Wie geht es weiter nach dem Brexit? EU-Chefverhandler weist den Plan von Theresa May zurück

Die EU ist nicht einverstanden mit den Plänen von Theresa May nach dem Brexit. Das Land solle sich für eines der Modelle entscheiden, wie die EU bereits mit anderen Staaten hat. Doch der Plan von Theresa May, der sogenannte Chequers-Plan, gehe nicht, er würde zu unfairem Wettbewerb führen.
Titelbild
London: Der Westminster Palast, Big Ben und typische Londoner Busse auf der Westminster Bridge.Foto: iStock
Epoch Times2. September 2018

Der EU-Chefverhandler für den Brexit Michel Barnier hat die Vorschläge der britischen Regierung für die künftigen wirtschaftlichen Beziehungen strikt zurückgewiesen. Das oberste Interesse der EU-Staaten bestehe darin, die Integrität des gemeinsamen Marktes zu wahren, sagte Barnier in einem ausführlichen Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS). „Das ist unsere besondere Stärke und der Grund, warum wir in der ganzen Welt geachtet werden, sogar in den Vereinigten Staaten.“

Damit dürfe „man nicht spielen, indem man Teile herauspickt“. Würde man den Briten einen privilegierten Zugang zum Binnenmarkt für Güter gewähren, führte dies zu einem „unfairen Wettbewerb“ mit „gravierenden Konsequenzen“.

„Das wäre das Ende des Binnenmarkts und des europäischen Projekts!“, warnte Barnier. Die grundsätzliche Positionierung des EU-Chefverhandlers erfolgt nach Wochen der intensiven Abstimmung unter den EU-Staaten.

Damit ist klar, dass eine Einigung in den Austrittsverhandlungen auf der Grundlage des sogenannten Chequers-Plans von Premierministerin Theresa May nicht möglich ist.

EU wollte Theresa May’s Plan prüfen – eine sofortige Ablehnung hätte sie wohl ihr Amt gefordert

Barnier hatte schon Ende Juli praktische Einwände in Frageform vorgetragen und sie, im Zuge weiterer Verhandlungen mit London, immer mehr bekräftigt.

Die EU wollte jedoch angesichts der internen Spannungen unter den Konservativen, die sich auch in wechselnden Mehrheiten bei Abstimmungen im Unterhaus offenbarten, Mays Plan nicht sofort vom Tisch wischen – das hätte die Premierministerin vermutlich ihr Amt gekostet.

Außerdem brauchten die EU-Staaten Zeit, um den Chequers-Plan, der in einem Weißbuch detailliert ausgeführt wurde, im Detail zu prüfen. Diese Prüfung ist nun abgeschlossen.

Die Europäische Union verlangt von London, dass es sich für eines der Kooperationsmodelle entscheidet, die Brüssel mit anderen Staaten entwickelt hat. Angesichts der bisherigen Festlegungen Mays bietet Barnier ein weitgehendes Freihandelsabkommen an, wie es die EU schon mit Kanada und Südkorea geschlossen hat. Das liegt nahe an der Position von Davis und Johnson.

Das Modell von Norwegen oder der Türkei wäre auch denkbar

Barnier sprach gegenüber der FAS abermals von einer „ambitionierten Partnerschaft, wie es sie mit einem Drittstaat noch nicht gegeben hat“. Dies betrifft jedoch, wie in der Kommission erläutert wird, nicht die wirtschaftlichen Beziehungen, sondern die weiteren Kooperationsfelder.

„Wir bieten dem Vereinigten Königreich einen Freihandelsvertrag an, eine Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit, Außenpolitik und Verteidigung, in der Zusammenarbeit von Polizei und Justiz, in der Forschung, bei Verkehr und Transport“, legte Barnier dar.

Der Chefverhandler machte zugleich deutlich, dass London auch eine weitergehende wirtschaftliche Bindung eingehen könnte.

Er nannte eine Zollunion, wie es sie mit der Türkei gibt, verwies aber auch auf eine Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum: „Sie könnten im Binnenmarkt bleiben, wie Norwegen, das auch kein EU-Mitglied ist – allerdings müssten sie dann auch alle damit verbundenen Regeln und Beitragszahlungen zur europäischen Solidarität übernehmen.“ (dts)



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