Risikomanagement in Österreich: Pocken und Influenza sind die größten Gefahren für das Land

Österreich sieht die Pocken als größte Gefahr für das Land an, nukleare Bedrohungen erscheinen weniger plausibel. "Trotz dieses düster erscheinenden Bildes ist die Lage alles andere als hoffnungslos", fasst die Risikoanalyse zusammen, denn: Österreich kann sich nun adäquat vorbereiten.
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Symbolbild: Ein junger Mann mit Pocken, 1972Foto: Getty Images
Von 24. Oktober 2016

Die Pocken sind am gefährlichsten, besagt ein Vergleich der biologischen, chemischen, radiologischen und nuklearen Bedrohungen Österreichs. Zu diesem Ergebnis kommt das Innenministerium des Landes gemeinsam mit dem Kuratorium Sicheres Österreich (KSÖ), die eine aktuelle Risikoanalyse erstellten

Im Vorwort schreibt KSÖ-Präsident Mag. Erwin Hameseder, dass es grundsätzlich drei aktuelle Herausforderungen für die Sicherheit des Landes gibt. Zum ersten ist das Umfeld der EU „hochgradig instabil“, als zweites sind Europa und Österreich von „hybriden Konflikten“ betroffen und als drittes bietet die EU nur wenig Schutz vor „Außereuropäischen Herausforderungen“, da sie derzeit handlungsschwach ist.

Hauptgefahr: Der Einsatz von Pockenviren

Die größte Gefahr geht laut Analyse und einer Risikomatrix durch einen möglichen Einsatz von Pockenviren (Variola vera/major) und von neuartigen Grippeviren aus.

Werden diese eingesetzt, wäre die Wirkung und die Auswirkungen für Österreich vergleichbar mit einem nuklearen Angriff. Die Möglichkeit des Einsatzes erscheint den Autoren um ein vielfaches höher als andere Gefahren. Die Bedrohung durch radiologische Mittel, z.B. der Einsatz von „schmutzigen Bomben“ wird eher gering eingeschätzt.

Wieso gerade die Pocken und nicht Ebola, SARS oder Anthrax? Pocken sind hochinfektiös und werden nicht nur von Mensch zu Mensch übertragen, sondern auch durch den Kontakt mit verunreinigten Gegenständen und Materialien. Es gab seit der offiziellen Ausrottung der Pocken Ausbrüche (nicht nur beim Menschen). In Österreich wurden außerdem in den 80-er Jahren die Pockenschutzimpfungen ausgesetzt und das Fachpersonal ist nicht mehr entsprechend geschult. Zum anderen werden Biologische Labore und Infektionserreger weltweit weit weniger überwacht als nukleare Anlagen und spaltbares Material.

Wie wurde das Risiko bewertet?

Die Verfasser der Risikoanalyse berechnen das Risiko als ein Produkt von Auswirkung und Plausibilität des Eintritts. Auch die Beurteilungskriterien werden ausführlich beschrieben. So wird bei Auswirkung hinein gerechnet, wie infektiös die Gefahr ist, wie die Kontamination und deren mögliche Verschleppung geschieht, die Ausbreitung und Übertragbarkeit, Letalität(Sterblichkeit) und die Verwundbarkeit der vorhandenen Infrastruktur.

Die Plausibilität berücksichtigt die absichtliche oder terroristische Freisetzung, die Herstellung und technische Verfügbarkeit, der natürliche Wiederauftritt, Mutationen, technische Störfälle und die Gefährdung Österreichs durch aufgrund von Transit und Verkehrsströmen.

Mit Hilfe einer Bewertungsmatrix kommt Österreich zu folgenden Ergebnissen

  1. Der höchste zu erwartende Schaden kann durch Pocken entstehen oder durch den Einsatz eines Nuklearschlages. Doch für letzteren ist die Plausibilität geringer.
  2. Durch die hohe Mutationsrate von Influenza ist dies eine weitere wichtige Gefahr. Ein massives Auftreten hätte gravierende Wirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Landes. Jedoch ist das medizinische Personal hierauf recht gut vorbereitet.
  3. Radiologische Wirkmittel und chemischer Kampfstoffe könnten nach Ansicht der Verfasser nur einen begrenzten und vorwiegend örtlichen Einfluss ausüben. Der mögliche Einsatz wird hingegen als durchaus denkbar angenommen, wobei auf Tokio 1995 und den Irak verwiesen wird.
    Als radiologische Wirkmittel werden alle radioaktiven Materialien verstanden, die geeignet sind, beispielsweise in Verbindung mit Explosivstoffen, Schäden herbeizuführen.

Auch die Möglichkeit eines terroristischen Nuklearschlages wird diskutiert. Die Verfasser schreiben, dass gegen diese Möglichkeit keine Vorsorge getroffen werden kann, um Schäden abzuwehren, es ist nur eine Eindämmung der Folgen möglich. Allerdings erscheint das Szenarium als wenig wahrscheinlich, das Terroristen derartige Systeme nach Österreich verbringen.

Es gäbe noch die Variante eines staatlichen Nuklearschlages, also eine Angriffes mit entsprechenden Waffen durch einen Staat. Klare Aussage: „Österreich verfügt über keine taktischen oder strategischen Abwehrmaßnahmen gegenüber Nuklearwaffen und ihren Trägersystemen.“  Zur Zeit verfügen die USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China über derartige Waffen. Hinzu kommen Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea, die nicht dem Atomwaffensperrvertrag unterliegen.

Die Experten empfehlen fünf zügig umzusetzende Maßnahmen

1. Impfschutz für Einsatzkräfte, Schlüsselpersonal und Bevölkerung stärken: Als Einsatzkräfte zählen die Polizei, medizinisches und notfallmedizinisches Personal, die Feuerwehr und Militär. Diese sind entsprechend gegen Pocken und Influenza zu impfen. Als zweites ist das sogenannte Schlüsselpersonal zu schützen: Mitarbeiter von Abfallbeseitigung, Wasser- und Elektrizitätswerken und anderen Einrichtungen die helfen, die Gesellschaft aufrechtzuerhalten.
2. Prüfung und Aktualisierung der Raumkonzeption für den Einsatzfall (Kapazitäten und Räumlichkeiten abklären)
3. Konzepte, Pläne und Verpflichtungen anpassen: „Kontinuierlicher Beitrag zur gesamtstaatlichen Risikoanalyse und Prüfung sowie Aktualisierung vorhandener Konzepte und Verpflichtungen“
4. Verbesserung der Ausrüstung, Ausbildung und Sicherstellung gemeinsamer nationaler wie internationaler Übungen von Einsatzkräften
5. Diagnostische und therapeutische Gegenmaßnahmen vorbereiten

Die Lage ist nicht hoffnungslos

„Trotz dieses düster erscheinenden Bildes ist die Lage alles andere als hoffnungslos“, fasst das Konzept zusammen, denn: Österreich kann sich nun adäquat vorbereiten.

Das Konzept wurde durch Experten des Gesundheitswesen, der inneren Sicherheit, der Landesverteidigung, der Biotechnologie, der Wissenschaft und der Medizin entwickelt. Die Analysen wurden in vier Workshops zusammengeführt, Vorschläge zur unmittelbaren Umsetzung entwickelt und den relevanten Entscheidungsträgern vorgelegt.

 



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