Spanien: Sozialistischer Regierungschef Sánchez verliert Vertrauensabstimmung im Parlament

Spaniens Sozialisten-Chef Pedro Sánchez ist auch in der zweiten Abstimmung über seine Wiederwahl als spanischer Ministerpräsident gescheitert. Er fiel bei einer Vertrauensabstimmung im Parlament in Madrid durch, bei der er nur eine einfache Mehrheit der Stimmen benötigt hätte.
Titelbild
Pedro Sánchez.Foto: Pablo Blazquez Dominguez/Getty Images
Epoch Times25. Juli 2019

Die zerstrittene spanische Linke hat am Donnerstag eine Chance zur Bildung einer Koalitionsregierung verpasst. Der bisherige Regierungschef Pedro Sánchez fiel bei einer Vertrauensabstimmung im Parlament in Madrid, bei der er nur eine einfache Mehrheit der Stimmen benötigt hätte, krachend durch. Außer den 123 Abgeordneten seiner Partei PSOE stimmte in Madrid nur ein weiterer der insgesamt 350 Volksvertreter für den 47-Jährigen.

Sánchez und der Chef der linken Podemos-Partei, Pablo Iglesias, wiesen sich gegenseitig die Verantwortung zu. Möglicherweise wird es zum vierten Mal in vier Jahren Neuwahlen geben.

Sánchez teilte bereits in der Mittagszeit mit, dass er nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen mit der Podemos nicht über die erforderliche Unterstützung für seine Wiederwahl verfüge. „Eine Einigung war nicht möglich“, sagte Sánchez vor der Vertrauensabstimmung, die dennoch abgehalten wurde. „Wir werden nicht die Regierung bekommen, die für Spanien wichtig ist.“ Er warf Podemos vor, sie habe das Ziel verfolgt, in der neuen Regierung „80 Prozent der Ausgaben“ zu kontrollieren.

Bereits beim ersten Wahlgang zeichnete sich Niederlage ab

Bereits beim ersten Wahlgang am Dienstag hatte sich abgezeichnet, dass die Wiederwahl scheitern könnte. Der 47-jährige Sánchez erhielt am Dienstag 124 Stimmen und verfehlte damit die im ersten Wahlgang erforderliche absolute Mehrheit von 176 Stimmen deutlich. Allerdings wäre nun eine einfache Mehrheit der Stimmen ausreichend gewesen.

Wenn die Bildung einer neuen Regierung nicht bis zum 23. September gelingt, müssen am 10. November Neuwahlen abgehalten werden. Sánchez sagte am Donnerstag, er könne nur dann eine Regierung bilden, wenn er dafür nicht seine „Prinzipien aufgeben“ müsse. Sánchez‘ Stellvertreterin Carmen Calvo wies darauf hin, dass der PSOE-Chef nun kein Mandat zur Regierungsbildung mehr habe, sollte ihm diese nicht nochmals von König Felipe VI. explizit erteilt werden.

Calvo warf der Podemos vor, sie habe fünf Kabinettsposten beansprucht und „unzulässige“ Forderungen gestellt, was auf eine „Parallel-Regierung“ hinausgelaufen wäre. Podemos-Verhandlungsführer Pablo Echenique entgegnete, die Sozialisten hätten Podemos nur vier Kabinettsposten mit unzureichenden Vollmachten zugestehen wollen. So könne seine Partei nicht „die Politik machen, die wir vorschlagen: den Mindestlohn anheben, prekäre Stellen beseitigen, den Strompreis senken und den Klimawandel bekämpfen“.

Sánchez kam im Juni 2018 via Misstrauensantrag an die Regierung

Bei den Koalitionsverhandlungen waren die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) und Podemos so weit gekommen, dass Podemos einen Vize-Regierungschef mit Zuständigkeit für soziale Angelegenheiten stellen und das Gesundheitsministerium leiten sollte. Die PSOE wies aber die Forderung von Podemos zurück, zusätzlich die Ministerien für Wissenschaft und Arbeit zu übernehmen. Stattdessen boten die Sozialisten Podemos die Zuständigkeiten für Wohnungsbau und Gleichstellung an.

Sánchez gelangte im Juni 2018 an die Regierung. Er brachte damals einen Misstrauensantrag gegen den langjährigen konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy ein, der in einen Korruptionsskandal verwickelt war. Für den Regierungswechsel stimmten mit den Sozialisten und Podemos auch die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter und die baskischen Nationalisten. Doch das Bündnis erwies sich als instabil und zerbrach im Februar, als die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter Sánchez‘ Haushaltsplan ablehnten.

Der Chef der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC), Gabriel Rufián, kritisierte am Donnerstag sowohl die PSOE als auch Podemos und sagte voraus, das aktuelle Scheitern werde „von der gesamten Linken“ womöglich noch „jahrelang bedauert“ werden. (afp)



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