Salvini in Warschau: Italiens Lega und Polens PiS vor künftigem Bündnis im Europaparlament?

Nachdem Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban bereits Anfang des Jahres mit Italiens Innenminister Matteo Salvini über eine mögliche Kooperation auf europäischer Ebene gesprochen hatte, könnte nun auch Polens PiS mit in eine neue konservative Fraktion kommen.
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Der polnische Innenminister Joachim Brudzinski (R) und der stellvertretende italienische Ministerpräsident und Innenminister Matteo Salvini nehmen am 9. Januar 2019 an einer Pressekonferenz in Warschau teil.Foto: JANEK SKARZYNSKI/AFP/Getty Images
Von 9. Januar 2019

m heutigen Mittwoch, dem 9. Januar, ist der italienische Innenminister Matteo Salvini zu einem Gespräch mit dem Vorsitzenden der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), Jarosław Kaczyński, in Warschau eingetroffen. Dies berichtet „Poland Daily“.

Der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“ zufolge, die als Erste über das geplante Treffen berichtet hatte, sei es Salvinis Hauptziel bei dem Gespräch, die Unterstützung der polnischen Regierungspartei im Vorfeld der Europawahlen am 26. Mai zu erlangen.

Bereits Anfang des Jahres war Ungarns Premierminister Viktor Orban nach Italien gekommen, um mit Salvini über mögliche Allianzen mit Blick auf die EU-Wahlen zu sprechen. Beide bekräftigten im Rahmen einer Pressekonferenz ihr gemeinsames Ziel, sich den Vorhaben der Befürworter eines europäischen Bundesstaates entgegenstellen zu wollen, zu denen unter anderem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gehört.

Fidesz-Ausschlussbefürworter in der EVP werden leiser

Orbans nationalkonservative Regierungspartei Fidesz gehört derzeit noch der bürgerlichen Parteienfamilie der Europäischen Volkspartei (EVP) an. Innerhalb dieser Vereinigung, zu der auch die CDU gehört, mehren sich jedoch die Stimmen, die für einen Ausschluss der Fidesz plädieren, weil Ungarn angeblich rechtsstaatliche Prinzipien verletze. Am 12. September des Vorjahres hatten auch weite Teile der EVP-Fraktion im Europaparlament für die Einleitung eines Artikel-7-Verfahrens gegen Ungarn gestimmt, das auch mit Sanktionen gegen den Mitgliedstaat enden könnte.

In den letzten Monaten wurden die Stimmen für einen Ausschluss allerdings leiser. Immerhin gehört die Fidesz zu den Mitgliederparteien, die in ihren Heimatländern verhältnismäßig hohe Stimmenanteile erzielen. Sie zu vergraulen könnte die Chancen des EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber, nächster EU-Kommissionspräsident zu werden, erheblich beeinträchtigen.

Die Tatsache, dass der Brexit zu einem Ausscheiden der britischen Konservativen und damit der führenden Partei innerhalb der „Europäischen Konservativen und Reformer“ (ECR) führen wird, stellt deren Rolle und sogar ihren Weiterbestand als solche im künftigen Europaparlament infrage. Derzeit gehört auch die PiS dieser Fraktion an.

Beitritt der PiS zur EVP könnte Bürgerliche spalten

Die PiS könnte deshalb zum einen die Aufnahme in die EVP anstreben, wofür sie vermutlich aber das Ende des Artikel-7-Verfahrens als Bedingung stellen würde. Da jedoch auch die oppositionelle linksliberale Bürgerplattform (PO) als polnische Partei der Fraktion angehört, würde diese die EVP im Gegenzug verlassen. Da bereits jetzt progressiv orientierte Mitgliedsparteien Bedenken gegen einen Verbleib der Fidesz in der Fraktion haben, würde ein Beitritt der weiteren nationalkonservativen Kraft PiS anstelle der PO aus Polen möglicherweise die EVP insgesamt spalten.

Zum anderen kann die PiS jedoch auch ein Bündnis suchen mit einer der bestehenden oder möglicherweise einer künftigen technischen oder vollwertigen Fraktion der Befürworter eines „Europas der Nationen“. In einer solchen würde zweifellos die Lega Nord Matteo Salvinis eine tragende Rolle spielen.

Die Lega liegt derzeitigen Umfragen zufolge in Italien bei etwa 35 Prozent. Dies würde sie zu einem attraktiven Partner machen, der auch für PiS an die Stelle der britischen Konservativen treten könnte. Einer Fraktion nationalkonservativer Gegner des Macron- und Merkel-Kurses könnten sich auch weitere bedeutende Parteien anderer europäischer Länder zugesellen, etwa der Rassemblement National (Frankreich), die Schwedendemokraten, die AfD, die FPÖ, die spanische VOX, die PVV oder das Forum für Demokratie aus den Niederlanden oder der Vlaams Belang aus Belgien. Zusammen mit weiteren Parteien aus Mittel- und Osteuropa könnte aus diesem Verbund eine Kraft werden, auf die Brüssel reagieren müsste.

Verhältnis zu Russland sorgt für Differenzen

Allerdings gibt es auch Reibungspunkte, die eine Zusammenarbeit schwierig machen. Während beispielsweise Salvini und die meisten anderen EU-kritischen Rechtsparteien in der Ukrainekrise und in der Frage der Sanktionen mehr oder minder stark russlandfreundlich agieren, gehört die PiS neben Ländern wie Litauen oder Rumänien zu den stärksten Kritikern von Präsident Wladimir Putin und dessen Agieren gegenüber osteuropäischen Nachbarstaaten.

In der PiS ist man sich jedoch auch darüber im Klaren, dass sich russophile Kräfte in allen Fraktionen, auch den bürgerlichen und sozialistischen, finden und dass der insgesamte Zugang zur Zukunft der EU bei der Wahl der Bündnispartner entscheidender ist als die jeweilige Position zu einem Einzelthema.

Eine endgültige Entscheidung darüber, wie sich die Fraktionen des künftigen Europaparlaments zusammensetzen werden, wird jedoch ohnehin erst fallen, wenn die Mandate vergeben sind. Das heutige Treffen zwischen Salvini und Kaczyński ist lediglich ein Anzeichen dafür, dass eine neue anti-zentralistische konservative Parteiengruppe für das Parlament in Straßburg in Vorbereitung ist. Ob die mögliche Allianz zwischen den stimmenstärksten Kräften in Polen und Italien endgültig entstehen wird und von Dauer sein wird, entscheidet sich erst nach den Wahlen in Mai.

 



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