei-Abkommens und seiner Umsetzung essenziell.

Hierfür ist es auf der einen Seite notwendig, mit der Türkei die letzten Bedingungen zu besprechen, die noch nicht erfüllt sind. Aber es ist auf der anderen Seite auch notwendig, dass insbesondere Griechenland die notwendige Umsetzung des Eins-zu-Eins-Mechanismus durchsetzt, also die Zurücksendung illegal ankommender Migranten. Hierbei gibt es Kapazitätsprobleme. Wir haben heute sehr konkret darüber gesprochen, wie wir Griechenland noch besser mit europäischen Beamten unterstützen können.

Dazu gehört auch der Ausbau einer europäischen Grenz- und Küstenschutzwache. Das ist auf der rechtlichen Seite beschlossen, aber es ist natürlich noch nicht umgesetzt. Eigentlich alle Mitgliedsstaaten haben darauf hingewiesen, dass sie sich noch mehr Frontex-Unterstützung wünschen. Auch hieran wird die Kommission und müssen die Mitgliedsstaaten arbeiten.

Ein wichtiger Punkt, damit die Migranten, die zwischen der Schließung der Balkanroute und dem Inkrafttreten des EU-Türkei-Abkommens in Griechenland angekommen sind, auf die europäischen Mitgliedsstaaten verteilt werden, ist die Beschleunigung des sogenannten Relocation-Mechanismus, das heißt, der Verteilung auf die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bei denen, die ein Bleiberecht haben.

Ein weiterer Punkt, bei dem die Kommission hilft und helfen wird, ist, dass für die, die kein Bleiberecht haben, die Rückführung aus Griechenland in Drittstaaten funktioniert, das heißt, insbesondere auch in nordafrikanische Staaten, in afrikanische Staaten. Deshalb haben wir heute auch darüber gesprochen, dass es notwendig ist, die Drittstaatenabkommen insbesondere mit Afrika, aber auch mit Pakistan und mit Afghanistan, woran Deutschland ja arbeitet, möglichst schnell fertigzustellen, damit klar wird: Wer nicht aus humanitärer Sicht in Europa bleiben kann, der wird wieder in sein Heimatland zurückgeführt.

Wir haben insgesamt also eine sehr intensive und auch sehr konkrete Beratung gehabt, weil alle anwesenden Mitgliedsstaaten betroffen sind. Ich denke, das wird der gesamteuropäischen Verantwortung gerecht, die davon ausgeht, dass wir illegale Migration stoppen und unserer humanitären Aufgabe nachkommen wollen. Das heißt, Fluchtursachen zu bekämpfen, Flüchtlingen vor allem in der Nähe ihrer Heimat Aufenthaltschancen zu geben und dann, so wie wir es auch bei dem EU-Türkei-Abkommen gemacht haben, bei einer tragfähigen, nachhaltigen Lösung des Problems der illegalen Migration auch freiwillige humanitäre Kontingente aufzustellen. Abkommen ähnlich dem, das wir jetzt mit der Türkei haben, müssen vor allen Dingen auch mit Ägypten erarbeitet werden, aber auch mit anderen afrikanischen Staaten.

Herzlichen Dank!

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, es gibt Meldungen, dass Deutschland 6 000 Flüchtlinge pro Jahr aus Griechenland oder aus Italien übernehmen wird. Stimmt das? Es gibt auch Meldungen, dass sich Frontex auf Wunsch von Mazedonien und Albanien jetzt um die Balkanroute kümmern soll, also mithelfen soll, die Balkanroute abzusichern.

MERKEL: Erstens hat Griechenland einen Antrag auf eine Frontex-Mission an der griechisch-mazedonischen Grenze gestellt. Frontex hilft heute schon in Bulgarien bei der Sicherung der türkisch-bulgarischen Landgrenze, die es ja auch gibt und die eine Länge von etwas weniger als 200 Kilometern hat.

Die vollständige Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens wäre auch deshalb sinnvoll, weil dann alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Drittstaatler, das heißt, nicht türkische Bürgerinnen und Bürger, die über die Türkei nach Europa kommen, wieder zurückschicken könnten. Das wäre natürlich insbesondere für Bulgarien sehr hilfreich.

Was die Frage der Beteiligung Deutschlands an dem Umsiedlungsmechanismus anbelangt, also an dem Relocation-Mechanismus, so haben wir Italien in der Tat gesagt, dass wir uns mit mehreren Hundert pro Monat an dieser legalen Umsiedlung beteiligen.

Ein ähnliches Angebot haben wir auch Griechenland gemacht, wenngleich wir meinen, dass angesichts der vielen Flüchtlinge, die schon bei uns sind, natürlich alle Mitgliedsstaaten am Zuge sind, nicht nur die, die entlang der Balkanroute liegen. Aber auch wir haben unsere Pflicht, natürlich unseren Anteil an den 160 000, die wir vereinbart haben, zu übernehmen.

FRAGE: Stichwort „Relocation“: Hat sich Orbán bewegt? Daran hängt das Problem ja zum Teil.

MERKEL: Ich denke, dass im Augenblick nicht zu erwarten ist, dass Ungarn sich an der Relocation beteiligt. Aber es ist erfreulich, dass inzwischen schon sehr viele Mitgliedsstaaten Flüchtlinge aufgenommen haben, wenn auch zum Teil kleine Zahlen.

Aber der Mechanismus ist zu langsam. Wir haben erst etwa 4000 Menschen, die vom Festland, von Griechenland, in die Europäische Union verteilt wurden. Der griechische Ministerpräsident hat heute darauf hingewiesen, dass er noch deutlich über 5000 weitere Flüchtlinge hätte, die nach diesem Mechanismus verteilt werden können. Deshalb muss dieser Mechanismus beschleunigt werden.

Denn wenn die Zehntausende Flüchtlinge in Griechenland den Eindruck haben, dass sie auf legale Weise nicht in die europäischen Mitgliedsstaaten kommen, auch wenn sie berechtigt sind, dann wird der Druck auf die bulgarisch-griechische Grenze natürlich noch einmal zunehmen. Das heißt, wir wollen ja insgesamt Illegalität bekämpfen und Legalität stärken.

Danke schön.

Samstag, 24. September 2016



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