Neuwahlen wahrscheinlich: Italiens Staatspräsident will neutrale Regierung bis zu einer Neuwahl einsetzen

Der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella hat die Bildung einer Regierung zwischen den Parteien für gescheitert erklärt. Eine neutrale Regierung müsse das Land zur Neuwahl führen, sagte Mattarella in Rom.
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Das italienische Parlament am Piazza Montecitorio in Rom, Italien.Foto: iStock
Epoch Times7. Mai 2018

Der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella hat die Bildung einer Regierung zwischen den Parteien für gescheitert erklärt. Eine neutrale Regierung müsse das Land zur Neuwahl führen, sagte Mattarella in Rom.

Alle Versuche, nach der Parlamentswahl Anfang März eine Regierung in Italien zu bilden, waren bisher gescheitert.

Präsident Sergio Mattarella erklärte die Bemühungen für gescheitert, eine Koalition zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten zustande zu bringen. Zwei Monate nach der Wahl sehe er nun „keine Perspektive auf die Bildung einer Mehrheitsregierung“ mehr, erklärte der Präsident Mattarella.

Renzi wird eine Blockadehaltung vorgeworfen

Der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, hat dem früheren italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi vorgeworfen, eine Regierungsbildung zu verhindern. „Ich dachte nie, dass es einfach wird, eine Regierung zu bilden, aber ich hätte nicht gedacht, dass es unmöglich sein würde“, schrieb der 31-Jährige am Montag auf Facebook. Di Maio warf Renzi vor, in der Demokratischen Partei (PD) noch immer im Hintergrund die Fäden zu ziehen.

„Die Demokratische Partei kann sich nicht von Renzi befreien, obwohl er die Partei in ihr historisches Tief gezogen hat“, schrieb Di Maio.

Heute haben wir den Beweis, dass es noch immer Renzi und sein überdimensionales Ego sind, die alles entscheiden.“

Renzi hatte am Sonntag Di Maio scharf kritisiert. Auf die Frage, ob Di Maio Ministerpräsident werden könnte, sagte der Ex-Regierungschef im Fernsehsender Rai: „Di Maio ist der einzige, der das glaubt.“ Am Montag legte Renzi nach und drängte seine Partei, einer Regierungsbildung mit der Fünf-Sterne-Bewegung nicht zuzustimmen.

Bei der Parlamentswahl Anfang März hatte ein Bündnis rechter Parteien die meisten Stimmen auf sich vereint (37 Prozent), aber die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) wurde mit knapp 33 Prozent der Stimmen die stärkste Einzelpartei. Die bislang regierende PD stürzte auf 19 Prozent ab.

Di Maio hatte zunächst mit der rechten Partei Lega eine Regierung bilden wollen, konnte sich jedoch nicht mit deren Chef Matteo Salvini einigen. Angesichts der schwierigen Regierungsbildung hatten M5S und PD Gespräche über die Bildung einer Koalition erwogen.

In der vergangenen Legislaturperiode waren die Parteien immer wieder heftig aneinandergeraten. Selbst wenn das Regierungsbündnis zwischen ihnen zustande käme, hätte es im Parlament nur eine knappe Mehrheit.

Konsultationen führten zu nichts

Präsident Mattarella lud die Chefs aller Parlamentsparteien für den 7. Mai 2018 zu Konsultationen über das weitere Vorgehen ein. Seit der Wahl am 4. März hätten sich die Parteien nicht angenähert, kritisierte er. Medienberichten zufolge könnte nun zunächst eine Expertenregierung unter dem bisherigen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni weiterregieren, ehe Neuwahlen organisiert werden.

Der Präsident hatte in der Vorwoche den Fünf-Sterne-Politiker Roberto Fico damit beauftragt, die Chancen auf eine Regierungsbildung mit den Sozialdemokraten auszuloten. Bei den Sozialdemokraten von der PD hatte die Aussicht auf eine Koalition mit den Fünf Sternen aber einen offenen Streit entfacht. Der frühere Parteichef und Ministerpräsident Matteo Renzi sprach sich öffentlich vehement dagegen aus.

Zuvor war bereits der Versuch der Fünf Sterne gescheitert, eine Koalition mit der ultrarechten Lega-Partei zu bilden. Im Parlament stehen sich seit der Wahl drei große Lager gegenüber, von denen keines eine regierungsfähige Mehrheit hat: Die Fünf Sterne, das von der Lega dominierte Rechtsbündnis und die Sozialdemokraten.

Präsident Mattarella will am kommenden Montag noch einen Versuch unternehmen, in Gesprächen mit den Chefs der Parlamentsparteien auszuloten, „ob die Parteien noch eine Perspektive auf eine Mehrheitsregierung sehen“.

Laut Medienberichten wird vor möglichen Neuwahlen über eine Änderung des Wahlrechts nachgedacht. Momentan gilt das Verhältniswahlrecht, das eine Zersplitterung der politischen Kräfte begünstigt.  (afp/dpa)

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