29-jähriger Deutscher in der Türkei zu mehr als sechs Jahren Haft verurteilt – War Patrick K. nur auf Wanderurlaub?

Wegen "Mitgliedschaft in einer Terrororganisation" ist ein 29-jähriger Deutscher in der Türkei zu sechs Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Ein Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der aus Gießen stammende Mann der Kurdengruppierung YPG anschließen wollte.
Titelbild
Die türkische Polizei bewacht einen Gerichts- und Gefängniskomplex.Foto: OZAN KOSE/AFP/Getty Images
Epoch Times27. Oktober 2018

Wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ ist ein 29-jähriger Deutscher in der Türkei zu sechs Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Ein Gericht in der Provinz Sirnak sah es als erwiesen an, dass sich der aus Gießen stammende Patrick Kraicker im Südosten des Landes der Kurdengruppierung YPG anschließen wollte, wie sein Anwalt Hüseyin Bilgi am Freitag zu AFP sagte.

Das Gericht legte Kraicker außerdem zur Last, eine militärische Sperrzone betreten zu haben. Dafür erhielt er eine Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt wurde. Kraicker bestreitet die Vorwürfe und gibt an, lediglich zu einem Wanderurlaub in die Region gereist zu sein. Sein Anwalt kündigte Berufung gegen das Urteil an.

Der Gießener war im März an der syrischen Grenze festgenommen worden. Sie verdächtigten ihn, sich den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) anschließen zu wollen. Wegen ihren engen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) wird die Gruppe von der Türkei als Terrororganisation betrachtet.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte bei einem Besuch in Ankara, Kraicker werde von der Botschaft betreut. „Wir werden uns dieses Urteil sehr genau anschauen“, sagte der Minister. „Es ist ja auch möglich, Rechtsmittel einzulegen.“

Türkische Medien hatten nach Kraickers Festnahme berichtet, bei ihm seien „digitales Material“ und Bilder in Verbindung mit der YPG und der PKK gefunden worden. Es bestehe der Verdacht, dass er im Kontakt „mit Terroristen in Syrien“ gestanden habe, hieß es. Demnach soll der Mann vier Jahre in der Bundeswehr gedient und gestanden haben, sich dem Kampf der YPG in Syrien anschließen zu wollen.

Nach Informationen des Hessischen Rundfunks stützte sich die Staatsanwaltschaft vor allem auf eine Email, in der Kraicker aktiv Kontakt zu den YPG aufgenommen und sich als Mitglied angeboten haben soll.

Der Gießener Unterstützerkreis „Free Patrick – Freiheit für Patrick“, in dem sich Angehörige und andere Unterstützer zusammengeschlossen haben, wies die Vorwürfe der türkischen Justiz zurück. Der gelernte Schreiner Kraicker habe sich nie „in irgendeiner Weise politisch aktiv für die Belange der Kurden eingesetzt“, schrieben sie in einem offenen Brief an die Bundesregierung. Die Vorwürfe gegen ihn seien „absurd“, zudem habe Kraicker nie in der Bundeswehr gedient.

„Wir machen uns ernsthafte Sorgen, da es Patrick mittlerweile gesundheitlich sehr schlecht geht“, heißt es weiter in dem Brief. Die Unterstützer forderten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Minister Altmaier (beide CDU) auf, sich in der Türkei für Kraickers Freilassung einzusetzen. Altmaier beendete am Freitag einen Besuch in der Türkei, Merkel reist am Samstag nach Istanbul.

Die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die Linke, Sevim Dagdelen, erklärte, das Urteil sei „der blanke Hohn, der kurze Prozess gegen den deutschen Staatsbürger hat nichts mit Rechtsstaatlichkeit zu tun“.

Die Repressalien der türkischen Regierung gegen Oppositionelle und Regierungskritiker sowie die Inhaftierung deutscher Staatsbürger belasten die deutsch-türkischen Beziehungen seit einigen Jahren massiv. Altmaier nutzte seine zweitägige Visite in Ankara, um sich für einen Ausbau der Handelsbeziehungen einzusetzen.

Die YPG ist der bewaffnete Arm der Partei der Demokratischen Union (PYD), die 2003 als syrischer Ableger der PKK gegründet wurde und bis heute eng mit der türkischen Guerillagruppe verbunden ist. Im Frühjahr vertrieb die türkische Armee die YPG nach monatelangen Kämpfen aus der nordsyrischen Region Afrin. Medien berichten immer wieder über westliche Ausländer, die für die YPG kämpfen. (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion